Bildergalerie und Essay.
Comeback eines außergewöhnlichen Brauches.

Heiliges Grab in Bürgstadt am Main in der altehrwürdigen, mittelalterlichen St. Martinskapelle.
Das religiöse Kleinod ist ein besonderer Anziehungspunkt. Gläubige können dem dem am Karfreitag und Karsamstag aufgestellten Heiligem Grab nach alter Tradition einen Einzel-Besuch abstatten. Während der Pandemie-Zeit vermissten viele Christen wie überall das Miteinander der vorösterlichen Andachten und der feierlichen Ostergottesdienste. - Foto Roland Schönmüller
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  • Heiliges Grab in Bürgstadt am Main in der altehrwürdigen, mittelalterlichen St. Martinskapelle.
    Das religiöse Kleinod ist ein besonderer Anziehungspunkt. Gläubige können dem dem am Karfreitag und Karsamstag aufgestellten Heiligem Grab nach alter Tradition einen Einzel-Besuch abstatten. Während der Pandemie-Zeit vermissten viele Christen wie überall das Miteinander der vorösterlichen Andachten und der feierlichen Ostergottesdienste. - Foto Roland Schönmüller
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Grabesruhe, Gebet, Gläubigen-Ziel.

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Heilige Gräber sind beliebte fromme Ziele zwischen Karfreitag und Ostern - auch jetzt und erst recht nach der Corona-Pandemie.

Besondere Tradition der Heiligen Gräber.

Ein altehrwürdiger Brauch während der Kartage ist nicht nur bei uns in der Region das Aufbauen des Heiligen Grabes.

In vielen Gotteshäusern kann man solche kurzzeitig aufgestellten zwischen Karfreitag und Karsamstag besuchen und davor in Gebet, Besinnung und innerer Einkehr verweilen.

In den vergangenen Jahren lebte diese fromme Überlieferung mancherorts auch bei uns wieder auf und ließ vielen Gläubigen das Geheimnis von Tod und Auferstehung anschaulich erfahren.

Wie ist dieser Brauch entstanden? Wo liegen seine Wurzeln?

In Franken und Nordbaden gibt es während der Kar- und Ostertage besondere Bräuche und Traditionen: Dazu gehören die geschmückten Osterbrunnen ebenso wie das Klappern, Ratschen oder Raspeln, welches das Läuten der Glocken ersetzt.

Ein seltener Brauch, der aber über eine längere Zeit aus vielen Kirchen verschwunden war, ist das Aufbauen des Heiligen Grabes in der Karwoche.

In den letzten Jahren konnte diese Tradition mancherorts realisiert werden: das Geheimnis von Sterben und Auferstehen wurde dadurch eindringlich visualisiert.

Das Geheimnis von Jesu Leiden, Tod und Auferstehen.

Die biblischen Zeugnisse stimmen darin überein, dass Jesus nach seiner Kreuzigung in einem Grab beigesetzt wurde.

Dieses Grab gehörte dem Ratsherrn Josef von Arimathäa, der es wohl für sich und seine Familie erworben hatte.

Im Johannesevangelium ist zu lesen, dass es sich in der Nähe des Kreuzigungsortes in einem Garten befunden habe.

Alle vier Evangelien erzählen, dass es wohl ein neues Grab war, in dem noch niemand bestattet worden war.

Nach dem ortsüblichen Brauchtum hat es sich wohl um ein Felsengrab gehandelt, also um eine aus dem Fels geschlagene Grabhöhle.

In dieser Grabhöhle befand sich eine Felsbank, auf welche der in Leinentücher gehüllte Leichnam gelegt wurde.

Das Grab wurde – auch das berichten die Evangelien – von einem größeren Stein verschlossen.

Das Auffinden des Grabes dank "göttlicher Eingebung“.

Für die frühen Christen dürfte das Grab Jesu anscheinend wohl keine wichtige Rolle gespielt haben.

Zumindest berichtet außer den Evangelien keine Stelle im Neuen Testament von einer speziellen Verehrung, die dem Grab zugekommen wäre.

Für Paulus, der im ersten Korintherbrief das älteste Osterzeugnis vorlegt, zählt allein die Tatsache, dass Jesus gestorben und von den Toten auferstanden ist.

Als in den Jahren nach dem Ende des Jüdischen Krieges die Stadt Jerusalem von den Römern zerstört worden war, begann ab 130 n. Chr. unter Hadrian der Wiederaufbau.

An der Stelle der heutigen Grabeskirche errichtete Hadrian einen Tempel sowie das Forum der Stadt.

Erst unter Konstantin wurde unter den Aufschüttungen, die Hadrian als Fundament für seine Bauten heranschaffen ließ, das Grab Jesu freigelegt.

Der Theologe und Geschichtsschreiber Eusebius von Caesarea schreibt, das Auffinden des Grabes sei "göttlicher Eingebung" verdankt.

Ob es freilich eine Lokaltradition gab, die ein Gedächtnis an die Grabstätte Jesu bewahrte oder ob Eusebius dadurch nur eine neue Tradition mittels höchster Autorität legitimieren wollte, bleibt offen.

Konstantin jedenfalls errichtete eine prächtige Basilika, deren westliches Ende die Rotunde mit der Grabesädikula bildete.

Die Kirche wurde 614 erst durch Feuer beschädigt und schließlich 1009 durch al-Hakim vollständig zerstört.

Schon bald danach wurde die Grabeskirche wieder aufgebaut; die Kapelle, die das Grab birgt, errichtete man nach einem Brandschaden 1809 im Stil des osmanischen Barock.

Grabeskirchen in Jerusalem und Deutschland.

Die "Heiligen Gräber"sind zuallererst Nachbauten dieses Grabes, das sich in der Jerusalemer Anastasis-Kirche befindet.

Schon sehr früh versuchte man, die Grablege Jesu nachzuahmen.

Als ältestes Monument gilt eine Grabes-Ädikula aus dem 5. Jahrhundert in Narbonne, die älteste architektonische Nachahmung der Grabeskirche ist die Basilika S. Stefano in Bologna.

In Deutschland befindet sich der früheste Nachbau in Fulda, es handelt sich um die von Abt Eigil Anfang des neunten Jahrhunderts in Auftrag gegebene Kirche St. Michael.

Im bayerischen Eichstätt befindet sich eine romanische Kapelle, die dem Jerusalemer Vorbild nachempfunden ist. Als ältestes Heiliges Grab in Deutschland gilt Gernrode in Quedlinburg.

Einen Höhepunkt erreichten die Nachbildungen der Heiligen Gräber in der Barockzeit.

Es entstanden pompöse und ausladende Theaterkulissen, auf denen vielerlei Szenen der Passion Jesu dargestellt waren.

Vorbild für diesen Kulissengräber war der italienische Maler und Architekt Andrea Pozzo, der sich besonders mit der illusionistischen Malerei auseinandersetzte.

Scheinkuppeln und perspektivische Fresken entstanden unter seiner Anleitung, sie waren eine willkommene Anregung, an denen sich die Erbauer vieler Heiliger Gräber orientierten.

Durch den kulissenhaften Aufbau erweckten die Gräber den Eindruck, viel größer und ausladender zu sein, als sie es in Wirklichkeit waren.

"Und seine Ruhe wird herrlich sein“.

Beeindruckend ist der Ideenreichtum bei der Bemalung der Kulissen: Ornamente und architektonische Elemente zierten die Gräber ebenso wie vielfältige Szenen aus der Passion Jesu.

Vielerorts wurden die Heiligen Gräber mit Blumen geschmückt, häufig wurden sie mithilfe von "Schusterkugeln" bunt erleuchtet.

Dies führte zu eindrucksvollen Lichteffekten, welche die ganze Kirche in eine eigentümliche Stimmung versetzten.

Manche Gräber verfügten auch über eine ausgeklügelte Mechanik: Mittels Seilwinden konnte beispielsweise der Leichnam Jesu in das Grab hinabgelassen werden oder die Figur des Auferstandenen erscheinen.

Für die gläubigen Beter, die sich vor dem Heiligen Grab versammelt hatten, geschah dies alles wie von "Geisterhand", da die Mechanik von der Rückseite der Kulisse aus bedient wurde.

Eine Inschrift, die auf vielen Heiligen Gräbern zu finden ist, stammt aus dem Propheten Jesaja: "Und seine Ruhe wird herrlich sein" (11,10).

Damit weist die Grablegung bereits auf die Auferstehung hin.

Am Karfreitag lässt sich schon der Ostermorgen erahnen, an dem sich gerade im Grab die Herrlichkeit des Gekreuzigten erweist.

Das größte Heilige Grab in Deutschland befindet sich in der Landshuter Martinskirche.

In der Aufklärungszeit wurden die Heiligen Gräber verboten, die ausladenden Kulissen entsprachen nicht mehr dem Zeitgeist.

Stattdessen wurde eine Konzentration auf das Wesentliche angestrebt, wie beispielweise einem Erlass des österreichischen Kaisers Joseph II. aus dem Jahr 1782 entnommen werden kann: Für das Heilige Grab genügte eine Tumba auf dem Altar mit zwei Kerzen, dem Ziborium und einem verhüllten, schlichten Kreuz.

Andernorts wurden nach der Säkularisation Grabnischen im unteren Aufbau eines Seitenaltars üblich: Die Grabnische war während des Jahres von einer Blende verdeckt, die in der Karwoche entfernt wurde und den Blick auf die Figur des Leichnam Jesu ermöglichte.

Neuaufschwung im 19. Jahrhundert.

Einen Neuaufschwung erlebten die Kulissengräber im 19. Jahrhundert, wobei sie – ganz im Sinne des Nazarener-Stils – eher schlicht und mit orientalischen Motiven bemalt waren. In der Wendezeit zum 20. Jahrhundert konnten Heilige Gräber sogar aus dem Katalog bestellt werden.

Doch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und die liturgische Bewegung im Vorfeld des Konzils brachten einen erneuten Einbruch der Frömmigkeit der Heiligen Gräber mit sich.

Lange waren die Heiligen Gräber aus vielen Kirchen verschwunden, erst in den letzten Jahrzehnten werden teilweise alte und restaurierte Gräber wieder aufgebaut.

Die Tradition der Heiligen Gräber verdeutlicht das Geschehen der österlichen Tage und macht es in eindrucksvoller Weise offensichtlich.

Man hört nicht nur im Evangelium von der Grablegung Jesu, man vollzieht sie selbst in der eigenen Kirche. Und man ist eingeladen, am Abend des Karfreitags und am Karsamstag am Grab des Herrn zu verweilen.

Waren die farbenfroh bemalten Kulissen in früheren Tagen eine "Bibel für die Armen", die nicht Lesen und Schreiben konnten, sprechen sie heute die Sinne von vielen Gläubigen an, die nicht nur hören, sondern auch schauen wollen.

Fazit: Die Heiligen Gräber können das österliche Geheimnis nicht ersetzen, aber sie können näher dazu hinführen. Daher ist es wichtig, immer neu zu betonen, dass es nicht um ein bloßes Nachspielen von Tod und Auferstehung Jesu geht.

Das Aufbauen der Heiligen Gräber in den Kartagen kann daher als Hilfe und Unterstützung gesehen werden, sich selbst neu mit dem österlichen Geheimnis auseinanderzusetzen und immer mehr zum Glauben an das zu kommen, was Christen weltweit an den österlichen drei Tagen feiern.

Roland Schönmüller

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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