Essay
Sagenumwobene Nacht zum ersten Mai
"Regnet’s zur Walpurgisnacht/ ist gute Ernte schon gemacht!"
Wer denkt bei der Walpurgisnacht vom 30. April zum ersten Mai nicht gleich an Hexen, Teufel und Gespenster? Dabei ist die namensgebende, heilige Walburga in keiner Weise furchterregend gewesen.
Im Gegenteil: Sie war eine fromme Frau, die zusammen mit ihren Brüdern Willibald und Wunibald im achten Jahrhundert aus England nach Deutschland kam und im fränkischen Heidenheim ein Benediktinerkloster gründete.
Dort wirkte Walburga als Äbtissin bis zu ihrem Tode. Ihre sterblichen Überreste wurden später in die Bischofsstadt Eichstätt übergeführt.
Wegen ihrer Wundertaten und dem unermüdlichen Einsatz für ihre Mitmenschen wurde die wundertätige, fromme Frau wohl am ersten Mai 870 durch Papst Hadrian II. heiliggesprochen. Noch heute ist sie eine beliebte Heilige und Fürsprecherin und wird in Deutschland besonders verehrt.
Das gespenstische Treiben der Walpurgisnacht hat dann auch nur mehr zufällig mit der Heiligen zu tun.
Viel Volksphantasie und Aberglaube kennzeichnen die Nacht zum ersten Mai. Die dunklen Winternächte sind vorbei, der Sommer steht in wenigen Monaten ins Haus.
Der Wechsel der Haupt-Jahreszeiten galt bei unseren Vorfahren schon immer als etwas Besonderes. Bereits in der keltischen Religion fanden zu diesem Zeitpunkt Druidenfeste statt, bei denen Priester ihre geheimen Rituale feierten.
Von diesen vorchristlichen Ansichten beeinflusst waren dann auch die Vorstellungen, die sich die Menschen von der Nacht vor dem Fest der der heiligen Walburga machten.
So sollen in der Nacht vor dem ersten Mai die Teufel, Hexen und böse Geister ihr Unwesen treiben. Ihnen ging es darum, Unheil über die Menschen zu bringen - sagt der Volksmund.
Dagegen halfen dann die verschiedensten Rituale und Beschwörungen. So malten Bauern früher drei Kreuze an ihre Stalltüren, um die bösen Mächte vom Vieh fernzuhalten.
Auch geweihte Zweige wurden an den Türen und in den Häusern aufgehängt, um die Geister zu bannen.
Gelegentlich wurden sogar die Kirchenglocken geläutet, damit das Böse in dieser Nacht vertrieben wird.
Sammelpunkt aller finsteren Mächte war in dieser Nacht der Blocksberg, den der Volksglaube mit dem 1142 hohen Brocken im Harz gleichsetzte. Dort versammelten sich alle Hexen, um mit dem Teufel einen sogenannten Hexensabbat zu feiern.
Über das Ritual gibt es verschiedene Ansichten. Sehr bekannt ist ist die Vorstellung, dass die Hexen auf einem Besen reitend auf den Blocksberg gelangen.
Auch Johann Wolfgang von Goethe hat im „Faust“ diese Überlieferungen aufgenommen und lässt eine Szene seiner Tragödie in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg im Harz spielen.
Der Aberglaube an die Macht der Hexen und Dämonen hat sich in unseren Breiten sehr lange gehalten. Unzählige Menschen - Frauen und Männer - sind über Jahrhunderte hinweg diesem Wahn zum Opfer gefallen und grausam verfolgt worden. Das Buch „Hexenhammer“ (1487) bildete die Grundlage der Hexenverfolgung mit beschriebenen Foltermethoden und Strafen.
Wenn auch heute Hexen nicht mehr verbrannt werden , gibt es aber immer noch die Ansicht, dass Menschen mit den bösen Mächten in Verbindung stehen und Unheil über andere bringen könnten.
Im Brauchtum der Walpurgisnacht gibt es noch in der Gegenwart Rituale der Dämonenabwehr. Feuer und Fackeln werden angezündet, Böller abgefeuert und Peitschen geschnalzt.
In einigen Orten Nordbadens und Frankens führte man früher am Walpurgistag durch die mit Maien geschmückten Straßen einen Fruchtbarkeitsdämon in Gestalt des „Walber“.
Es war ein junger Mann, den man vom Scheitel bis zu den Füßen in Stroh wickelte und ihm die Ähren gleich einer Krone über dem Kopf zusammenband. Dieser Figur folgt ein großer Zug von jungen Handwerksburschen, die mit den Zuschauern Scherz und Kurzweil trieben - ähnlich den Pfeffern am 28. Dezember. Eine Walber- Feier gab es am Abend mit Musik und Tanz.
Die einstige unheimliche Stimmung zum ersten Mai spiegelt sich auch in schaurigen Geschichten und Sagen , ebenso in Volksliedern von Hexen, Gespenstern und Geister-Reitern wider.
Auch bei uns kennt man mündliche Überlieferungen von Versammlungsorten von Geistern, Hexen, Hexenmeistern, Langen Männern und Kobolden, die nicht nur in der Nacht zum Ersten Mai ihr Unwesen treiben.
Optimistischer klingen da schon eher die Wettersprüche: „Regnet’s zur Walpurgisnacht / ist gute Ernte schon gemacht!“ Oder: Regen auf Walpurgisnacht / hat stets ein gutes Jahr gebracht!“
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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