Gräbersegnung an Allerheiligen -
Bestattungskultur im Wandel der Zeit

Pfarrer Jan Kölbel und die Messdiener auf dem Weg zur Gräbersegnung auf dem Hauptfriedhof Miltenberg | Foto: Martin Winkler
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  • Pfarrer Jan Kölbel und die Messdiener auf dem Weg zur Gräbersegnung auf dem Hauptfriedhof Miltenberg
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„Die Wege sind verlassen und oft sind wir allein. In diesen grauen Gassen will niemand bei uns sein.“ Mit diesem Lied wurde die Andacht mit Gräbersegnung an Allerheiligen, 01.11.22, auf dem Hauptfriedhof Miltenberg eröffnet. Angesichts des schönen Wetters gebe es heute keine grauen Gassen. Das Wetter passe zum Allerheiligentag, der kein trauriger Tag, sondern von Hoffnung und Zuversicht geprägt sei, die Jesus uns schenke, sagte Pfarrer Jan Kölbel zur Begrüßung der Friedhofsbesucher. In seiner Ansprache ging der Pfarrer auf einen Artikel zum Thema „Beisetzung“ ein, der vor Kurzem in der Zeitung war. Darin sei zu lesen, dass sich das Verhältnis der Deutschen zum Tod in den letzten 20 Jahren stark gewandelt habe. Dies zeige sich in einem großen Anstieg der Urnenbeisetzungen, welche die klassische Erdbestattung zu einem Auslaufmodell habe werden lassen. Von dieser Beobachtung auf eine Entchristlichung der Gesellschaft zu schließen, greife zu kurz. Der Glaube habe zwar nicht mehr den selben Stellenwert wie vor 20 Jahren, jedoch seien die Gründe für die Zunahme der Urnenbeisetzungen vielfältig. Finanzielle Gründe oder die Tatsache, dass keine Angehörigen vor Ort seien, die sich um die Grabpflege kümmern könnten, spielten eine Rolle. Was Pfarrer Kölbel mehr Sorgen mache als eine Zunahme der Urnenbeisetzungen sei eine andere Beobachtung, nämlich dass Urnenbeisetzungen immer länger hinausgeschoben werden würden – oftmals bis der letzte Angehörige aus dem Urlaub zurück sei. Auch sei der Freitag mittlerweile der „beliebteste“ Tag für Beisetzungen, weil man da keinen Tag Urlaub nehmen müsse. Außerdem fänden immer mehr Beisetzungen ohne Requiem statt – selbst bei treuen Gemeindemitgliedern. Viele Angehörige hätten keinen Bezug zur Kirche und wollten kein Requiem mitfeiern, obwohl noch keiner an einer „Gnadenvergiftung“ gestorben sei. Eine dritte Beobachtung sei der Anstieg der Beisetzungen, die „in Stille“ stattfänden. Dafür könne es gute Gründe geben, aber grundsätzlich sei jeder Gottesdienst öffentlich, auch eine Beisetzung und die Gemeinde habe das Recht und die Pflicht, von ihren Verstorbenen Abschied zu nehmen. Nicht die Urnenbeisetzung zeige den Wandel des Umgangs mit dem Tod, sondern die Art und Weise, wie mit der Beisetzung umgegangen werde. Diese könne unterschiedlich aussehen. Sie müsse aber von der Hoffnung geprägt sein, dass wir uns bei Gott alle wiedersähen. Nun folgte die Gräbersegnung. Während der Gräbersegnung wurde das Lied „Preis dem Todesüberwinder“ gesungen und zwischen den Strophen das „Vater Unser“ und das „Gegrüßet seist du, Maria“ gebetet. In den Fürbitten wurde allen gedacht, die auf diesem Friedhof ruhen. Darin wurden die Menschen eingeschlossen, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden; sei es durch Krieg, Gewalt, Unfälle oder andere Katastrophen. Der Pfarrer bat Gott, den Verstorbenen alles Gute zu vergelten und ihnen ihre Fehler zu vergeben. Ein Dank erging an die Stadtkapelle für die musikalische Gestaltung.
Nina Reuling

Autor:

Nina Reuling aus Miltenberg

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