Baumfällungen stoßen oft auf Unverständnis
Kranke Bäume verursachen große Holzeinschläge in der Region

„WARUM?“ steht in großen Einzelbuchstaben auf den Stämmen von gefällten Lärchen im Wald von Röttbach bei Kreuzwertheim. Offensichtlich waren Waldbesucher nicht mit der Fällung der Bäume einverstanden. „Für den Laien sind die Schäden nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen“, zeigt der Revierleiter Gregor Wobschall Verständnis für den Unmut der Baumfreunde. In Röttbach waren die gefällten Lärchen vom Borkenkäfer oder genauer gesagt vom großen Lärchen-Borkenkäfer (Ips cembrae) befallen. Der Begriff „Borkenkäfer“ umfasst eine Vielzahl verschiedener Arten, meist mit Spezialisierung auf ei-ne Baumart. Einige dieser Arten können sich sehr schnell in Massen vermehren und sind deshalb eine Gefahr für den Wald. In unserer Region sind das der „Buchdrucker“ und der „Kupferstecher“, die vorwiegend Fichten und teilweise auch Douglasien befallen, sowie der große Lärchen-Borkenkäfer, der nahezu ausschließlich die Lärche befällt. Auch wenn jetzt in Röttbach die Kritik am Holzeinschlag auf Lärchenstämmen bildlich gemacht wurde, sind es in der Region überwiegend die Fichten, die dem Käfer zum Opfer fallen.
Wenn einer der genannten Borkenkäfer zugeschlagen hat, ist schnelles Handeln erforderlich. Betroffene Bäume müssen möglichst umgehend aus dem Waldgebiet entfernt werden, denn die Schädlinge vermehren sich rasant. In einem einzigen Baum können bis zu 1000 Weibchen ihre Brut anlegen. Ein Buchdruckerweibchen beispielsweise legt im Schnitt 60 Eier pro Brut. Nach sechs Wochen sind die Eier zum Käfer entwickelt, die dann wieder neue Eier unter der Rinde des gleichen Baumes oder von Bäumen in der Umgebung ablegen. Aus einem Buchdrucker können so plötzlich 3.600 werden. Wenn der Sommer be-sonders lang und trocken ist, gibt es noch eine zweite Generation, die sich weiter vermehrt und dann sind es schon über 200.000 Käfer. „Wir haben nur eine Chance diese Massenvermehrung zu verhindern“, erklärt der Revierleiter, „wenn wir jeden geschädigten Baum fällen und aus dem Waldgebiet abtransportieren, damit die schlüpfenden Käfer keine weiteren Bäume befallen können“.

Käfer legen Strecken von 500 Metern zurück

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Käfer Strecken von bis zu 500 Metern zurücklegen kann. „In unserem Dienstbereich, der sehr waldreich ist, ist es mittlerweile schon eine echte Herausforderung geeignete Lagerplätze für das Schadholz zu finden“, so Wolfgang Grimm, Bereichsleiter Forst am AELF Karlstadt. Denn nicht nur in Röttbach, sondern in der gesamten Region hat der Forst mit massivem Schädlingsbefall zu kämpfen. Neben dem Borkenkäfer ist auch noch der Eichenprachtkäfer in großer Zahl unterwegs, und im Land-kreis Aschaffenburg bahnt sich mit dem Maikäfer das nächste große Problem an. Die En-gerlinge des Käfers fressen die Feinwurzeln der Bäume an und unterbrechen damit die Wasserversorgung.
„Die Holzentnahme wird daher auch in diesem Jahr wieder größer sein, als wir eigentlich möchten. Die Bevölkerung kann davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Baum-fällungen eine Schutzmaßnahme ist“, stellt Grimm klar. „Es ist ein Kampf gegen Windmüh-len und wir können nur hoffen, dass zumindest der Sommer nicht wieder zu trocken wird, damit die vielen geschwächten Bäume überhaupt eine Chance haben, sich selbst gegen die Borkenkäfer zur Wehr zu setzen“, so der Bereichsleiter.

Bäume wehren sich mit Harzfluss

Wenn der Baum noch Wasserreserven hat, versucht er sich durch die Bildung von Baum-harz gegen den Eindringling zu wehren. Das am Stamm herablaufende Harz ist auch für den Laien gut zu erkennen. Führt dies nicht zum Erfolg, weil der Baum z.B. durch Was-sermangel nicht ausreichend Harz bilden kann, bohrt der Käfer sich durch die Borke und nistet sich ein, wobei er Bohrmehl auswirft. Dieses sammelt sich dann am Stammfuß im Moos, in Spinnenweben oder an den Rindenschuppen. Für das geschulte Auge eines Fachmanns oder einer Fachfrau sind diese Käferspuren schon aus mehreren Metern Ent-fernung zu erkennen und sie signalisieren: Der Baum ist eine Brutstätte für das Schadin-sekt und muss zum Schutz der Umgebungsbäume so schnell wie möglich entfernt werden. „Die Bäume sehen auf den ersten Blick noch gesund aus, sie haben zumeist noch eine üppige grüne Krone. Für den Spaziergänger scheint es, dass wir wahllos gesunde Bäume fällen“, klärt Wobschall ein gängiges Missverständnis auf. Gerne hätte er dies auch der Person erklärt, die sich die Mühe gemacht hat, das „Warum“ zu hinterlassen. Nur mit ei-nem „Darum“ wäre es nicht getan gewesen: um die Problematik zu erklären, bedarf es ein paar Worte mehr.

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