Kreistag sagt Ja zum Radverkehrskonzept
Einstimmig ist der Kreistag am Dienstag einer Empfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr gefolgt, das landkreisweite Radverkehrskonzept umzusetzen. Mit diesem Beschluss kommen auf den Landkreis in den kommenden Jahren hohe Kosten zu, die aber nach Ansicht des Gremiums im Sinne des Klimaschutzes notwendig sind.
Andrea Fromberg (Büro VIA) führte die Kreisrätinnen und Kreisräte in einem einstündigen Vortrag durch die Entwicklung dieses 150-seitigen Konzepts, das zum Ziel hat, mehr Bürgerinnen und Bürger zum Umstieg auf das Rad zu bewegen. Vor allem im Alltagsverkehr biete das Rad viel Potenzial, war Landrat Jens Marco Scherf überzeugt. Beginnend mit einer Mobilitätsbefragung, hatten die Fachleute später unter anderem die Radfahrunfälle analysiert, Maßnahmen für das Radnetz untersucht und geplant, Prioritäten gesetzt und alle wünschenswerten Investitionen nach Baulastträgerschaft und geschätzten Kosten aufgeführt. Die Experten des Büros VIA hatten zudem ein Wunschliniennetz entworfen und für den gesamten Landkreis Leitprojekte definiert, die den Handlungsrahmen für die nächsten zehn bis 15 Jahre bieten.
Laut Fromberg wäre es wünschenswert, den Mainradweg im Radvorrangroutenstandard auszubauen und die Mainquerungen zu optimieren. Wie wichtig das ist, zeigte sie am Beispiel von Miltenberg mit der alten Mainbrücke und der Martinsbrücke, die für Radfahrer nicht optimal befahrbar sind. Für Fromberg wäre in diesem Zusammenhang der Bau einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke am alten Bahnhof in Miltenberg sehr wünschenswert. Um Unfälle zu reduzieren, schlug sie die Temporeduzierung auf Straßen außerhalb der Ortsgrenzen, die kein Radweg begleitet, vor. Besonders auf gering belasteten Straßen sollte man Tempo 70 für den Straßenverkehr einführen, empfahl sie, auch Schutzstreifen wären gut. Dies allerdings gebe die Straßenverkehrsordnung zurzeit nicht her, bedauerte sie. Aus dem Staatlichen Bauamt gebe es erste zögerliche Signale, hier möglicherweise ein Pilotprojekt umzusetzen.
Fromberg stellte mehrere andernorts umgesetzte Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität vor und bezeichnete es als wichtig, geeignete Flächen für das Parken und Unterstellen der Räder bereitzustellen. Sie nannte die Bike+Ride-Offensive der Bahn, bei der die Westfrankenbahn als Ansprechpartner bereitsteht. „Da sollten Sie dringend einsteigen“, riet sie. Sie empfahl auch, im Landkreis Miltenberg einen Fahrrad-Beauftragten zu installieren, da es noch viele Projekte gebe, die es umzusetzen gelte und um die sich jemand kümmern müsse. Insgesamt bezifferte Fromberg die Kosten für den kompletten Infrastrukturausbau im Landkreis auf rund 47 Millionen Euro, davon wären rund 24 Millionen Euro von den Kommunen zu tragen sowie 7,4 Millionen vom Landkreis.
Zur Einstellung eines Fahrradbeauftragten gab es Diskussionen im Kreistag. Auf Initiative der CSU-Fraktion wurde der Beschluss zur Installation eines solchen Beauftragten mit dem Passus ergänzt, die Schaffung der Stelle solle nach Möglichkeit im Rahmen des vorhandenen Personals erfolgen. Ob das realistisch ist, werde man prüfen, versprach Landrat Jens Marco Scherf, zeigte sich aber skeptisch aufgrund der hohen Auslastung im Bereich Straßenbau und der zunehmenden Anforderungen an den Klimaschutz. Man werde aber dem Gremium im Herbst alternative Umsetzungen vorlegen. Der Beschluss des Gremiums bildet unter anderem auch den zu leistenden finanziellen Aufwand für die Umsetzung des Konzepts ab. So sollen in den nächsten zehn Jahren bis zu 500.000 Euro jährlich für infrastrukturelle Maßnahmen in Baulastträgerschaft des Kreises in den Haushalt eingestellt werden, zudem sollen Vor- und Nachteile des Beitritts des Landkreises zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen geprüft werden. Städten, Gemeinden und Staatlichem Bauamt soll die Umsetzung des Handlungsprogramms mit Prioritäten für die Bundes-, Staats- und Gemeindestraßen nahe gelegt werden. Vorbehaltlich der haushaltsrechtlichen Klärung soll zudem ein Förderprogramm mit einem Volumen von 150.000 Euro zur Unterstützung von Maßnahmen in Baulastträgerschaft der Kommunen aufgelegt werden. Hier spielt noch eine gewisse Unsicherheit mit, da der Landkreis noch unter Klage der Gemeinde Weilbach in Bezug auf freiwillige Leistungen steht. Wenn man alle Infrastrukturaufgaben der Kommunen dem Landkreis übertragen würde, würde sich der Fahrradbeauftragte auf jeden Fall rentieren, so eine Anregung aus dem Gremium. Dies wäre, so die Vermutung, auch rechtlich zulässig, da die Umsetzung der Maßnahmen die Leistungsfähigkeit der Gemeinden übersteigt und der Landkreis deshalb tätig werden dürfe.
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