Milch besser regional vermarkten
Ist es möglich, regional erzeugte Milch im Landkreis Miltenberg besser als bislang zu vermarkten? Beim Besuch in der Hüttenthaler Molkerei hat eine Delegation um Landrat Jens Marco Scherf am Dienstag, 28.6.2016, erfahren, wie die Odenwälder Milchbauern in Hüttenthal ihre Milch zu qualitativ hochwertigen Milchprodukten verarbeiten lassen und in der Region vermarkten.
Grund für den Besuch der Delegation aus dem Landkreis, dem auch Vertreter des Kreisbauernverbands (Josef Schiepeck), des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Harald Blankart und Eberhard Heider), des Kreistags (Karlheinz Paulus), der Initiative Bayerischer Untermain (Marcus Seibel), der LAG Main4Eck (Dr. Jürgen Jung), des Veterinäramts (Dr. Isabel Boecker-Kessel) das Ehepaar Schandel (Milcherzeuger aus Großwallstadt) und die Büroleiterin von Landrat Scherf, Susanne Seidel, angehörten, war das Ansinnen von Politik und Landwirtschaft, der Bevölkerung den Kauf von regionalen Produkten schmackhaft zu machen. Der Landkreis Miltenberg verfolgt dieses Ziel unter anderem damit, sich als Fairtrade-Landkreis zertifizieren zu lassen und ein Regionalsiegel zu vermarkten.
Die Milchvermarktung ist aktuell für die Milchbauern sehr schwierig, denn seit dem Aufheben der Milchquote und dem gleichzeitigen Wegbrechen von wichtigen Märkten in Russland und China sind die Preise im freien Fall. Einen Ausweg sehen die Milchbauern darin, nicht nur die Milch zu vermarkten, sondern daraus auch Produkte zu erzeugen, die eine höhere Wertschöpfung als Milch besitzen. Das gestaltet sich allerdings schwierig, da im Landkreis Miltenberg keine einzige Molkerei ansässig ist.
In Hüttenthal führten die Besitzer der Molkerei, Britta und Kurt Kohlhage, die Delegation durch die Anlage und erklärten das Geschäftsmodell. Die Molkerei, die in der dritten Generation von der Familie geführt wird, beschäftigt 25 Mitarbeiter und bietet ein breites Sortiment an Käse, Joghurt, Schlagsahne, Butter, Quark – sowohl aus Kuh- wie auch aus Ziegenmilch. Auch Milch kann dort frisch gezapft werden. Die Milch bezieht die Molkerei ausschließlich aus einem Umkreis von 25 Kilometern aus dem Odenwald, wobei die Bauern deutlich über dem durchschnittlichen Milchpreis entlohnt werden. Dafür verpflichten diese sich unter anderem, nur gentechnikfreies Futter zu verwenden. Die Molkerei sei im Jahr 1998 die erste in Deutschland gewesen, die ihren Bauern den sogenannten Weidepfennig bezahlt habe, blickte Britta Kohlhage zurück. Damit habe man sichergestellt, dass die Kühe nicht nur den Stall sehen, sondern auch weiden. Täglich werden in Hüttenthal 14.000 Liter Kuhmilch und 1000 Liter Ziegenmilch verarbeitet.
Rund die Hälfte der erzeugten Produkte geht an Bäckereien, der Rest direkt an den Endverbraucher – über den Einzelhandel, Märkte sowie den eigenen Hofladen. Starke Kundennachfrage bemerken die Eigentümer aus den Regionen Darmstadt, Offenbach, Frankfurt und Ludwigshafen. „Wir produzieren so schonend und natürlich wie möglich, ohne Zusatzstoffe zuzugeben“, erklärte Britta Kohlhage das Geschäftsprinzip der Molkerei.
„Es ist im Interesse unserer Bürger, auch im Landkreis Miltenberg das Potenzial unserer Milch besser zu nutzen. Qualität aus der Region, von unseren Bauern“, formulierte Landrat Jens Marco Scherf das Ziel aller Beteiligten. Einig war man sich in der Diskussion schnell, dass reine Milch alleine von der Wertschöpfung her kein großes Potenzial besitzt – auch wenn es zunehmend Landwirte gibt, die die Milch direkt vom Hof an den Endverbraucher verkaufen. „Neben der Direktvermarktung vor Ort ist es interessant, Miltenberger Milch zu veredeln, indem daraus Produkte wie Butter oder Käse werden“, formulierte Landrat Scherf. Doch wie kann das ohne Molkerei vor Ort gelingen?
Britta Kohlhage schlug vor, eine mobile Käserei im Landkreis Miltenberg zu installieren. Diese könnten alle interessierten Milchbauern nutzen. Für eine solche Käserei müsse man einen fachkundigen Betreiber finden, auch müsse man für die Lagerung und Reifung der entstehenden Käse Plätze finden. Dies wäre zweifellos eine Bereicherung für die Region, waren sich alle am Tisch einig. Da eine solche Lösung auch den Zielen der LAG Main4Eck dienlich wäre, wäre auch zu prüfen, ob es dafür nicht auch europäische LEADER-Mittel geben könnte.
Klar ist auch, dass man im September, wenn die Fairtrade-Woche im Landkreis Miltenberg stattfindet, eine Kooperation mit der Molkerei Hüttenthal eingehen will, aus der eventuell auch eine künftige Zusammenarbeit entstehen soll. Geplant ist, einige Tausend Liter Milch aus dem Landkreis Miltenberg in Hüttenthal zu „Miltenberger Käse“ verarbeiten zu lassen und diesen im Landkreis unter das Volk zu bringen. Dies soll im Rahmen der Kampagne „Fair & regional – einfach genial“ im Landkreis Miltenberg geschehen. Um die genannten Aktionen auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen, würden deshalb zeitnah mehrere Gespräche stattfinden, kündigte Landrat Jens Marco Scherf an.
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