Junge Tüftler mit genialen Ideen

So sehen Sieger aus: Die stellvertretenden Landräte Andreas Zenglein (Aschaffenburg, rechts) und Thomas Zöller (zweiter von rechts) übergeben an Tristan Schuler, zweiter von links) und Noel Wierschen die Urkunde für den ersten Preis im Bereich Technik. | Foto: Landratsamt Miltenberg
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  • So sehen Sieger aus: Die stellvertretenden Landräte Andreas Zenglein (Aschaffenburg, rechts) und Thomas Zöller (zweiter von rechts) übergeben an Tristan Schuler, zweiter von links) und Noel Wierschen die Urkunde für den ersten Preis im Bereich Technik.
  • Foto: Landratsamt Miltenberg
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Noch drücken Victoria, Anne, Lisa, Tristan und Noel jeden Tag brav die Schulbank, treffen sich nachmittags mit Freunden und gehen ihren Hobbies nach. Gedanken an den späteren Beruf und eine mögliche Karriere schieben sie, genauso wie Leander, Marius und Alexander, noch von sich. In ihrer Freizeit haben alle allerdings noch etwas anderes vor: Sie basteln und tüfteln, sie überlegen und machen sich Gedanken zu naturwissenschaftlichen und technischen Themen. Und: Sie haben alle in der letzten Woche mit einem Beitrag beim Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ teilgenommen.

50 Jahre „Jugend forscht“

Mit viel Herzblut und Engagement waren die unterfränkischen Jungforscher zur mittlerweile 50. Auflage des Regionalwettbewerbs ins Industrie Center Obernburg gekommen, wo sie ihre Arbeiten den prüfenden Augen einer Fachjury unterzogen. Diese wiederum konnte sich davon überzeugen, dass viel Kreativität, naturwissenschaftliches Interesse und Durchhaltevermögen der Jugend im Spiel waren, um so tolle Wettbewerbsbeiträge auszubrüten.
Insgesamt 152 Teilnehmer, die sich auf 84 Projekte verteilten, nahmen am diesjährigen Regionalwettbewerb Unterfranken teil. Eine stolze Zahl, die das steigende Interesse von Kindern und Jugendlichen sowohl am Wettbewerb selbst, als auch an naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen im Allgemeinen eindrucksvoll beweist.

Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ unter dem Motto „Es geht wieder los!“ am 26. und 27. Februar im Industrie Center Obernburg

Die Bandbreite der Arbeiten beim Regionalwettbewerb in Obernburg, der übrigens alle drei Jahre am Bayerischen Untermain stattfindet, war dabei außerordentlich weit gefächert und reichte von Themen wie dem Drehorgelproblem, home-made Rockets (selbst gebauten Raketen) bis zur Entwicklung und Herstellung eines Kaugummis mit stark verringerter Klebkraft und natürlich noch vielem mehr.

Sieben Fachgebiete

Beim Wettbewerb gab es zwei Alterssparten. Alle Kinder, die maximal 14 Jahre alt sind, waren in der Sparte „Schüler experimentieren“ zusammengefasst. Alle Jugendlichen, die zwischen 15 bis 21 Jahren alt sind, waren in der Sparte „Jugend forscht“. In insgesamt sieben Fachgebieten konnten die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeiten einreichen. Es waren dies Arbeitswelt (beispielsweise Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Alltagserleichterung für Behinderte, Ergonomie u. ä.), Biologie (rund um die „belebte“ Umwelt, z. B. biomedizinische, biochemische oder molekularbiologische Fragestellungen), Chemie (analytische oder physikalische Chemie), Geo- und Raumwissenschaften (Geographie, Geologie, Geophysik, Archäologie, Paläontologie, Astronomie oder Raumfahrttechnik), Mathematik/Informatik (Fragestellungen aus der Welt der Zahlen, Formen und Formeln), Physik (Informationswissenschaft oder Computertechnologie, Mechanik, Akustik, Optik usw.) und Technik (Bauen und Konstruieren, z. B. Robotertechnik oder Verfahrenstechniken).

Aufmerksame Jury

Alle Arbeiten wurden von einer fachkundigen Jury bewertet. Die freiwillige Arbeit der Fach- und Hochschullehrer sowie der Experten aus der Wirtschaft, die jedes Jahr als Juroren tätig sind, ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Wettbewerbs „Jugend forscht“, der eine Beteiligung von vielen Jugendlichen erst möglich macht. Es gab dabei für jedes Fachgebiet eine eigene Jury. Aus unserer Region nahmen Dr. Thomas Weber von der Firma Mikro-Technik GmbH & Co. KG aus Bürgstadt im Fachgebiet Chemie, Oberstudienrat Dominik Gold vom Johannes-Butzbach-Gymnasium in Miltenberg im Fachgebiet Physik sowie Dr. Gerald Heimann von der ZENTEC GmbH – Zentrum für Technologie, Existenzgründung und Cooperation in Großwallstadt und Diplom-Ingenieur Johannes Oswald von der Firma Oswald Elektromotoren GmbH in Miltenberg, beide im Fachgebiet Technik ihre Aufgaben als Juroren wahr. Die Wettbewerbsleitung für den Regionalentscheid Unterfranken lag bei Oberstudiendirektor Joachim Fertig vom Johannes-Butzbach-Gymnasium in Miltenberg, der bereits langjährige Erfahrungen mit „Jugend forscht“ verknüpfen kann. Patenbeauftragter „Jugend forscht“ Unterfranken war Diplom-Geograph Markus Seibel, Regionalmanager der Initiative Bayerischer Untermain in Großwallstadt.

Regionale Talente

Ihre Teilnahme mit einem Beitrag beim Wettbewerb angemeldet und fleißig dafür geforscht und gebaut haben auch drei Mädchen und insgesamt sechs Jungs aus dem Landkreis Miltenberg. Die Schülerinnen und Schüler besuchen Gymnasien in Miltenberg und Elsenfeld sowie in Aschaffenburg. Sie stellten sich am vergangenen Donnerstag und Freitag den interessierten Fragen der Jurymitglieder und gaben bereitwillig Antwort.

Fahren und Fliegen – Entwicklung eines Flugautos

Der 17 jährige Tristan Schuler aus Obernburg am Main und Noel Wierschen Fernandes, 16 Jahre alt, aus Bürgstadt besuchen beide das Julius-Echter-Gymnasium in Elsenfeld. Ihr Beitrag beim Wettbewerb „Jugend forscht“ kam aus dem Bereich Technik und befasste sich mit dem Thema „Fahren und Fliegen – Entwicklung eines Flugautos“. Die beiden Schüler wurden von Jörg Giegerich betreut. Sie haben beobachtet, das bisherige Konzepte von Flugautos die kommerzielle Nutzung der Funktion eines Autos als auch der eines Flugautos nicht ideal vereinbaren. „Ziel unserer Arbeit war daher die Konstruktion eines ferngesteuerten Konzeptautos, das die Eigenschaften eines ´normalen´ Autos mit denen eines Quadrocopters ideal vereinbart“, erläutern die Jungs. „Herzstück unserer Konstruktion ist ein neuartiger Quadrocopterantrieb, der nahezu unsichtbar in die Karosserie integriert ist. Diese optimierte Konstruktion könnte, dessen sind wir uns sicher, die kommerzielle Nutzung ermöglichen.“

Experimentieren mit effektiven Mikroorganismen

Die 12jährigen Schülerinnen Victoria do Adro aus Bürgstadt, Anne Höfling und Lisa Höfling, beide aus Kirschfurt, besuchen alle drei das Johannes-Butzbach-Gymnasium in Miltenberg. Ihr Beitrag beim Wettbewerb „Jugend forscht“ kam aus dem Bereich Biologie und befasste sich mit dem Thema „Experimentieren mit effektiven Mikroorganismen“. Die drei Schülerinnen wurden von Heinz Reiser betreut. Sie haben ungekochte und gekochte Gemüsereste, Zitrusfrüchte sowie Rasenschnitt und Pferdeäpfel jeweils in getrennten Bokashibehältern, die sie selbst gebaut haben, mit flüssigen Mikroorganismen und Kohlestreu vermischt und luftdicht verschlossen. „Vier Wochen später haben wir in die so entstandene Bokashi-Erde Radieschensamen gesät“, erklären die Mädchen. „Parallel dazu haben wir auch Radieschensamen in gewöhnlicher Gartenerde ausgesät. Das Wachstum der Pflanzen und die Ernte haben wir engmaschig kontrolliert und protokolliert. Der ganze Versuch lief von Ende Mai 2014 bis Ende September 2014.“ Ihr Beitrag wurde im Teilgebiet "Schüler experimentieren" bewertet.

Entwicklung und Herstellung eines Kaugummis mit stark verringerter Klebkraft

Leander Ernst aus Sulzbach am Main, 16 Jahre alt und Schüler des Friedrich-Dessauer-Gymnasiums in Aschaffenburg, beschäftigte sich im Fachgebiet Chemie mit Kaugummi. „Heutzutage sind Kaugummis nichts Besonderes mehr“, sagt Leander dazu und stellt weiterhin fest: „Dadurch, dass sie sich einer steigenden Beliebtheit erfreuen, kommt es auch dazu, dass immer mehr Kaugummis falsch entsorgt werden und somit auch mehr Gebäude oder andere Gegenstände verschmutzt werden. Obwohl dies ein bekanntes und auch kostspieliges Problem ist, werden nur die Maßnahmen zur Entfernung von Kaugummis verbessert und betrachtet.“ Er geht in seinem Ansatz daher vom Kaugummi selbst aus: „Meiner Meinung nach, müsste man das Problem der Verschmutzung allerdings vom Kaugummi aus angehen. Denn würde man die Kaugummis so verändern, dass sie weniger stark kleben würden, könnten sie an den meisten Materialien nicht mehr haften. Hierdurch wäre auch ein nötiges Entfernen um Einiges einfacher.“ Leander hat daher ein Kaugummi entwickelt, das die gleichen Kaueigenschaften aufweist, gleichzeitig aber eine deutlich reduzierte Klebkraft aufweist. Wie ihm das gelungen ist, erklärt er folgendermaßen: „Die verringerte Klebkraft des Kaugummis basiert auf einer Grundmischung aus Chicle, Bienenwachs, dem Kunststoff Polyisobutylen und weiteren Zusatzstoffen, wie zum Beispiel Feuchthaltemitteln, Emulgatoren und Zucker.“ Mit seinem Kaugummi durfte sich Leander Ernst über den dritten Preis im Fachgebiet Chemie freuen. Betreut wurde Leander Ernst von Volker Fries.

Home-made Rockets

Ebenfalls aus Sulzbach am Main ist der 17-jährige Marius Neumann, der gemeinsam mit dem ebenfalls 17-jährigen Marvin Thomas aus Aschaffenburg einen Beitrag zum Thema „Home-made Rockets“ im Fachgebiet Chemie einreichte. Die beiden Schüler des Friedrich-Dessauer-Gymnasiums in Aschaffenburg, die ebenfalls von Volker Fries betreut wurden, hatten die Herstellung einer flugfähigen Basis-Rakete aus möglichst handelsüblichen Stoffen als erstes grundlegendes Ziel. „Hierfür haben wir eine Raketendüse und speziell benötigtes Werkzeug entwickelt und optimiert“, erzählen die Schüler. „Weiterhin haben wir die Zusammensetzung einer Treibstoff-Grundmischung erarbeitet und das beste Herstellungsverfahren ermittelt. Zudem musste eine stabile Flugbahn gesichert werden.“ Anschließend galt es durch das Variieren bestimmter Parameter die Effizienz der Basis-Rakete bestmöglich zu steigern. „Dazu haben wir fünf Treibstoff-Testreihen (jeweils fünf Raketen) erstellt. Die verschiedenen Testreihen ergaben sich durch Zugabe verschiedener Katalysatoren zur Grundmischung.“ Obwohl sie ihren Beitrag im Fachgebiet Chemie einreichten und mit der Chemie-Jury ein rund 10-minütiges Gespräch führten, wurden sie anschließend in das Fachgebiet Physik verschoben. Das tat ihrer Arbeit jedoch keinen Abbruch. Sie errangen mit ihren selbst gebauten Raketen den zweiten Preis im Fachgebiet Physik und freuten sich sehr darüber.

Das Drehorgelproblem

Mit dem Drehorgelproblem beschäftigten sich der 12-jährige Alexander Voß aus Sulzbach am Main und sein Schulfreund Steffen Pfisterer aus Aschaffenburg, ebenfalls 12 Jahre alt. Die beiden Jungs, die das Friedrich-Dessauer-Gymnasium besuchen und von Oliver Wegel betreut wurden, machten sich Gedanken darüber, wie genau jemand eine Kurbel mit konstanter Geschwindigkeit drehen kann. „Dabei haben wir eine Vorrichtung zum Messen und Anzeigen der Geschwindigkeit gebaut und programmiert. Mit dieser Vorrichtung haben wir anschließend untersucht, wie genau jemand ohne Anzeige, mit Anzeige und mit einer Trainingsphase mit Anzeige und danach ohne Anzeige drehen kann. Die Stärke, mit der die Kurbel gedreht werden kann, konnte ebenfalls geändert werden.“ Ihren Beitrag reichten sie im Fachgebiet Technik bei „Schüler experimentieren“ ein.

Erster Preis für das Flugauto

Dass es allen jungen Tüftlerinnen und Tüftlern beim Wettbewerb nicht in erster Linie auf das Gewinnen ankam – obwohl das natürlich die Krönung jeder Teilnahme ist – merkte man, wenn man sich mit ihnen unterhielt. Sie erzählten stolz von ihren Beobachtungen und Erfahrungen und waren begeistert von der Atmosphäre, die beim Wettbewerb herrschte. „Dabei sein ist das Größte für uns“, sagten daher die meisten übereinstimmend. Dennoch war die Freude bei der abschließenden Preisverleihung in der Werkskantine des ICO groß, denn der erste Preis im Bereich Technik ging in diesem Jahr an zwei Schüler aus dem Landkreis Miltenberg: Tristan Schuler und Noel Wierschen Fernandes wurden für die Entwicklung ihres Flugautos ausgezeichnet und nehmen jetzt beim nachfolgenden Landesentscheid teil, der vom 25. bis 27. März in Regensburg stattfindet. Stellvertretender Landrat Thomas Zöller, Regionalwettbewerbsleiter Joachim Fertig und Regionalmanager Marcus Seibel (Initiative Bayerischer Untermain) freuten sich besonders, dass mit den Beiden zwei Schüler aus dem Landkreis Miltenberg einen ersten Preis errangen. Die Jury zeigte sich begeistert von der Entwicklung ihres Autos, das nicht nur fahren, sondern auch fliegen kann. Das 6,3 Kilogramm schwere Modell „fährt perfekt und fliegt wirklich“, bestätigte Juror Dr. Gerald Heimann und erläuterte die Konstruktion des Autos. „Diese Arbeit war für uns alle sehr beeindruckend“, fasste Heimann die Auffassung der Jury zusammen.

Autor:

Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg

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