Neue Ideen für den „Sommerrausch“
Das Kabarettfestival des Landkreises Miltenberg, der „Sommerrausch“, findet 2017 wie gewohnt statt, für das kommende Jahr arbeiten Landkreis, Stadt Amorbach und alle weiteren Beteiligten an einer Neukonzeption. Dies wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Soziales am Montag deutlich.
Kulturreferentin Juliana Fleischmann stellte dar, dass das Veranstaltungsformat mehrere Risiken in sich trage – etwa die extreme Wetterabhängigkeit. Dies sorge für Unsicherheit beim Publikum, zu möglicherweise matschigem Untergrund mit Folgen für den Bühnenaufbau. Das Legen von Beleuchtung und Strom, Aufbau von Toilettenwagen, Schaffung von Aufenthaltsbereichen für Künstler, Installation einer Abwasserpumpe und der weitere logistische Aufwand seien enorm, zählte Fleischmann auf. Dazu komme, dass Kabarett eher von kleineren Räumlichkeiten lebe. Ein Festival wie der „Sommerrausch“ verlange zunehmend nach namhaften Künstlern, was auch steigende Honorare bedeute. Dies, sagte die Kulturreferentin, verlange eine „kommerziellen und gewinnbereitenden Ausrichtung.“ Deshalb sei zu überlegen, ob der Landkreis dieses Risiko tragen sollte und damit schlussendlich auch der Steuerzahler Kosten übernimmt.
Beim Blick auf sinkende Eintritts- und Sponsorengelder bei steigenden Ausgaben sei zu hinterfragen, inwiefern das Festival durch seine kommerzielle Ausrichtung vom Landkreis gefördert werden sollte. Fleischmann nannte Zahlen: So habe der diesjährige „Sommerrausch“ trotz hoher Zuschauerzahlen mit einem Minus von 20.534 Euro abgeschlossen. Fleischmann legte dem Gremium die Zahlen der letzten Jahre vor, aus denen – noch ohne Einberechnung der Personalkosten – im Durchschnitt ein jährliches Minus von 3.638 Euro erwirtschaftet worden sei. Die Eintrittsgelder würden die direkten Kosten nur zum Teil – zwischen 60 und 85 Prozent – abdecken, sagte sie, die restlichen Kosten müssten durch Sponsoring gedeckt werden. Leider seien diese Einnahmen in den letzten Jahren zurückgegangen, bedauerte sie.
Fleischmann warf auch einen Blick auf den Personaleinsatz. Die Organisation der Veranstaltung beschäftige das gesamte Kulturreferat – vor allem in den Wochen vor dem „Sommerrausch“ bleibe kaum Zeit für andere Arbeiten. Da aber die weiteren Aufgaben des Kulturreferats nicht liegen bleiben könnten, sei die Arbeit von Ehrenamtlichen sehr wichtig. Auch hier werde es schwieriger, diese Personen zu aktivieren. Zudem seien weitere Abteilungen des Landratsamts in die Veranstaltung involviert, unter anderem Grafik, Druckerei, Gärtner und Hausmeister. Weiter würden viele Dienstfahrzeuge benötigt, da viel transportiert werden müsse.
Das Landratsamt schließe eine Beteiligung als Veranstalter von 2018 an nicht vollständig aus, jedoch wären hierfür konzeptionelle Änderungen notwendig, damit das Landratsamt Fleischmann zufolge „das Selbstverständnis seines Kulturauftrags schlüssig vertreten kann und nicht eine kommerzielle Veranstaltung unterstützt, von denen es im Landkreis weitere gibt, die auf Unterstützung des Landratsamtes hoffen.“
Als Alternative brachte sie den „Sommerrausch auf dem Schlossplatz“ vor, wo im kleineren Rahmen nicht nur Kosten durch eine kleinere Bühne gespart werden könnten. Zudem wäre denkbar, neueren und unbekannteren Künstlern die Chance zu geben und mit nur einem namhaften Künstler statt mit mehreren zu werben. Der Schlossplatz bietet zudem ansässigen Gastronomen eher die Möglichkeit, sich mit einem Angebot an der Veranstaltung zu beteiligen. Als weitere Vorteile nannte sie den festen Untergrund, weniger Auskühlung des Geländes durch die geschütztere Lage, Künstlerräume in der Nähe und eine leichtere Stromversorgung. Den „Sommerrausch“ könne man mehrtägig veranstalten – etwa mit einem Konzert am Freitag, Kabarett am Samstag und einem Kinderprogramm am Sonntag und dies alles möglicherweise in Verbindung mit anderen Veranstaltungen (verkaufsoffener Sonntag, Trödelmarkt).
Die Stadt Amorbach habe die Vorschläge des Kulturreferats bereits erhalten, ergänzte Landrat Jens Marco Scherf, die Gespräche mit den Amorbacher Akteuren liefen weiter. Die Vorschläge könne man niemandem aufzwingen, sagte er, für den Landkreis sei es aber wichtig, dass sich das Festival von 2018 an weiterentwickelt.
Dass das Kulturreferat viele weitere Aufgaben hat, erläuterte Fleischmann am Beispiel des Kulturwochenherbstes. Sie warf einen Blick zurück auf den Zielvereinbarungsworkshop zur Kulturarbeit, in dem der Wunsch geäußert wurde, die Veranstaltungsanzahl zu reduzieren, aber bewährte Veranstaltungsorte – unter anderem die alte Dorfkirche Hausen, Altes Rathaus/Mildenburg in Miltenberg, Frankenhalle Erlenbach, Bürgerzentrum Elsenfeld, Grüner Saal Amorbach – beizubehalten. Mit dem Auftakt (Orgelkonzert Sulzbach), dem Neujahrskonzert und neun weiteren Veranstaltungen gebe es leider nur geringen Spielraum, neue Programme und Formate auszuprobieren, bedauerte Fleischmann. Zu überlegen sei, ob man den Kulturwochenherbst nicht thematisch ausrichtet und versucht, Veranstaltungen für die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen anzubieten. Auch eine Verknüpfung von hochwertiger Kultur mit weiteren Aushängeschildern des Landkreises wie etwa der Weinregion sei denkens- und erstrebenswert. Für die Kulturreferentin ist auch wichtig, dass der Landkreis als Kulturveranstalter wahrgenommen wird – mit einheitlichem Auftritt, Werbekonzept und Design sowie der Nutzung sozialer Netzwerke.
Sie stellte zudem die Schwerpunkte der Kulturarbeit kurz vor: den Kulturwochenherbst, das Kinder- und Jugendangebot, die administrativen Arbeiten für den Kulturlandkreis Miltenberg und die Organisation von Veranstaltungen wie dem Chorfestival und „Jugend musiziert.“
In der anschließenden Diskussion wurde der Vorschlag aus dem Gremium aufgenommen, einen Workshop zu veranstalten, in dem den Mitgliedern aus allen Fraktionen Zahlen zu den Vollkosten des Kulturreferats vorgelegt werden sollen. Anhand dieser Zahlen könne man festlegen, ob der Ansatz ausreicht oder erhöhte werden sollte. Dann sollte auch darüber gesprochen werden, ob und nach welchen Kriterien der Landkreis Zuschüsse an in der Kulturarbeit Tätige gibt.
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