Abfallentsorgung
Remondis will Qualität der Leistungen verbessern

Seit Dezember 2023 läuft es bei der Müllabfuhr im Landkreis Miltenberg nicht mehr rund: Bei der kommunalen Abfallwirtschaft, in den Rathäusern und bei der Firma Remondis laufen die Telefone heiß, weil Mülltonnen nicht geleert wurden und teilweise wochenlang stehenblieben. Wie sich in der Sitzung des Ausschusses für Natur- und Umweltschutz am Montag, 6. Mai 2024, zeigte, hat die Firma Remondis die Schuld daran auf sich genommen.
Um die Probleme sowie Lösungsansätze öffentlich darzustellen, hatte Landrat Jens Marco Scherf die Geschäftsführer der Remondis-Niederlassung Südwest, Heinrich Funk und Jan Van Delden, sowie den Kleinwallstädter Niederlassungsleiter Pascal Stern in den Ausschuss gebeten. Sie sollten zu den Vorwürfen Stellung nehmen und erklären, wie es besser werden soll. Zunächst wurde aber der Landrat deutlich, der „gravierende Mängel“ beim Vertragspartner des Landkreises monierte. Fehlerhafte Touren mit einzelnen vergessenen Häusern oder Straßenzügen, falsch als „abgeschlossen“ gemeldete Abfuhrtouren – die Liste der mangelhaft erbrachten Leistungen war lang. Scherf sprach unter anderem von 36 im April nicht abgeschlossenen Touren, 286 offenen Reklamationen im Monat April und schon 98 offene Einzelreklamationen seit dem 1. Mai. Fazit des Landrats: Die Service-Qualität sei „desolat und unzumutbar“, die Reputation der kommunalen Abfallwirtschaft sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts werde langfristig zerstört und auch das Mülltonnen-Änderungsmanagement für die am 1. Juli beginnende neue Vertragsperiode mit einem neuen Vertragspartner werde gefährdet. Erschwerend komme hinzu, dass die kommunale Abfallwirtschaft nicht mehr arbeitsfähig sei angesichts der hohen Zahl von Beschwerden. Der Landrat sagte zu, dass alle Emails an abfallservice@lra-mil.de bearbeitet werden.

Ruth Heim, die Leiterin der kommunalen Abfallwirtschaft, sprach von „massiven Beschwerden“. Remondis sei zurzeit Vertragspartner des Landkreises in Bezug auf die Restmüllabfuhr, die Biomüllabfuhr (beide Verträge enden am 30. Juni), die Papiermüll- und die Sperrholzabfuhr (beide bis 30. Juni und danach im neuen Vertrag) sowie für den Behälteränderungsdienst bis zum 30. Juni und den zusätzlichen Behälteränderungsdienst im Hinblick auf die Umstellung der Restmüllabfuhr vom 1. Juli 2024 an. Heim machte deutlich, dass die kommunale Abfallwirtschaft viel getan habe, um die Situation zu verbessern: Mehr Gespräche mit Remondis, mit Abmahnung und Festsetzung von Vertragsstrafen und der Einforderung einer zusätzlichen Tagesabschlussmeldung, damit frühzeitig über Störungen informiert werden kann. Auch sei intern ein Rotationsplan eingeführt worden, um mehr Kapazität für die Telefon-Hotline neben der Service-Adresse abfallservice@lra-mil.de für Reklamationen zu schaffen. Ebenso habe man durch flexible Handhabe der Müllanlieferzeiten der Firma Remondis ein größeres Zeitfenster eingeräumt, damit sie flexibler liefern kann.

Remondis-Geschäftsführer Heinrich Funk gab unumwunden zu, dass „die Probleme bei uns liegen.“ Aktuell sei man in einer schwierigen Situation, da man die Aufträge für die Rest- und Biomüllabfuhr zum 30. Juni 2024 verloren habe. Das habe nicht zur Motivation der Mitarbeiter beigetragen, sagte er und sprach von einem aktuellen Krankenstand von 25 Prozent. „Permanente Personalnot“ habe dazu geführt, dass man mithilfe von Leiharbeitsfirmen und Mitarbeitern umliegender Standorte arbeite. Man wolle aber keinen Mitarbeiter entlassen, stellte er fest, für jeden gebe es Arbeit. Um die verbliebene Mannschaft zu motivieren, habe man sogar Treueprämien ausgelobt. Auf Leihpersonal greife man nicht gerne zurück, erklärte Funk, viel lieber arbeite man mit Stammpersonal. Wenn man nun auf Leiharbeiter angewiesen sei, zeuge das von der großen Personalnot. Notgedrungen habe man wegen der Kurzfristigkeit der Vertragsübernahme im Dezember 2022 auch die Fahrzeugflotte der Vorgängerfirma Seeger übernommen, blickte er zurück, was sich nun räche: Man müsse viel daran reparieren und sogar fünf Fahrzeuge hätte man komplett austauschen müssen.

Dass Touren als abgeschlossen gemeldet würden, obwohl noch Straßen zu befahren seien, sei „keine Böswilligkeit“, glaubte Funk, vielmehr sei es Unwissenheit. Die „neuen“ Besatzungen wüssten nicht, dass Straßen noch fehlen. Aufgrund des hohen Krankenstands schaffe man mitunter nicht alle geplanten Touren an einem Tag, hole diese aber in der Regel früh am nächsten Tag nach. Dem Krankenstand sei es auch geschuldet, dass ein sogenanntes Reklamationsfahrzeug nicht besetzt worden sei – „ein gravierender Fehler“, wie er zugab, denn so blieben die Tonnen teilweise wochenlang ungeleert stehen.

Pascal Stern, der die Niederlassung von Remondis in Kleinwallstadt leitet, sprach von intensiven Bemühungen, die Probleme zu lösen. Aktuell seien alle Touren trotz des hohen Krankenstands besetzt, bilanzierte er, die aufgelaufenen Reklamationen aus dem April seien erledigt. Die Reklamationen der letzten Tage seien aber immer noch zu hoch, erkannte er.

Ein Teil des Problems beim Finden von Personal sei dem Landrat zufolge auch die von ihm gemachte Beobachtung, dass manche Menschen die körperlich sehr anstrengenden Leistungen der Müllwerker nicht anerkennen. „Ehrliche und körperlich schwere Arbeit wie in der Pflege oder der Entsorgung wird nicht wertgeschätzt“, so Scherf, viele blickten geringschätzig auf die Arbeiter. Von prekären Arbeitsverhältnissen in der Müllabfuhr, wie in einer Wortmeldung anklang, könne bei Remondis aber nicht die Rede sein, wehrte sich Geschäftsführer Funk. Für die anstrengende, ehrliche Arbeit zahle man marktüblich einen Haustarif, das Gehalt komme pünktlich und auch die Arbeitszeiten seien vernünftig. Jeder, der bei Remondis bleiben wolle, könne gerne bleiben, versicherte er. „Wir werden alles tun, um die Qualität unserer Leistung auf ein akzeptables Niveau zu bringen“, versicherte er.

Nach einigen Wortmeldungen aus dem Gremium schloss der Landrat den Diskussionspunkt mit dem abgewandelten Zitat: „Die Wahrheit liegt auf der Straße.“

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