Hühner sind derzeit „trendy“
Oder warum Hühner zur Zeit Mangelware sind
Schon lange hatte ich den Wunsch Hühner im eigenen Garten zu halten. Im März dieses Jahres sollte es dann endlich soweit sein. Schnell war so ein kleiner mobiler Hühnerstall gekauft und ein schönes, schattiges Plätzchen im Garten gefunden. Ich machte einen Geflügelhof ausfindig, der alle paar Wochen mit einem LKW verschiedenes Geflügel in den Landkreis bringt. Aber diese Idee hatten viele andere auch, denn als ich an die vereinbarte Stelle kam, war der Händler total ausverkauft. Ob das mit Corona und der wiederentdeckten Häuslichkeit zu tun hatte, bleibt dahin gestellt. Mit den Worten: „So einen Andrang auf Hühner habe ich noch nicht erlebt. Ich bin ausverkauft, sorry“, stieg er in seinen LKW, fuhr davon und ich unverrichteter Dinge wieder heim.
Ein Hühnerstall ohne Hühner ist ein trauriger Anblick, deshalb entschloss ich mich, mir meine Hühner wo anders zu holen. Bei einem Geflügelhof im Hessischen wurde ich fündig – sie hatten noch Hühner zu verkaufen. Sofort sprang ich ins Auto und fuhr hin (bevor auch die wieder ausverkauft sind). Tatsächlich ich hatte Glück und konnte vier „schwarze Bovans“ – wie diese Rasse heißt, erwerben. Zu Hause angekommen entließ ich die verängstigten Geschöpfe in ihr neues Domizil und gab ihnen Futter, Wasser und Grünfutter. Scheinbar kannten sie das alles nicht und waren nur ihre Pelletts gewohnt. Aber bereits am nächsten Tag erkundeten sie mit viel Gegackere ihr Reich und ließen sich auch das Futter schmecken. Sie wurden von Tag zu Tag zutraulicher und auch frecher – besonders nackte Zehen mit Nagellack fanden sie zum hin picken interessant. Ich merkte schnell, dass der Stall zwar für den Sommer geeignet wäre, aber nicht für den Winter und auch der Auslauf für die vier neugierigen Geschöpfe viel zu klein war. Also musste meine Familie ran und einen schönen großen, für Menschen begehbaren Hühnerstall bauen, denn schließlich sollte es meinen „Mädels“ gut gehen. Natürlich auch mit großen Fenstern, denn Hühner mögen es hell. Ganz wichtig ist, das Hühnerhaus wirklich mardersicher zu bauen und die Fenster zu vergittern, damit nachts kein ungebetener Gast eindringen kann. Außerdem kann jederzeit eine Stallpflicht vom Veterinäramt verordnet werden und da sollten die Hühnchen dann ausreichend Platz und Licht haben. Der Stall gelang wunderbar - vielen Dank an meine fleißigen Helfer! Man merkt, dass dieses Haus den Hühnern wirklich gefällt, sie danken es mir mit wunderschönen Eiern, die man mit Genuss verspeisen kann, da sie von wirklich glücklichen Hühnern sind.
Umzug ins neue Domizil
Zum großen Stall gehört natürlich auch ein großer Auslauf. Da bot sich der Bereich unter den Apfelbäumen und Rosen an, denn Hühner mögen es sehr, wenn sie unter Bäumen und Büschen versteckt sein können. Sie stammen ja ursprünglich aus dem Dschungel Asiens und nichts ist schlimmer für sie als „ungeschützt“ auf einer kahlen Fläche leben zu müssen.
Der Umzug in das neue, schöne und große Domizil ging problemlos. Die vier Mädels erkundeten neugierig das Gelände und – endeckten das angrenzende Gewächshaus. Ach, hier ließen sich ja wunderbar die schönsten Staubbäder nehmen. Es war eine Freude ihnen dabei zuzusehen….Außerdem bot das Gewächshaus auch einen idealen Regenschutz. Ja, und so wurden meine Tomaten dann leider in Kübeln auf die Terrasse verbannt, denn meine Hühnchen gehen vor.
Vier sind drei zu wenig
Der Stall war nun groß, der Auslauf sehr geräumig und die vier Bovans verloren sich fast darin. Also beschloss ich mir noch drei weitere Hühner anzuschaffen, denn „sieben“ ist ja eine Glückszahl. Diesmal fuhr ich gleich selbst zum Geflügelzüchter und erstand drei „Sperber“.
Normalerweise sagt man, wenn man die neuen Hühner abends einfach mit auf die Stange im Hühnerhaus setzt, würden sich die Hühner bis zum nächsten Morgen aneinander gewöhnt haben. Aber in meinem Fall weit gefehlt. Die „alten“ Hühner verteidigten ihr Refugium mit aller Macht: Sie pickten den neuen Hühnern in die gelben Füße, denn das kannten sie nicht. Sie selbst haben ja schwarze Füße. Sie meinten wirklich, die Zehen wären Würmer, die man fressen kann. Aber auch sonst wurde die eine oder andere Feder herausgerissen. Meine vier bis dahin lieben Mädels mobbten die neuen etwas jüngeren wo sie nur konnten und zeigten sich als richtige Zicken. Es blieb mir nichts anderes übrig, als den Auslauf durch einen Zaun zu trennen. Nur so konnten sich die jungen Hühner auch mal etwas erholen und in Ruhe fressen. Mit der Zeit öffnete ich den Zaun und ließ sie zeitweise alle zusammen. Nach ein paar Wochen hatten sie sich dann soweit aneinander gewöhnt, dass ich sie zusammen laufen lassen konnte. Ich kann also jeden zukünftigen Hühnerbesitzer nur raten, sich gleich so viele Hühner anzuschaffen, wie er haben will, denn ein Nachkauf ist problematisch.
Mittlerweile sind sie alle sieben ein wilder Haufen, die Fliegen, Bienen, Wespen und sogar Hornissen erlegen und ständig auf der Lauer nach Leckerbissen wie Nüsschen, gekochten Nudeln, Reis oder Toastbrot sind. Ein Huhn ist nämlich tatsächlich nicht nur ein Körnerfresser sondern eher ein Allesfresser. Auch Grünfutter steht hoch im Kurs, vor allem wenn es schön kleingeschnitten ist. Wie man sieht, haben mir meine Mädels schon klar gemacht, was sie mögen und was nicht so sehr.
Mit den Hühnern aufstehen
Seit ich meine Hühner habe, bin ich zum Frühaufsteher mutiert, denn jetzt im Sommer wird es sehr früh hell und die gefiederte Schar will ins Freie. Also stehe ich spätestens um 6 Uhr früh auf und lasse sie raus. Klar dass dann auch schon das erste Frühstück erwartet wird. Danach steht Stall und Auslauf sauber machen auf dem Programm – wobei ich mich mit dem Stall beeilen muss, denn meist steht dann schon die eine oder andere Henne hinter mir und beschwert sich, denn sie möchte ins Nest und ein Ei legen. Das geht aber anscheinend nur alleine und ohne Zuschauer. Also werde ich mit viel Gegacker des Stalls verwiesen. Aber ich lasse mich dann gerne vertreiben, denn auch mein Frühstück wartet auf mich – vielleicht mit einem leckeren Ei.
Kein dummes Huhn
Hühner sind viel cleverer als man gemein hin annimmt. Sie kennen ihre Menschen ganz genau, wissen wie sie ihre Ziele erreichen. Je mehr man sich mit ihnen beschäftigt und sich auf sie einlässt, desto zahmer werden sie und man bekommt erst dann wirklich einen Einblick in so ein Hühnerleben. Jeden Tag steht ein anderes kleines Abenteuer an. Ein wirklich armes Huhn, das in einer Legebatterie oder auf einem halben Quadratmeter sein Leben fristen muss.
Autor:Liane Schwab aus Miltenberg |
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