Urban Jungle im Wohnzimmer
Grünpflanzen sind trendy
Von A wie Azalee bis Z wie Zamioculcas – Zimmerpflanzen liegen hoch im Kurs – Hobbygärtner erfreuen sich an grünen Mitbewohnern
„Es grünt so grün …“ Nein, noch nicht im heimischen Garten. Aber im Wohnzimmer, in der Küche und auch im Schlafzimmer. Es sind Zimmerpflanzen, die Einzug gehalten und in den letzten Monaten und Jahren einen regelrechten Boom ausgelöst haben. Die grünen Mitbewohner erfreuen sich steigender Beliebtheit – nicht erst seit Lockdown, Homeoffice und Ausgangssperren.
Wohlfühlen in grüner Umgebung
Doch woran liegt das und warum sind die grünen Hingucker so beliebt? Das hat mehrere Gründe. Wissenschaftlich belegt ist beispielsweise, dass sich Menschen, die von lebendigem Grün umgeben sind, einfach wohler fühlen. Forscher konnten dazu im Journal „Urban Forestry & Urban Greening" belegen, dass Personen viel besser durch die Pandemie kommen, wenn sie von Zimmerpflanzen umgeben sind. Sie befragten 4.205 Probanden aus 46 Ländern bereits im ersten Lockdown zum Einfluss von Pflanzen auf ihr emotionales Wohlbefinden. 73,7 Prozent gaben an, dass sich ihre grünen Mitbewohner positiv auf ihre Stimmung auswirkten. Die Forscher folgerten daraus, dass Pflanzenpflege nicht nur als angenehme Aktivität betrachtet werden kann, sondern auch als Mittel, um sich auf eine Aufgabe zu fokussieren. Dies wiederum lenkt die Aufmerksamkeit von Corona ab. Es lohnt sich also, über die Aufnahme grüner Wohnungsgenossen nachzudenken!
Doch an der Pandemie liegt es nicht allein, dass Grünpflanzen in der Wohnung beliebt sind. „Die Pandemie hat aus meiner Sicht nicht unbedingt zu einer erhöhten Nachfrage nach Zimmerpflanzen geführt“, konnte Andreas Löwer, Inhaber der Gärtnerei Löwer, feststellen. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Mömlingen, Goldbach, Hanau, Seligenstadt und Rossdorf. „Anders als im Außenbereich. Da waren gerade in den Sommermonaten Pflanzen mit südländischem Flair wie winterharte Palmen, Oliven- und Zitrusbäume gefragt.“
„Charakterstarke Raumbegrünung“
Mit Beginn der Pandemie hat sich aber so einiges in unserem Umfeld geändert. Wir waren viel öfter in den eigenen vier Wänden, die Lebensmittelpunkte haben sich etwas verlagert. „Im Innenbereich lässt sich schon seit einigen Jahren ein Trend hin zu ´charakterstarker Raumbegrünung´, also größeren Grünpflanzen mit beispielsweise dickem und verzweigtem Stamm oder besonders großen Blättern feststellen“, ergänzt Andreas Löwer. „Gerade die jüngere Generation hat wieder Spaß an trendigen Zimmerpflanzen und verhilft alten und bewährten Arten wie dem Fensterblatt, dem Bogenhanf, Maranthen und verschiedenen Sukkulenten zu einer Renaissance. Manche buntlaubigen Arten und Sorten stehen bei dieser Generation besonders hoch im Kurs und so werden Ableger dieser seltenen Pflanzen in einschlägigen Foren in den sozialen Medien getauscht und zum Kauf angeboten."
Grüne Gesundheitsförderer
Doch Grünpflanzen sind nicht nur dekorativ und geben ihrer Umgebung eine persönliche Note, viele von ihnen sorgen auch für gute Luft. Und das wiederum ist gut für unsere Gesundheit. Pflanzen haben luftreinigende Eigenschaften. Sie nehmen Schadstoffe auf, neutralisieren diese und bauen sie ab. Durch die Umsetzung von CO2 entsteht in der Umgebung gesunde und frische Luft und durch natürliche Verdunstungsprozesse verbessert sich die Luftfeuchtigkeit. Tests haben zudem gezeigt, dass bei stressgeplagten Menschen der Puls durch den Anblick von Pflanzen sinkt. Nachgewiesen ist ebenfalls, dass Prüflinge in begrünten Räumen bessere Prüfungsergebnisse erzielen. Und Patienten werden schneller gesund, wenn sie von Pflanzen umgeben sind.
Frische Luft ist wichtig
Durch die Pandemie sind wir noch nie so viel zu Hause und in geschlossenen Räumen gewesen. Die Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandhalten, Masketragen, Händewaschen und Lüften sind Regeln, die uns schon in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ein Ende ist derzeit noch nicht absehbar. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit ist das alles nicht so einfach. In Innenräumen ist die Luft dank guter Isolierung und Zentralheizung häufig sehr trocken. Das wiederum ist eine große Belastung für die Atemwege, Viren haben leichtes Spiel. Sie können sich in trockener Raumluft länger halten. Wenn dann auch noch unsere Schleimhäute austrocknen, sind wir den ansteckenden Krankheiten schnell ausgeliefert. Bei der Corona-Pandemie sind es diese virösen Aerosole, die wir ausatmen und die bei trockener Raumatmosphäre oft stundenlang in der Luft hängen bleiben. Aus diesem Grund sind Mundnasenmasken überall da, wo sich Menschen begegnen, eine wichtige Schutzmaßnahme. Und daher ist Lüften so wichtig, um die Luft so effizient wie möglich auszutauschen und frisch zu halten.
Aerosole und die Luftfeuchtigkeit
In Europa und auch in Australien haben internationale Forscher untersucht, wie Aerosole und Luftfeuchtigkeit zusammenhängen. Sie fanden heraus, dass eine hohe Luftfeuchtigkeit die Anzahl der Aerosole in der Luft absenkt. Wenn nämlich die Luft feuchter ist, sind die Aerosole größer und schwerer, fallen dadurch schneller zu Boden und sind dann nicht mehr so gefährlich.
Hohe Luftfeuchtigkeit killt Aerosole
Schon länger weiß man, dass eine hohe Luftfeuchtigkeit in Innenräumen dafür sorgt, dass man weniger müde ist und seltener unter trockener Haut, Erkältungskrankheiten und Kopfschmerzen leidet. Um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, sind Zimmerpflanzen also ein geeignetes Mittel. Allerdings muss es schon mehr als ein kleines Pflänzchen sein. Eine größere Zahl von lebendigen und großen Pflanzen mit zahlreichen grünen Blättern sorgt hingegen dafür, dass man den Effekt spüren kann.
Hilfreich für Kreativität und Konzentration
Der grüne Blattschmuck wirkt sich obendrein positiv auf uns aus. Je mehr wir von grün umgeben sind, desto wohler fühlen wir uns. Lebendiges Grün schafft eine Atmosphäre, in der wir uns wohl fühlen, aber auch kreativer sind und uns leichter und länger konzentrieren können. Das wiederum sind Eigenschaften, die man im Homeoffice besonders schätzt.
Stilmittel mit positiver Wirkung
Zimmerpflanzen sind nicht nur Stilmittel der modernen Inneneinrichtung. Sie sind gleichzeitig auch ein Zeichen von Naturverbundenheit und bilden einen Gegenentwurf zu unserer oft hektischen, technisierten Umwelt. Blätter und Blüten können das Zuhause in eine Oase der Ruhe und Behaglichkeit verwandeln. Zudem haben Pflanzen dank ihrer kraftvollen Ausstrahlung eine positive Wirkung auf die menschliche Psyche. Das hilft ganz besonders in der dunklen Jahreszeit. Richten Sie einfach mal den Blick auf eine Pflanze und Sie werden merken, wie Ihre Stimmung sich hebt.
Im Januar und Februar besonders gefragt
Der Jahresbeginn ist übrigens die Zeit, in der Zimmerpflanzen boomen. „Januar und Februar sind traditionell die Monate, in denen Zimmerpflanzen stärker gefragt sind“, erklärt Andreas Löwer. „Das ist schlicht damit zu erklären, dass manche Wohnräume nach dem ´Auszug´ der Weihnachtsdeko etwas Grünes zum Wohlfühlen fehlt. Mittlerweile werden Pflanzen auch als natürliche Luftfilter und zur Verbesserung des Raumklimas geschätzt und entsprechend gezielt nachgefragt.“
Pflege leicht gemacht
Wer sich grüne Wohnungsgenossen zugelegt hat, steht natürlich auch vor der Frage, was die neuen „Kinder“ alles brauchen. „Was die Pflege der grünen Mitbewohner angeht, sollten sich neue ´Pflanzeneltern´ nicht zu viele Gedanken machen“, kann Andreas Löwer beruhigen. „Die meisten Zimmerpflanzen möchten einen hellen Standort im warmen Zimmer und eher sparsam gegossen werden. Bei den meisten Pflanzen ist es ratsam, den Erdballen vor jedem erneuten Gießen antrocknen zu lassen, nur ganz wenige möchten dauerhaft einen leicht feuchten Erdballen. Wenn es um Pflegetipps geht, stehen unsere Gärtner und Floristen natürlich gerne mit Rat und Tat zur Seite.“
Hans-Peter Kuran aus Faulbach:
„Ich habe jede Menge Erfahrungen mit Zimmerpflanzen. Bereits als Schulkind erhielt ich von meiner Oma ein kleines Stück Garten und sammelte meine ersten Erfahrungen mit Pflanzen. Das ging dann auf Topfpflanzen über – Sämlinge gesetzt, Ableger eingetopft, selbst ausgesät, Samen getrocknet für das kommende Jahr und Stecklinge gemacht, um nur Einiges zu nennen. Das setzte sich im Zimmer fort, vor allem in der kalten Jahreszeit. Ich begann, Kakteen zu sammeln und zu vermehren. Da der Platz nicht ausgereichte, baute mir mein Vater ein großes Regal vors Fenster. Nach der Schulzeit überlegte ich mir auch mal Gartenbau zu studieren. Für den Einstieg machte ich eine zweijährige Gärtnerausbildung im Fachbereich Zierpflanzenbau. Studiert habe ich nicht, dafür hatte ich einige Jahre ein Blumengeschäft in Wertheim. Aus Beruf ist mittlerweile wieder Hobby geworden, allerdings nicht in der Wohnung, sondern im Garten. Besonders angetan haben es mir die Kübelpflanzen, darunter Funkien – botanisch Hosta – und Rispenhortensien (Hydrangea paniculata).
Pflanzen und ´Grün´ im Allgemeinen haben es mir wahrscheinlich deshalb angetan, weil ´Grün´ ´Leben´ ist. Außerdem macht es Freude, wenn man etwas wachsen sieht. Und bei Pflanzen geht das ja ziemlich schnell. Bei uns im Büro stehen drei große und mehrere kleine Pflanzen. Ich sitze an meinem Schreibtisch sozusagen unter einem grünen Dach. Außerdem verbessern Pflanzen das Raumklima durch Verdunstung. Und der Farbe Grün sagt man eine beruhigende Wirkung nach.
Ich persönlich mag am liebsten robuste Pflanzen, die nicht so anfällig für Schädlinge sind. Im Büro habe ich eine Gummibaumart ‚Ficus cyathistipula‘ und Philodendron 'Red Emerald'. Grünlilien zum Beispiel sehen schön aus und sind leicht durch ´Kindel´-Ableger zu vermehren. Einfach ins Wasser stellen, genügend Wurzeln ziehen lassen und dann einpflanzen.
Bei der Pflege der Pflanzen ist die Regelmäßigkeit für mich das Wichtigste. Ist eine Pflanze verdorrt oder ertrunken, ist es zu spät. Mein Rat: Einmal pro Woche gießen, in der Hauptwachstumszeit gerne auch mal düngen. Dazu natürlich beobachten, wie viel Wasser die Pflanze braucht. Beim Dünger ist ein zu viel auch schlecht, da die Pflanze ´Verbrennungsschäden´ davon tragen kann. Im schlimmsten Fall trocknet sie ein. Zu viel Wasser, also Staunässe, schädigt die Wurzeln und das verhindert dann die Wasseraufnahme. Manche wundern sich vielleicht, weil sie doch immer genug gegossen haben und die Pflanze trotzdem eingetrocknet ist.
Ein Tipp von mir: Papyrus (z. B. Cyperus alternifolius) beispielsweise kann man leicht vermehren, indem man Triebe abschneidet, am ´Schirm´ etwas einkürzt und umgedreht in ein Wasserglas stellt. Sind genügend Wurzeln vorhanden, einfach eintopfen. Papyrus ist eine Sumpfpflanze und hat Stängel, die Sauerstoff zu den Wurzeln transportieren können. Deshalb darf die Pflanze dauerhaft im Wasser stehen. Eins darf sie allerdings nicht – komplett über einige Zeit austrocknen.
Ich habe auch einige Zeit mit Hydrokultur experimentiert und mich dann für diese Kulturform entschieden. Bei der Pflanzenanzucht werden die bewurzelten Stecklinge nicht in Erde eingepflanzt, sondern in Blähton. Der Wasservorrat ist höher als bei Erdpflanzen. Ganz wichtig ist, dass der Wasserstand auf niedrigem Stand bleibt, sonst faulen auch hier die Wurzeln. Seit einigen Jahren bin ich von Blähton auf Katzenstreu umgestiegen, das ist preiswerter als Blähton und funktioniert genauso gut. Achtung: Nur leichtes Katzenstreu verwenden, das nicht klumpt. Und noch etwas: Bitte sehen Sie Pflanzen als Lebewesen an und verbannen Sie sie nicht aus Dekogründen ins hinterste Zimmer, weil es schön aussieht. Geben Sie ihnen genügend Licht.
Ich wünsche Ihnen viel Freude an Ihren Pflanzen, vielleicht beim einen oder anderen Exemplar über viele Jahre.“
Autor:Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg |
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