Beitrag 14 zur Serie "Kirchenjubiläen Miltenberg"
Die Entstehung der evangelischen Gemeinde 1880-1922
Dass evangelische Spuren in Miltenberg nach der Vertreibung von Johannes Drach immer wieder nachweisbar sind, hat Wilhelm Otto Keller in seinem Beitrag beschrieben. Doch erst ab ca. 1840 ziehen evangelische BürgerInnen in nennenswerter Zahl in die Stadt. Waren es 1822 noch 15 Protestanten, steigt ihre Zahl bis 1890 auf 217. Seit 1855 werden die Miltenberger Evangelischen von Kleinheubach aus betreut. Das scheint ihnen lange Zeit zu genügen. In einem Bericht von 1890 ist zu lesen: „Der evangelische Sinn dürfte geweckter und eifriger sein.“
Doch das ändert sich bald. 1893 gründet sich der „Evangelische Verein“mit dem Ziel, eine Kirche und eine Schule zu errichten und ein Vikariat, also eine eigene Stelle für Miltenberg zu erreichen.
Das Jahr 1895 bringt drei bedeutende Ereignisse auf dem Weg zu einer evangelischen Gemeinde. Kommerzienrat Gustav Jacob spendet 20.000 Mark zum Bau einer Kirche und stellt zusätzlich einen Bauplatz zur Verfügung.
Am Pfingstmontag 1895 findet der erste evangelische Gottesdienst seit der Reformationszeit in Miltenberg statt. Die Stadt hatte zugestimmt, dass ein Saal in der Alten Volksschule am Mainufer dafür genutzt werden darf.
Am 2. September schließlich, dem 25. Jahrestag der Schlacht von Sedan, so hatte es Gustav Jacob zur Bedingung gemacht, wird der Grundstein zur Kirche gelegt. Der Entwurf kommt vom bekannten Architekten Ludwig Hofmann. Er tüftelt lange an der besten Ausrichtung: der Haupteingang wandert in den Plänen von Osten über Südosten bis zur heutigen Stelle im Südwesten, nun so entworfen, dass er von der Stadt her zu sehen ist.
Als die Kirche am 8. September 1897 eingeweiht wird, sitzt der Evangelische Verein auf einem Schuldenberg von 30.000 Mark, umgerechnet gut 200.000 €, und das trotz großzügiger Geld- und Sachspenden.
Parallel zum Kirchenbau wird in unmittelbarer Nähe, wieder maßgeblich von Gustav Jacob gefördert, ein Schulbau errichtet, der zwei Tage nach der Einweihung der Kirche eröffnet werden kann. Der erste Jahrgang besteht aus 22 Schulkindern. Die evangelische Volksschule wird erst 1969 mit der katholischen zur „Christlichen Volksschule“ vereinigt.
Zurück zur Jahrhundertwende. Ab 1899 gibt es eine Filialkirchenverwaltung unter Vorsitz des Kleinheubacher Pfarrers. Bereits 1900 wird dann ein sogenanntes exponiertes Vikariat in Miltenberg errichtet. Damit gibt es erstmals einen evangelischen Geistlichen, der in der Stadt wohnt. Sechs Vikare haben diese Stelle von 1900-1922 inne.
1920 erfolgt die Wahl des ersten eigenen Kirchenvorstandes der „Tochterkirchengemeinde Miltenberg“. Am 5. Mai 1922 schließlich wird Miltenberg zur selbständigen Pfarrei erhoben und erhält mit Pfarrer Wilhelm Koller seinen ersten eigenen Pfarrer.
Text: Lutz Domröse
Autor:Cornelius Faust aus Miltenberg |
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