Schafsnasen, geflammter Kardinal und andere Früchtchen
Streuobstwiesen – ein Genpool, der nicht verloren gehen darf
In den vergangenen Jahrhunderten war die Region Bayerischer Untermain eines der größten Streuobst-Anbaugebiete in Deutschland. Im Wandel zum modernen Erwerbsobstanbau ging leider der Streuobstanbau auch in unserem Bereich größtenteils verloren.
König Ludwig I. und das Obst
Im 17. und 18. Jahrhundert mussten die Ärzte dem jeweiligen König regelmäßig Berichte über die Ernährungslage der Bevölkerung zukommen lassen. Hier im Spessart hungerten viele Menschen und besonders Obst und die darin enthaltenen Vitamine waren Mangelware. Deshalb gab es 1830 einen Erlass des Bayerischen Königs Ludwig I., worin er die Anpflanzung von Obstbäumen befahl. Seine Untertanen sollten auch den Umgang mit den Früchten lernen, d.h. wie das Obst für den Winter zu lagern und zu konservieren war. Auch die Pflege und der Schnitt der Bäume, der richtige Erntezeitpunkt und die besten Lagen für die jeweilige Sorte wurden den Bürgern gezeigt. Das war die Geburtsstunde der ersten Obstbauvereine.
Sortenvielfalt muss erhalten werden
In der Folgezeit wurden viele neue Obstsorten gezüchtet, immer an die jeweilige Landschaft, den Boden, an das Klima und den Geschmack der Menschen angepasst.
Durch den Wohlstand und die Möglichkeit, im Supermarkt Früchte aus der ganzen Welt zu kaufen, wurden viele Streuobstwiesen vernachlässigt.
Viele neue Obstsorten gehen jedoch auf die gleiche Abstammung zurück. Damit ist eine Einengung der genetischen Ressourcen verbunden. Für die zukünftige Obstzüchtung ist es von größter Wichtigkeit, die Sortenvielfalt zu erhalten. Diese stellt ein umfassendes genetisches Potential dar, das von unseren Vorfahren selektiert wurde und sich über Jahrhunderte hinweg bewährt hat.
Trennfurt als „Arche Noah“ der Früchte
Der Kreisverband für Gartenbau und Landschaftspflege Aschaffenburg und der Kreisverband für Garten und Landschaft Miltenberg/Obernburg haben beschlossen, eine gemeinsame Anlage zur Erhaltung der Obstsortenvielfalt in unserer Region zu errichten. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde 2004 in Trennfurt der Verein „Obstkulturpark Bayerischer Untermain“ ins Leben gerufen.
Kaum jemand weiß, dass es über 3000 Apfelsorten gibt. Über 70 Sorten wurden schon im Obstkulturpark in Trennfurt angebaut. Fast vergessene Sorten wie die rheinische Schafsnase, der Horneburger Pfannkuchenapfel, geflammter Kardinal, der Bürgstadter Rote und der Schöne von Miltenberg sind auch dabei.
Außerdem bietet der Obstkulturpark Bayerischer Untermain Schnittkurse für Interessierte an. Es besteht die Möglichkeit, Obstreiser für die Veredlung der verschiedenen Sorten zu erhalten. Führungen für Schulklassen und Gruppen werden angeboten und Jedermann kann für 50,- € eine Baumpatenschaft übernehmen. Dass der Pate dann auch die Ernte „seines“ Baumes einfahren darf, versteht sich von selbst.
Auch heute ist der natürliche und gesunde Genuss noch möglich
Wer keinen Apfelbaum sein Eigen nennen kann und sich die Mühe macht, nicht nur im Supermarkt zu kaufen, der kann auch heute noch Äpfel von heimischen Streuobstwiesen genießen. Ob als ganze Frucht von Bauern und Obstbaumbesitzern oder als frischer Apfelsaft beziehungsweise Apfelwein von hiesigen Keltereien - ein gesunder Genuss ist es in jedem Fall.
Nicht nur Kindern schmeckt ein Apfelsaft frisch von der Kelter besonders gut. Gerade jetzt im Herbst besteht dazu bei verschiedenen Märkten und Veranstaltungen immer wieder die Möglichkeit, den Saft aus den Äpfeln unserer Streuobstwiesen wie zu Urgroßmutters Zeiten zu kosten.
Lebensraum Streuobstwiesen
Heute gehören Streuobstwiesen zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas.
Dabei bieten sie für viele Tiere und Pflanzen eine ökologische Nische. In Streuobstwiesen können zwischen 2.000 und 5.000 Tierarten beheimatet sein. Den größten Anteil nehmen dabei Insekten, Spinnentiere und Tausendfüßler ein. Neben Käfern, Wespen, Hummeln und Bienen finden dort aber auch größere Tiere wie Frösche, Vögel und sogar Säugetiere, z. B. Feldhase, Igel und Siebenschläfer einen optimalen Lebensraum vor.
Es gibt also viele gute Gründe, die heimischen Streuobstwiesen nicht nur zu erhalten und zu pflegen, sondern sogar zu erweitern.
Wer sich weitergehend informieren oder engagieren möchte kann sich an folgende Adresse wenden:
Kreisverband für Garten und Landschaft Miltenberg-Obernburg
Fährweg 35, 63987 Miltenberg, Bürostunden: Montag 9-12 Uhr und 13-16 Uhr
Tel. 09371-406157
Fax: 09372-9478847
Email: info@kv-garten-mil.de
Autor:Liane Schwab aus Miltenberg |
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