Corona-Impfung
Bei Fragen zum Impfen hilft das persönliche Gespräch
Seine erste Sitzung seit der Kommunalwahl hat der Integrationsbeirat des Landkreises Miltenberg am Montagabend, 14. Juni im Landratsamt absolviert. Das Gremium, das in erster Linie der Vernetzung und dem gegenseitigen Austausch dient, befasste sich schwerpunktmäßig mit der Impfkampagne unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Menschen mit Migrationshintergrund.
Fast eineinhalb Stunden lang wurde unter Leitung von Landrat Jens Marco Scherf intensiv diskutiert, fachliche Informationen steuerten der Pandemiebeauftragte des Landkreises, Stefan Pache, und der Leiter des Impfzentrums, Björn Bartels, bei. Auch hier wurde klar, dass der Fortschritt der Impfkampagne stockt, da nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht. Die Planung sei laut Stefan Pache sehr schwer, da vom Freistaat nur von Woche zu Woche kommuniziert werde, wieviel Impfstoff in der nächsten Woche geliefert wird. Die Vorgänge rund um die Impfung seien zudem komplex, sagte er und wurde darin von mehreren Gästen bestätigt: Selbst Deutsche mit guten Sprachkenntnissen kämen etwa bei der Registrierung an ihre Grenzen, von Menschen mit Migrationshintergrund ganz zu schweigen. Diese Menschen seien aber durchaus informiert über die Corona-Pandemie und die Impfung, erklärte ein Diskussionssteilnehmer. Dass die Impfbereitschaft in dieser Personengruppe angeblich sehr gering sei, greife aber zu kurz: Wichtiger als alle Informationen aus den Medien seien entweder Vorbilder, die sich impfen lassen, oder aber der persönliche Kontakt zu Menschen, denen man vertraue. Gut im Gremium kam der Vorschlag von Björn Bartels an, mit einem Fachmann und einem Dolmetscher in die Orte zu gehen, dort aufzuklären und Fragen zu beantworten. Dabei gehe es nicht in erster Linie darum, die Menschen zum Impfen zu überreden, so Bartels, alleine die zuverlässige Information sei wichtig. Vorstellbar wäre es etwa, in die türkischen Vereine zu gehen und sich dort auszutauschen.
Entschieden wandte sich das Gremium gegen Sonderimpfungen für Menschen mit Migrationshintergrund, denn dies würde nur die Gesellschaft spalten. Wenn es Sonderimpfaktionen in Orten geben sollte, sollte sich jeder Ortsbürger/jede Ortsbürgerin impfen lassen können, so die einhellige Meinung. Nilüfer Ulusoy, Vorsitzende des Vereins „Frauen für Frauen“, schlug vor, dass man auch den Sprachvermittlerdienst des Vereins für das Dolmetschen einsetzen könnte. Da für gesundheitliches Dolmetschen aber eigentlich die Caritas zuständig ist, könne man darüber einmal mit der Caritas reden, so ein Vorschlag. Wenn ein Verein Interesse an einem Informationsvortrag mit Dolmetscher hat, kann er sich an den Leiter des Impfzentrums wenden. Eine landkreisweite Impfkampagne zu starten, ist laut Landrat Jens Marco Scherf zurzeit nicht sinnvoll – erst brauche man genügend Impfstoff. Er empfahl jedem Priorisierten der Gruppen 1, 2 und 3, sich zu registrieren und zu versuchen, sich über Impfzentrum, Hausarzt oder seinen Betrieb um eine Impfung zu bemühen. Sobald die erste Impfung verabreicht wurde, solle man die Konten bei den jeweils anderen Stellen löschen, um Doppelregistrierungen zu vermeiden. Wenn genügend Impfstoff vorhanden ist, könne man auch über Sonderimpfungen vor Ort reden, so Scherf.
Iris Neppl (Koordinierende Kinderschutzstelle) informiert das Gremium über zwei Arbeitsgruppen des begleitenden Jugendhilfeausschusses. Zum einen geht es dabei um Perspektiven für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Erfahrungen zeigten, dass es junge Menschen gibt, bei denen es mit der Integration hapert, so Neppl. Die Frage sei, ob es für diese Personengruppe nicht Angebote gibt, die die Integration voranbringen – etwa mit sinnvollen Freizeitbeschäftigungen, die diese Klientel wieder auf die richtige Bahn bringen. Ergebnis: In der Breite gebe es wenig solcher Initiativen, aber prinzipiell böten Vereine und Verbände die Gelegenheit für solche Beschäftigungen – etwa über Sport oder Musik. Auch erlebnispädagogische Projekte der kommunalen Jugendarbeit des Landkreises, die die Gemeinschaft fördern, stünden solchen jungen Menschen offen. Wer Ideen für weitere Angebote hat, kann sich gerne an Wolfgang Härtel (Caritas) oder an Iris Neppl wenden.
In einer weiteren Arbeitsgruppe habe man sich mit den Auswirkungen von Corona auf die Jugendlichen und Familien beschäftigt, so Neppl. Dabei habe man festgestellt, dass der direkte Zugang zur Zielgruppe schwer sei. Man müsse mehr über die Netzwerke wie Vereine und Verbände gehen, fand sie, um die Kinder und Jugendlichen nicht aus den Augen zu verlieren. Im Sommer wolle man sich treffen und untersuchen, wie man die Teilhabe junger Menschen und Familien vorantreiben könne. „Wir sehen aber bereits jetzt viele Defizite durch Corona“, sagte Neppl und wurde in ihrer Meinung von mehreren Rückmeldungen aus dem Gremium bestätigt.
Über die Arbeit des Jugendmigrationsdienstes des Paritätischen Wohlfahrtsverbands berichtete Marleen Stock, die in ihrem Büro in Erlenbach im evangelischen Gemeindehaus jeweils dienstags von 9.30 bis 12.30 Uhr und im Franziskushaus Miltenberg jeweils dienstags von 13.30 bis 16.30 Uhr zur Verfügung steht – zurzeit noch mit Anmeldung (Telefon: 06021/4594881, E-Mail: marleen.stock@paritaet-bayern.de ), später niedrigschwellig ohne Anmeldung. Die Beratung richtet sich speziell an Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund im Alter zwischen zwölf und 27 Jahren. Die Beratung ist kostenfrei und vertraulich, Stock bietet Unterstützung und Information zu Themen wie Schule, Ausbildung, Beruf und der Suche nach passenden Integrationskursen. Sie berät über die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, beantwortet Fragen zu Ausländer- und Spätaussiedlerrecht, Finanzen, Gesundheit und Freizeitgestaltung. Mit der bisherigen Inanspruchnahme des Angebots ist sie zufrieden, sie hat noch Kapazität für weitere Beratungen frei.
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