Möglicher Nationalpark Spessart: Ministerin Scharf diskutiert mit Verbänden
Die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf hat am Dienstag im Miltenberger Landratsamt mehrere Stunden lang mit rund 60 Vertretern von Verbänden über das Angebot der Staatsregierung, einen Nationalpark Spessart zu etablieren, gesprochen. Begleitet von Protesten der Nationalparkgegner vor dem Landratsamt, kamen in der Diskussionsrunde unter anderem Themen wie Holzrechte, Wegegebot und Jagd zur Sprache.
Nach rund dreieinhalb Stunden Diskussion stellte sich Scharf am Abend den Fragen der versammelten Pressevertreter, während im großen Sitzungssaal die Diskussion weiterging. Begleitet von Landrat Jens Marco Scherf, bezeichnete Scharf es als „absolut normal, dass hier auch Emotionen eine Rolle spielen.“ Sie sprach von einer „intensiven Auseinandersetzung“ mit der Thematik und wiederholte, dass der Nationalpark ein Angebot der Staatsregierung sei. Nationalparks seien Premiumprodukte, führte sie am Beispiel der zwei bayerischen Nationalparks aus, die rund drei Millionen Besucher pro Jahr hätten und die eine Wertschöpfung von rund 70 Millionen Euro pro Jahr in den Regionen brächten. Eine Entscheidung sei in der Gesprächsrunde noch nicht gefallen, denn der Dialogprozess werde noch fortgesetzt – unter anderem mit Besuchen von Ministeriumsmitarbeitern in den Kommunen, sofern dies gewünscht werde. Erst am Ende des Prozesses werde eine Entscheidung im Einvernehmen mit der Region fallen. Auch eine Expertenanhörung im Landtag wird noch stattfinden. Scharf wies darauf hin, dass man auch mit weiteren bayerischen Regionen wegen eines Nationalparks im Gespräch sei.
Zu einem möglichen Wegegebot in einem künftigen Nationalpark Spessart sagte sie, dass hierfür nach aktueller naturschutzfachlicher Einschätzung keine Notwendigkeit gesehen werde. Von den rund 100.000 Hektar Spessartwald benötige man für einen Nationalpark rund zehn Prozent Fläche. Die vorgesehenen 10.000 Hektar befänden sich zu 100 Prozent auf Gebiet der Staatsforsten, in der mit 10.900 Hektar aktuell noch etwas unschärferen Gebietskulisse seien aber auch einige kleine Privatwaldenklaven enthalten, die aber nicht dem Nationalpark angehören würden. Die Besitzer könnten aber ihre Flächen auf Wunsch freiwillig für den Nationalpark zur Verfügung stellen.
Die Jagd – vor allem auf Schwarzwild – sei eine große Herausforderung, stellte sie fest. Dieses Problem werde man aber mit einem Wildtiermanagement unter Beachtung der tierschutzrechtlichen Belange lösen können. Es gelte in erster Linie, Auswirkungen auf benachbarte Gebiete zu vermeiden, sagte sie und konnte sich vorstellen, auch die Jäger vor Ort einzubeziehen. Das klappe beispielsweise in der Rhön sehr gut.
Scharf nahm auch Stellung zur Bedeutung der Eiche im Spessart, die nicht nur landschaftsprägenden Charakter habe, sondern auch für die Holzwirtschaft von Bedeutung sei. Um dies genau zu untersuchen, werde man in Kürze einen Studienauftrag vergeben, kündigte sie an.
„Recht bleibt Recht“, sagte sie zu den Holzrechten, eine zwangsweise Ablösung oder eine Beschneidung kämen nicht in Frage. Das alte Recht aus dem 19. Jahrhundert genüge den heutigen Ansprüchen nicht mehr und sei zudem wenig attraktiv, so dass 1978 eine Vereinbarung zur Erleichterung der Ausübung der Spessartforstrechte getroffen worden sei. Dies habe den Holzrechtlern unter anderem den Einsatz von Fahrzeugen und Motorsägen ermöglicht, so die Ministerin, insbesondere aber auch die Aneignung stärkeren Holzes über 4,5 cm. Im Gegenzug müssten die Rechtler sich an Spielregeln wie die räumliche und zeitliche Ausdehnung halten. Diese Regeln könne man sicher auch in einem möglichen Nationalpark anwenden, zeigte sich Scharf überzeugt und stellte klar, dass das Ministerium diese Vereinbarung fortführen wolle. Darüber hinaus müsse man konkret feststellen, wie viele der bestehenden Holzrechte im Gebiet des möglichen Nationalparks liegen.
„Wir werden den Dialogprozess fortsetzen“, fasste Scharf die Ergebnisse der Gespräche im Landratsamt zusammen. Man wolle keine Region mit einem Nationalpark „zwangsbeglücken“, wenn dies nicht mehrheitlich gewünscht werde. „Aber dort, wo die Region einen Nationalpark will, werden wir gemeinsam ein maßgeschneidertes Angebot erarbeiten“, sagte Scharf und stellte auf Nachfrage fest: „Der Steigerwald bleibt ausgenommen.“ Für sie ist es wichtig, sich genügend Zeit zu nehmen für die Beantwortung der entscheidenden Fragen. Sie zeigte sich überzeugt, in einem überschaubaren Zeitraum zu einem Ergebnis zu kommen, „ob die Region mit uns diesen Weg gehen will.“
Für Landrat Jens Marco Scherf braucht es „Zeit und inhaltliche Tiefe“, um diese historische Entscheidung zu treffen. Das Treffen mit den Verbandsvertretern sei deutlich konkreter als das vorhergegangene Treffen in Aschaffenburg gewesen, sagte er. Es sei positiv, dass die Menschen gehört werden, denn darauf hätten sie auch einen Anspruch. Die Bürgerinnen und Bürger müssten es aber aushalten, dass komplexe Fragen nicht an einem Tag beantwortet werden können. „Wir sind auf einem guten Weg“, glaubt Scherf.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.