Private Wetterstation Kirschfurt/Main
Die Eisheiligen - gibt´s die noch?
Sieht man vom massiven Pollenflug derzeit ab, ist der Mai tatsächlich ein Wonnemonat. Alles blüht und grünt! Für Obstbauern und Winzer gab es jedoch in früheren Jahrhunderten einen gefürchteten Spielverderber - die sogenannten Eisheiligen. Vom 11. bis 14. Mai sind die Gedenktage der Heiligen Mammertus, Pankratius, Servatius und Bonifatius von Tarsus. Gerne wird auch noch die Hl. Sophie am 15. Mai hinzugezählt. Während dieser Tage gab es früher gerne einen Temperaturrückfall mit Frostgefahr.
Beim Blick in meine Temperatur-Messreihe, die bis 1985 zurückreicht, kann ich jedoch die gefürchteten Eisheiligen nicht wirklich entdecken. Gibt´s die überhaupt noch?
Als Untersuchungszeitraum habe ich die Jahre 1991 bis 2020 (30 Jahre) angenommen: Nur neun Mal gab es während der Eisheiligen tatsächlich eine kühle Wetterphase. Das heißt, dass es nur noch alle drei Jahre eine kühle Witterung in diesem Zeitraum gibt. Und wie steht es mit Frost während der Eisheiligen?
Im Maintal gab es in den letzten 30 Jahren keinen einzigen Frostwährend der Eisheiligen! Stattdessen gab es 1998, 2000 & 2012 sogar "Heißheilige" mit Temperaturen von über 30°C! Auch dieses Jahr starteten die Eisheiligen mit knapp 30°C...
Laut meiner Statistik kommt es im gesamten Mai nur noch in jedem dritten Jahr zu Frost - und der tritt meist in den ersten Tagen auf. Der Kälterekord für den Monat Mai liegt übrigens bei -2,3°C - gemessen am 3. Mai 1960 - also außerhalb der Eisheiligen.
Die Auswertung der Fakten zeigt eindeutig: Die Eisheiligen gibt es in unserer Region nicht mehr wirklich.
Fraglich ist übrigens auch, ob die Eisheiligen wirklich zu diesem Datum zu finden sind?
Vermutlich ist diese Wetterregel sehr alt - älter als die gregorianische Kalenderreform im Jahre 1582. Da es damals noch keinen Schalttag gab, kam es zu einem Auseinanderdriften des kalendarischen Jahres gegenüber dem astronomischen Jahr.
Die Erde umrundet die Sonne nämlich nicht in genau 365 Tagen, sondern sie braucht exakt 365,26 Tage. Deshalb wird heute alle vier Jahre ein Schalttag am 29. Februar eingefügt. Würde man das nicht tun, wäre irgendwann der längste Tag, mit dem höchsten Sonnenstand, im Dezember...
Um das Kalenderjahr wieder an den Sonnenumlauf anzupassen, beschloss Papst Gregor XIII., dass nach dem 4. Oktober 1582 unmittelbar der 15. Oktober folgen solle. Damit machte sich Gregor jedoch ziemlich unbeliebt: Alle Bauernregeln und Lostage stimmten nun nicht mehr mit dem neuen Kalender überein.
So gesehen müsste heute zu allen alten Bauernregeln zehn Tage hinzugerechnet werden. Somit sind die Eisheiligen in Wirklichkeit zwischen dem 21. und 24. Mai zu verorten. Mein Blick in die Statistik ergab tatsächlich, dass es in diesem Zeitraum eher zu einem Rückfall der Temperaturen kommt, als vor der Monatsmitte.
Gut möglich, dass es in den kühleren Jahrhunderten die Eisheiligen, samt verderblichem Frost, sehr regelmäßig gab. Die Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte hat jedoch die Frostgefahr im Mai fast vollständig aufgeschmolzen...
Autor:Guido Mayer aus Freudenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.