„Schluss mit Lustig!“ - Fasching und Fastenzeit früher - Neue Impuse für "Sieben Wochen ohne!"
Heringsessen, Süßigkeiten-Verzicht und Tanz-Verbot
Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit und der Karneval endet spätestens um Mitternacht. Das weiß und wusste früher jeder, vielleicht auch schon der Allerjüngste in der Familie: für Kinder war auch vor Jahrzehnten schon „Schluss mit Lustig“ , bereits einige Stunden vorher – am Faschingsdienstag.
Ein besonderer Krapfen für den „Schwarzen Peter“
Bis zu diesem Stichtag sind - auch heute noch - die süßen, lockeren, mit Marmelade gefüllten „Fosenochtskrapfe“ längst verteilt und aufgegessen gewesen. Allen hatte die aus Hefeteig geformten und in siedendem Schweinefett heraus gebackenen, später mit Puderzucker bestreuten Krapfen ganz herrlich geschmeckt, wenn sie nicht den „Schwarzen Peter“, einen mit Senf gefüllten Krapfen gezogen hatten.
Von wegen Faschingsferien
„Früher war die Fasnacht kein herausragendes Ereignis!“- das berichten übereinstimmend viele ältere Leute. Auch habe es keine Woche unterrichtsfrei und erst recht keine eigenen Ferien dafür.
Kreative Recycling-Verkleidung
Lediglich, die Kinder hatten ein paar aufregende Tage. Der Spaß am Verkleiden, der ja jedem Kind innewohnt, konnte so richtig ausgelebt werden.
Als Gesichtsverkleidung diente früher oft eine vom Großvater aus steifem Packpapier gefertigte Maske. Für Augen und Mund waren Löcher geschnitten, die Nase wurde aufgeklebt.
Älteste Kleidungsstücke dienten zur weiteren Verfremdung: alte Röcke und Blusen, lange „Röhrleshosen“, alte Fräcke und verwegene Hüte.
Lukrative Heischegänge
Lärmend zogen die Kinder in den Faschingstagen durch die Straßen am Main, an der Tauber und auf der Höh’. Man klopfte an die Haustüren der Bauern und erbettelte so eine kleine Gabe. Zwei, fünf – wenn es ganz gut ging - zehn Pfennige waren die mäßigen Erträge dieser Bemühungen bei den einzelnen Häusern.
Manche Bäuerin gab auch ein paar Äpfel, gezuckerte Krapfen oder ein Stück duftenden „Käse-Blotz“. Der größere Spaß für die Kinder war das ungezügelte Toben auf der Straße: ein Verhalten, das das ganze Jahr über streng getadelt wurde.
Wehmütiger Abschied vom Fasching
Für den letzten Fastnachtsabend ist beispielsweise in Collenberg, Bürgstadt oder Heppdiel (Landkreis Miltenberg) beispielsweise ein spezieller Brauch überliefert: von der Fastnacht wird sich mit Trauergesängen verabschiedet.
Eine symbolische Strohpuppe („Linus“ in Bürgstadt, „Prinz Karneval“ in Eichenbühl oder „Bouz“ in Heppdiel) wird „zu Grabe getragen“ und dem Feuer übergeben.
Junge Burschen ahmten dabei meist christliche Begräbnisrituale nach. Ein „Pfarrer“ sprach den Nachruf. Eine Bahre mit der toten Fastnacht wurde von heulenden „Trauernden“ umringt.
Kerzen brannten und „Weihwasser“ wurde „gespritzt“. Monotone, leiernde Gebete und Gesänge umrahmten die “Feier“.
Fleischlose Fastenspeisen
Vom ausgeprägten Fast- und Abstinenztag am Aschermittwoch wissen noch so manche Senioren zu berichten. Anstelle von Wurst und Fleischgerichten aß man damals besondere Fastenspeisen.
Das Aschenkreuz zum Zeichen der Buße und der Vergänglichkeit
Traditionell war und ist der Gang der Kirche am ersten Tag der vierzigtägigen Fastenzeit bekannt. Im Gottesdienst zeichnet der Priester bekanntlich zum Zeichen der Buße und der Vergänglichkeit das Aschenkreuz auf die Stirn der Gläubigen. Damit begann auch schon früher die Fastenzeit.
Verbot jeglicher Lustbarkeit und kulinarische Einschränkungen
Mancherorts schloss sich auf dem Rückweg das Geldbeutelwaschen bei einem dörflichen oder städtischen Brunnen am Main oder an der Tauber an.
Den Verzicht auf herkömmliches Essen und Trinken und der Verbot jeglicher Lustbarkeit erweiterten viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene – nach kirchlicher Empfehlung – schon früher auf andere Bereiche des Alltags.
Es wurde weniger fern gesehen, Süßigkeiten sammelte die Kleinen in besonderen Sparbüchsen, den „Fasten-Schachteln“ bis Ostern. Selbst manche Autofahrer stiegen bei kurzen Strecken auf’s Rad um oder meisterten Etappen gar zu Fuß.
In der Fastenzeit war früher jegliche Lustbarkeit verboten. Vierzigtägiges Fasten galt für alle Erwachsenen als unbedingte Pflicht. Das bedeutete, dass man sich am Tag nur einmal satt essen durfte.
„Das „Fasten- und Abstinenzgebot“ war als Kirchengebot bei den Altvorderen unumstritten, ein Fleischessen am Freitag undenkbar.
Die täglichen Essens-Gebote richteten sich nach bestimmten Regeln: Sonntag, Dienstag und Donnerstag waren erlaubte Fleischtage. Da gab es ein Fleischgericht und Kartoffeln oder Nudeln dazu. Salate und Gemüse wurden im Vergleich zu heute weniger gegessen.
Fisch und fleischlose Gerichte
Montag, Mittwoch und Freitag waren fleischlose Tage. Es gab „Spatzen“ (große Spätzle“) mit Marmelade und Salat, „Küchle“ oder Krapfen, Suppen oder „Zemete“ (gestoßener Pfannkuchen“, Linsen, Bohnen oder Erbsengerichte und selten auch mal Fisch.
Der Samstag lag so dazwischen. Manchmal standen gebackene Leberwürste und Pellkartoffeln auf dem Tisch, gelegentlich aber auch ein fleischloses Gericht.
Die Menschen in Franken nahmen das Fasten- und Abstinenzgebot früher recht ernst. Selbst wenn aus Termingründen einmal am Freitag geschlachtet wurde, musste früher der Pfarrer um Erlaubnis gefragt werden, ob ausnahmsweise beim Schlachten auch Fleisch gegessen werden durfte. Der Pfarrer gestattete dies meist immer großzügig.
Sehnsucht nach Wärme, Frühling und Ostern
„Heischegänge“ der Kinder in der Fastenzeit besserten das Taschengeld auf oder bereicherten den Eier-Vorrat für Ostern. Winterfeuer sehnten den nahenden Frühling herbei.
Mit abwechslungs- und einfallsreichen Fastenspeisen und besonderer (Beicht- und Buß-) Vorbereitung auf „das Fest der Feste“ freute man sich auf Ostern.
Warum gibt es die Fastenzeit?
Vierzig Tage bereitet die Kirche auf Ostern vor. Diese Vorbereitungs- und Bußzeit beginnt mit dem Aschermittwoch.
Der Mensch wird mit seinen Fehlern, mit seinem Versagen und den Folgen seiner Untaten konfrontiert.
Das Leben als Aufgabe und Auftrag
Während die Osterzeit eine Zeit der Freude ist, ist die Fastenzeit vom Ernst geprägt. Sie stellt das Leben weniger als Geschenk dar, so wie Weihnachten und Ostern, sondern als Aufgabe.
Die Einführung einer solchen Zeit der Besinnung, der Reinigung ist keine Erfindung des Christentums, sondern findet sich in vielen Kulturen und Religionen. Fasten, Almosen geben - also Geld spenden und Gebet sind Elemente der Fastenzeit.
Im vierten Jahrhundert ist die vierzigtägige Vorbereitungszeit auf Ostern bereits fester christlicher Brauch.
Die Zahl 40 ist ein bekanntes biblisches Zeitmaß
In der Kirche der ersten Jahrhunderte bestand Fasten darin, dass man täglich nur eine Mahlzeit zu sich nahm. Fleisch, Wein, Eier- und Milchprodukte waren vom Speisezettel verbannt.
Neuer Lebensstil und gesundheitsfördernde
Impulse
Die inhaltliche Gestaltung der Fastenzeit hat durch verschiedene Bewegungen neue Impulse bekommen. Der Gedanke, dass die Industrieländer für die Entwicklungsländer eine besondere Verantwortung haben, ist seit 1958 durch die Aktion Misereor („Ich erbarme mich“) zu einem festen Thema der Fastenzeit geworden. Dabei wurde zuerst das Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe entwickelt.
Die ökologische Diskussion ist von christlichen Gruppen aufgegriffen worden. Das Motto „Neuer Lebensstil“ verweist auf eine dauernde Haltung und Einstellung: einfaches Leben als Ideal gegen den Wohlstands-Überfluss.
„Sieben Wochen ohne“
Die nord-elbischen Kirchen haben seit 1995 ebenfalls das Fastengedanken wieder belebt und rufen unter dem Motto „Sieben Wochen ohne“ zum Verzicht auf.
Verzichtet wird dabei auf alles, was besonders angenehm erscheint: übermäßiger Konsum, Angewohnheiten wie Rauchen und Alkoholgenuss bis zu entbehrlichem Luxus.
Auch in anderen Ländern ist dieser Gedanke des Fastens zugunsten von Selbstprüfung und Besinnung positiv aufgenommen werden.
rsc
Weitere Bilder und Informationen folgen!
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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