Gruselige Krimis - nicht nur beim Kürbis-Essen
Zu Besuch bei einem Mitglied der „Mörderischen Schwestern“, bei Anne Hassel, Krimi-Autorin in Miltenberg
Es ist zehn Uhr und ein verregneter, kühler Septembertag. Nebel liegt über dem Maintal. Dennoch finde ich ohne Umwege das Haus der Krimi-Autorin Anne Hassel in Miltenberg-Nord. Das Holz-Türchen zum Vorgarten ist halb geöffnet. Absicht oder Zufall? Ich läute.
Eine sympathische Dame öffnet und ich werde freundlich willkommen geheißen. Nach wenigen Minuten sitze ich an einem ovalförmigen Tisch. Darüber brennt eine farbenprächtige Esszimmer-Lampe. Ausgebreitet hat Anne Hassel im Nu ihre gesammelten, eigenen Werke.
Lachende und fröhliche Gesichter schmücken die Titel ihre verfassten Märchen- und Kinderbilder-Bücher. Sie spiegeln fast schon ein wenig vorweg das verschmitzt wirkende Lächeln der Schriftstellerin und das farbenprächtige Ambiente ringsum wider.
Plakative Bilder ihres Mannes schmücken die nahen Wohnzimmer-Wände und könnten eine heitere Hommage à la Paul Klee, dem beliebten Expressionisten, sein.
Andere Buchtitel von Anthologien der Mitherausgeberin Anne Hassel erzeugen beim Besucher fast schon Unbehagen, zumal der düstere Septembertag draußen die Sonne jetzt ganz und gar versteckt.
Bei den Überschriften „Fränkischer S(ch)auerbraten“ oder „Der Henker von Nürnberg“, schließlich beim „Tatort Franken Nr. 5 mit 18 neuen Kriminalgeschichten“ wird es dem Besucher schon ein wenig mulmig.
Doch Anne Hassel lässt weitere Angstgefühle und Grusel-Effekte gar nicht erst aufkommen und erzählt ihren Werdegang von der Bankkauffrau über die Erzieherin zur freien Autorin sowie ihre Vorliebe fürs Fränkische, für Miltenberg, Würzburg und natürlich Nürnberg.
Das Schreiben habe mit Kindergeschichten für Zeitungen und Verlage begonnen, erzählt Anne Hassel. Daraus wurden Bilderbücher und ein E-Book für Kinder und Beiträge für Märchen – und Sagenbücher.
„Grüningers Tod“ war dann im Jahr 2004 ihr erster Kriminalroman. Als Mitherausgeberin fungiert sie bei mehreren Krimi-Anthologien. Sie ist Mitglied bei den „Mörderischen Schwestern“, im „Syndikat“ und im „AutorenVerband Franken“. Viel Spaß hat Anne Hassel auch beim Schreiben von Kinder- und Erwachsenen-Theaterstücken.
Apropos Spaß: Man merkt es der Autorin so richtig an, dass sie gerne erzählt - beispielsweise von nächtlichen Entstehungsbedingungen ihrer Werke zwischen Tag und Traum, vom gemütlichen Diskurs mit Lektorinnen bei Rotwein oder vom Einsatz bedeutsamer, spannungsgeladener Kunstpausen bei Buchvorstellungen und Dichterlesungen in Buchläden, Weinkellern oder bei öffentlichen Kürbisessen-Herbstabenden.
Gibt es einen eigenen Lieblingskrimi? Da zögert die Autorin und verweist auf die „Qual der Wahl“.
An ihren in Regionalkrimis beschriebenen Orten und Plätzen kennt sie sich aus wie in der eigenen Handtasche, weil sie die fränkische Topographie vorher schon besucht hat.
„Gibt es Besonderheiten in ihrem Stil?“ – frage ich kurz vor Ende des einstündigen Gesprächs. „Bei ihr dürfen auch große und kleine Tiere denken, fühlen und morden“ - schmunzelt sie.
Und: als beliebtes Stilmittel setze sie kurze Sätze oder einzelne Worte ein. Das komme mit effektvollen Kunstpausen bei den Lesern und Hörern unheimlich gut an, lächelt Anne Hassel.
Dankend verabschieden wir uns. „Tschüss! Bis zum nächsten Mal.“ Ich schlüpfe im Flur in meine Straßenschuhe. Draußen erwartet mich neuer Regen und Nebel – richtiges, fast englisches/fränkisches
Krimi-Wetter.
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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