Gesundheit
Palliativ- und Hospiztag gibt Themen Sterben, Tod und Trauer ein Forum
Sterben, Tod und Trauer gehören zum Leben, dennoch ist der Tod für viele Menschen ein Tabuthema, über das man nicht gerne redet. Beim Palliativ-Hospiz-Tag, der am Mittwoch, 16. November, zum 17. Mal im Elsenfelder Bürgerzentrum über die Bühne ging, wird das Gegenteil praktiziert: In Vorträgen nehmen sich Referentinnen und Referenten dieses wichtigen Themas an, dank vieler Kooperationspartner können sich die Gäste an zahlreichen Ständen informieren. Dem Veranstalter, dem Palliativ-Hospizkreis im
Landkreis Miltenberg, gibt sein Engagement recht: Nach zweijähriger coronabedingter Pause war den über 250 Besucher*innen anzumerken, wie ihnen der Austausch gefehlt hat.
Landrat Jens Marco Scherf, der den Tag offiziell eröffnete, stand die Freude im Gesicht, dass endlich wieder die persönliche Begegnung möglich war. Er freute sich über „viele interessante Informationen, gute Gespräche und einen regen Gedanken- und Erfahrungsaustausch.“ Zum Themenschwerpunkt Palliativmedizin begrüßte er in Dr. Alexander Paul, Chefarzt der Klinik für Palliativmedizin des Klinikums Aschaffenburg, einen ausgewiesenen Experten und von der Vertreterin der Hospizgruppe Aschaffenburg,
Birgit Salefsky, erwartete Scherf wichtige Informationen zum Neubau des Hospiz- und Palliativzentrums in Aschaffenburg. Der Dank des Landrats galt allen Besucherinnen und Besuchern, darunter zahlreiche Bürgermeister und Mitglieder des Kreistags, besonders aber allen, die zur Organisation dieses Tages beigetragen hatten.
Im Namen des Marktes Elsenfeld begrüßte dritte Bürgermeisterin Anna Becker die vielen Gäste. Sie lobte das vielfältige ehrenamtliche und hauptamtliche Engagement aller Menschen, die zum Erfolg dieses Palliativ- und Hospiztages beitragen. „Falls Sie sich mit dem Gedanken tragen, sich ehrenamtlich einzubringen, dann tun Sie es“, forderte sie auf, „Sie werden es nicht bereuen.“
In seinem Vortrag zum Thema „Palliativmedizin – palliativ heißt nicht gleich sterben“ vermittelte Dr. Alexander Paul viel Wissenswertes rund um die Palliativmedizin. Dank wissenschaftlichen Fortschritts sei es in den letzten Jahren gelungen, Menschen mit unheilbaren Krankheiten nicht nur mehr Lebenszeit, sondern auch mehr Lebensqualität zu bescheren, stellte er fest, nachdem vor allem die Psyche, das körperliche Befinden der Patienten und die familiäre sowie soziale Situation lange Jahre nur sekundär beachtet worden seien. Er listete die Phasen auf, die unheilbar Erkrankte von der Diagnose über
die Behandlung bis hin zur letzten Lebensphase durchmachen und bemerkte, dass auch die Angehörigen dabei stark belastet würden. Für Paul steht fest: „Idealerweise sollte die Palliativversorgung ab dem Zeitpunkt der Diagnose einer unheilbaren Erkrankung bereitgestellt werden.“ Damit könnte die Lebensqualität verbessert und Depressionen verringert werden, sagte er, auch die Lebenszeit könne verlängert werden. Die Palliativmedizin sei nur im Netzwerk von Hausarzt, Krankenhaus, Facharzt, Pflegeheim, palliativer Tagesklinik, Palliativstation, spezialisierter Palliativversorgung, allgemeiner
Palliativversorgung sowie dem Hospiz zu schaffen, stellte er fest. Bei der Versorgung dürfe man nicht vergessen, die Wünsche des Patienten zu berücksichtigen, auch psychosoziale Unterstützung sei wichtig. Die Palliativmedizin sei vielfältig, verwies er auf die ambulanten Palliativmedizin, die ambulanten Hospizdienste und Hospizinitiativen, die palliativmedizinische Tagesklinik, den palliativmedizinischen Konsiliardienst im Krankenhaus, die Palliativstation sowie die Hospize – alles Teile des oben genannten
Netzwerks. „Das Damoklesschwert der Unheilbarkeit bleibt“, konstatierte der Fachmann, mit dem richtigen Maß an palliativer Behandlung könne man aber viel Lebensqualität schaffen. Die Palliativmedizin müsse umdenken, befand er, denn das Spektrum habe sich geweitet. „Wir müssen noch viel über die Bedürfnisse der Erkrankten lernen“, steht für ihn fest. Man müsse auch weg von Standardbehandlungen, jeder soll nach Pauls Meinung eine personalisierte Krebstherapie bekommen.
Wenn einmal das geplante Hospiz- und Palliativzentrum in Aschaffenburg in Betrieb geht, dürfte das ein weiterer Meilenstein in der Versorgung von schwer erkrankten Menschen sein. Das zumindest ließ sich den Worten von Birgit Salefsky entnehmen, die nicht nur die Hospizgruppe Aschaffenburg mit ihren 148 Hospiz- und Trauerbegleiter*innen vorstellte, sondern auch die Pläne für den Neubau des Hospiz- und Palliativzentrums. Dieser Bau solle „ein Ort des Lebens und der Begegnung werden“, so Salefsky. Hier sollen unter einem Dach mehrere Einrichtungen konzentriert werden – etwa die Hospizgruppe Aschaffenburg mit dem ambulanten Hospiz und Palliativberatungsdienst und die SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) Untermain. Geplant ist zudem ein Schulungs- und Begegnungszentrum, in einem Tageshospiz können bis zu acht unheilbar Erkrankte tagsüber betreut werden, die Nächte können sie zuhause verbringen. Dass sich der Hospizverein an ein solches Großprojekt traut, liegt daran, dass ein großer Bedarf an sozialer, spiritueller und psychologischer Unterstützung vorhanden ist. Geplant war der Neubau bereits im Jahr 2021, nach Auskunft der Referentin hatten aber die Pandemie sowie stark steigende Baupreise und Rohstoffkosten den Bau bislang verhindert. Möglicherweise könne man im Frühsommer 2023 beginnen, hofft sie. Unter www.hospizgruppe-aschaffenburg.de findet sich alles Wissenswerte zum Hospizverein, auch kann man hier erfahren, wie man das Bauvorhaben unterstützen kann.
Mit mehreren Liedern umrahmten Christian Schmitt (Gitarre) und Eva Reis (Gesang) den von Galina Groß (Sachgebietsleiterin Sozialmedizin/Prävention im Gesundheitsamt) moderierten Palliativ- und Hospiztag. Der Seniorentreff „Mittendrin“ Elsenfeld übernahm die Verpflegung im Foyer des Bürgerzentrums. Den ganzen Nachmittag waren die Stände im Saal und Foyer sehr gut besucht, alle Aussteller*innen – egal ob es um die Hospizversorgung, stationäre Einrichtungen, soziale, finanzielle und rechtliche Hilfen, medikamentöse und medizinische Hilfsmittel oder ethische und religiöse Fragen geht –
freuten sich über viele Gespräche.
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