Bildergalerie und Essay
Nicht Entführung, sondern Ausführung der Frauen am Dreikönigstag!
Sonniges Intermezzo zwischen Freudenberg und Stadtprozelten am Main. Impressionen vom 3.1.2023.
Dreikönigstag: „Jede Frau musste >>ausgeführt<< werden“
Wandertipp: Die Henneburg bei Stadtprozelten
Das derzeitige schneefreie Januar-Wetter ist prädestiniert für Ausflüge und Spaziergänge in die nahe Umgebung, beispielsweise in den Süd-Spessart nach Stadtprozelten und zur Henneburg.
Hier gibt es für Jung und Alt eine breite Palette zum Entdecken: imposante Ausblicke ins Maintal, Waldeinsamkeit à la Caspar David Friedrich, Burgen-Romantik pur, einen neuzeitlichen Achtsamkeitspfad, eine beschauliche Einkehr in der katholischen, mittelalterlichen Pfarrkirche mit der dortigen sehenswerten Krippe sowie quirlige Betriebsamkeit im Ort selbst.
In und um Stadtprozenten galt der 6. Januar als „Gesellschaftstag der Frauen!“, das heißt jede Frau musste „ausgeführt“ werden. Die Damen wurden von ihren Männern in ein hiesiges Gasthaus eingeladen.
Man ließ es sich bei Speis’ und Trank gut gehen, vergaß natürlich auch nicht die guten Wünsche für das neue Jahr zu artikulieren - so berichtet es der Spessart-Literat Valentin Pfeifer aus den 1920er Jahren als herausragenden Brauch aus der Region.
Kulinarische Freuden, sozialer Zusammenhalt, sportliche Ambitionen, gesundheitliche Beweggründe, historische Spurensuche - all das und vieles mehr machen auch heute noch den Südspessart für Einheimische und Gäste attraktiv.
Die nachweihnachtliche Zeit um den Dreikönigstag erinnert aber auch neben dem Sternsinger-Brauch an eine andere wichtige Zäsur zu früheren Zeiten: vielerorts fanden im Spessart zu diesem Termin am 6. Januar der Dienstbotenwechsel statt. Es war das sogenannte Bündelrücken.
Valentin Pfeifer berichtet auch davon: „Wechselten früher die Mägde nur den Hof, nicht aber das Dorf, so trugen angesehene Ortsmädchen das Wanderbündel zur neuen Dienststelle. Die Mag ging mit leeren Händen und die Bauerntöchter rechneten sich das Bündeltragen zur Ehre an.“
Wechselnde Knechte und Mägde wurden außerdem mit Eiern, Speck und Zehnpfennigsbrezeln beschenkt.
Passé ist heute der Wander- und Bündlistag, geblieben sind die Neujahrswünsche und guten Hoffnungen für 2023.
Ausflugtipp: Die Henneburg, eine der größten Ruinen Deutschlands, liegt auf dem Schlossberg nordwestlich von Stadtprozelten.
Die malerische Aussicht ins Maintal und zum Odenwald ist lohnenswert.
Die Zufahrt zur Henneburg liegt direkt in Stadtprozelten. An der Burg selbst gibt es einige Parkplätze. Man sollte sich für einen Besuch der Burg-Anlage ruhig etwas mehr Zeit lassen, denn es gibt einiges zu entdecken. Der Eintritt ist frei.
Die Türme können witterungsbedingt nicht bestiegen werden. Die Henneburg verleiht Stadtprozelten einen besonderen Reiz.
Von ihr öffnet sich eine weite malerische Aussicht über die Ausläufer des Odenwaldes. Sie ist eine der größten und markantesten Burgruinen in Deutschland.
Der mächtige Bergfried entstand Ende des zwölften Jahrhunderts und ist der älteste Teil der Anlage. Der Deutsche Orden übte zwei Jahrhunderte die Ortsherrschaft in Stadtprozelten aus.
1355 erhielt die Siedlung Prozelten von Kaiser Karl IV. bereits die Stadtrechte verliehen. Gewährt wurden ein Wochenmarkt, die Ortsbefestigung, die richterliche Gewalt der jeweiligen Komture über die Bevölkerung mit weiteren Stadtrechten. Die Geschichte Stadtprozenten zeigt sich auch in vielen schönen Fachwerkhäusern und dem historischen Rathaus aus dem Jahr 1520.
Text und Foto: Roland Schönmüller
Weitere Bilder und Anmerkungen folgen!
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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