Ausstellung
Projekt „Nie wieder!“ mahnt und gibt Euthanasieopfern ein Gesicht

In ihrem Text zeichnete die Schülerin Edda Hauck den Lebensweg des Euthanasie-Opfers Ernst Lossa nach, der im Alter von nur 15 Jahren grausam ermordet worden war. | Foto: Winfried Zang
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  • In ihrem Text zeichnete die Schülerin Edda Hauck den Lebensweg des Euthanasie-Opfers Ernst Lossa nach, der im Alter von nur 15 Jahren grausam ermordet worden war.
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Das Foyer des Miltenberger Landratsamts konnte am Donnerstagabend die Menschen kaum fassen anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Sichtbar“, bei der das soeben erschienene Buch „Nie wieder!“ vorgestellt wurde. Ausstellung und Buch fußen auf einem Inklusionsprojekt der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg zum Thema „NS-Euthanasie“-Verbrechen“.

Das im Amorbacher Plexus-Verlag erschienene, 62-seitige Werk fasst zusammen, was im Malprojekt „Sichtbar“ (21 Acryl-Bilder unter Leitung von Thea Nodes-Brand und Sandra Wörner), 13 Texten des Enrichment-Kurses „Journalismus“ der Schülerakademie Untermain (Leitung Dr. Heinz Linduschka) sowie Texten und Beiträgen aus der Veranstaltung „Nie wieder!“ (Leitung Sabine Prigandt-Kolb) in Kleinwallstadt
zusammengetragen wurde.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“– mit diesen Worten eröffnete Landrat Jens Marco Scherf die Ausstellung und er formulierte den Auftrag „Sichtbar machen, welch schreckliche Folgen Entmenschlichung in der Geschichte unseres Landes hatte!“ „Nie wieder“ müsse das gemeinsame Ziel heißen, nie wieder dürfe die Entmenschlichung überhand gewinnen und nie wieder dürfe man erleben, wie Entmenschlichung zum Auslöschen von Menschenleben und jeder Form von Menschlichkeit führt.

Für Kai Oliver Reis, Vorstand der Lebenshilfe, öffnet sich mit der Ausstellung „ein Fenster in eine dunkle, schmerzhafte Vergangenheit.“ Bewegende Portraits und tiefgreifende Texte machten die Seelen der unschuldig Ermordeten sichtbar, sagte er und bezeichnete die Werke als „Botschaften, die uns auffordern, innezuhalten, zu gedenken und aus der Geschichte zu lernen.“ Er zeigte sich davon überzeugt, dass die Ausstellung dazu beitragen werde, das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Toleranz, Respekt und
Inklusion in der Gesellschaft zu schärfen.

Dr. Heinz Linduschka, der mit zwölf Jugendlichen das Thema in seinem Enrichment-Kurs „Journalismus“ aufgegriffen hatte, gab zu, den jungen Leuten viel zugemutet zu haben. Viele hätten sich mit dem Thema schwergetan und sich fast zum Schreiben zwingen müssen, blickte er zurück. Am Ende hätten aber alle einen Text abgegeben, obwohl die Teilnahme am Projekt freiwillig gewesen sei. Entstanden seien höchst unterschiedliche Texte, stellte er fest. Neun dieser Texte seien auch eingelesen worden und seien mit dem
Abscannen von QR-Codes aus dem Buch auch zu hören, so Linduschka. Ohne das Engagement des Plexus-Verlags und die großzügige finanzielle Unterstützung durch Johannes Oswald wäre die Realisierung des Buches nicht möglich gewesen, stattete er einen Dank an die Genannten, aber auch an alle anderen Beteiligten ab.

Drei Mädchen trugen im Anschluss ihre Texte über Ermordete vor, großformatige Portraits gaben den Menschen aus den Texten dabei ein Gesicht. Edda Hauck hatte sich mit Ernst Lossa (1. November 1929 – 9. August 1944), Hailie Neff mit Wilhelm Dallmeyer (11. November 1874 – 9. Juni 1941) und Hannah Bauer mit dem Schicksal von Leopoldine Schlager (15. November 1898 – 15. Januar 1941) beschäftigt. Auch einige der Künstlerinnen und Künstler, die Portraits gemalt hatten, stellen sich vor: Thea Nodes-Brand, Jack und Elena Schuck, Felix und Christian Lebert sowie Franz Wernicke und Ute Hanika zeigten die Bilder und erläuterten deren Entstehung.

Die Gruppe „Wir für dich“, in der sich Menschen mit Lernschwierigkeiten regelmäßig treffen, hatte sich ebenfalls am Projekt „Nie wieder!“ beteiligt und mit dem schwierigenThema beschäftigt. Tobias Schneider verlas seine Eindrücke des Besuchs in der Gedenkstätte Grafeneck – jener Einrichtung, in der Tausende von Menschen umgebracht wurden. Susanne Schlosser hatte sich mit dem Schicksal von Anna Lehnkering beschäftigt, die nur 24 Jahre alt werden durfte. Timo Buhleier zeigte die Lebensgeschichte von Erich Kästner auf – jenem Autoren, dem wir Werke wie „Emil und die Detektive“ und „Pünktchen und Anton“ verdanken und dessen Todestag sich 2024 zum 50. Mal jährt. Die Bücher des Gegners des Nationalsozialismus waren am 10. Mai 1933 öffentlich verbrannt worden.

Die einfühlsame Musik des Ensembles Saitensprung passte zum schwierigen Thema und trug zur Entspannung zwischen den einzelnen Programmpunkten bei.

Die Ausstellung im Landratsamt ist zu den üblichen Öffnungen noch bis einschließlich Freitag, 17. November, zu sehen, Führungen für Schulklassen können über Thea Nodes-Brand (Telefon: 0151/70082722) gebucht werden.
Das Buch „Nie wieder!“ ist für sieben Euro bei der Lebenshilfe (Marienstraße 21 in Elsenfeld, E-Mail: offene-hilfen@lebenshilfe-miltenberg.de , Telefon: 06022/2640214) sowie im CAP-Markt in Kleinwallstadt, Frühlingstraße 4, erhältlich.

In ihrem Text zeichnete die Schülerin Edda Hauck den Lebensweg des Euthanasie-Opfers Ernst Lossa nach, der im Alter von nur 15 Jahren grausam ermordet worden war. | Foto: Winfried Zang
Mehrere junge Künstler, begleitet von ihren Eltern, zeigten die Werke, die sie gemalt haben. | Foto: Winfried Zang

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