Atommüllendlagersuche
Kreistag nimmt Extremismus und Atommüllendlagersuche in den Fokus
Das Thema Extremismus ist in letzter Zeit – auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie – wieder stärker in den Fokus gerückt. Der Kreisausschuss hatte aufgrund eines Antrags mehrerer Mitglieder des Kreistags weitere Informationen gewünscht und die Vertreterin der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE), Sonja Fischer, in den Kreistag gebeten. In diesem Zusammenhang diskutierte der Kreistag auch über einen Antrag mehrerer Kreistagsmitglieder, ein Rassismus- und Extremismus-Meldeportal im Landkreis einzurichten.
Fischer legte dem Kreistag die Schwerpunkte der BIGE dar, die über die individuelle Beratung, Vorträge und Workshops, ein Aussteigerprogramm und ein Bürgertelefon bis hin zum Internetportal www.bige.bayern.de reichen. Die BIGE war im Jahr 2009 als zentrale Informations- und Beratungsstelle der Bayerischen Staatsregierung eingerichtet worden, um Bekämpfungsansätze gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit sowie Reichsbürger und Selbstverwalter zu unterstützen und fördern. Sie ist Ansprechpartner für Bürger*innen, Kommunen, Schulen, Verbände, Behörden, Unternehmen und Vereine. Fischer zufolge vernetzt die BIGE verschiedene Institutionen und trägt zu einem übergreifenden Informationsaustausch zwischen allen Betroffenen bei. So arbeiten in der BIGE Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und der Polizei unmittelbar zusammen. An der BIGE ist zudem das Bayerische Aussteigerprogramm angesiedelt, das Extremisten „Hilfe zur Selbsthilfe“ beim Ausstieg aus der Szene bietet.
Organisatorisch ist die BIGE beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz ange-siedelt, die Dienststellen für die 20 Mitarbeiter*innen befinden sich in München und Nürnberg. Vor allem im Zusammenhang mit Corona habe der Extremismus zugenommen, berichtete Fischer, denn vor allem Rechtsextremisten hätten das Thema aufgegriffen und versuchten so, für ihre ideologischen Ziele über die Kritik gegen die Corona-Maßnahmen Menschen zu manipulieren. Sie betonte dabei, dass nicht jeder, der sich gegen die Maßnahmen wendet, deshalb ein Extremist sei. Die Abgrenzungen zwischen den einzelnen Gruppen seien aber fließend, sagte sie und forderte die Menschen auf, nicht müde zu wer-den, sich für die Demokratie zu engagieren.
Mit der Einrichtung einer Meldestelle auf der Seite des Landratsamtes konnte sich der Kreistag nicht anfreunden. Eingehende Meldungen müssten anschließend an die richtigen Stellen weitergeleitet werden, so Landrat Jens Marco Scherf, denn darum müssten sich Fachkundige kümmern – neues Personal wäre die Folge. Er schlug stattdessen vor, das Angebot der BIGE auf lokaler Ebene besser zu bewerben, sodass Informationen direkt an die richtige Stelle gelangen. Damit trage man dazu bei, die BIGE einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so dass Hilfesuchende auch das Beratungsangebot finden, so der Landrat. Der Kreistag schloss sich einstimmig diesem Vorschlag an und sprach sich dafür aus, auf diese Weise Erfahrungen zu sammeln. Die Vertreterin der BIGE nahm den Hinweis aus dem Kreistag mit, die Arbeit der BIGE auch in den sozialen Netzwerken sichtbar zu machen.
Wie die Bundesgesellschaft zur Endlagerung (BGE) die Suche nach einem Standort für ein bundesweites Atommüllendlager betreibt, erklärte der aus Peine zugeschaltete Geschäftsführer der BGE, Steffen Kanitz. Landrat Jens Marco Scherf, der regelmäßig als Vertreter des Bayerischen Landkreistags an den Fachkonferenzen teilnimmt, hatte die Kreisgremien zuvor bereits mehrfach über die jeweiligen Schritte informiert. Kanitz ging nun ausführlich auf das Auswahlverfahren ein, das sich zurzeit am Ende der ersten Phase befindet, in dem Vorschläge für Standortregionen ermittelt werden. Der Landkreis Miltenberg sei neben drei anderen Pilotregionen mit dem Teilgebiet 009 für die Methodenentwicklung ausgewählt worden. Das sei keinesfalls eine Vorfestlegung für die endgültige Auswahl, beruhigte Kanitz, denn dabei werde keine Aussage über die potenzielle Eignung der Gebiete getroffen. In einer repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchung gehe es um die Frage, inwieweit der sichere Einschluss der radioaktiven Abfälle unter Ausnutzung der geologischen Standortgegebenheiten erwartet werden kann. Vorläufige Sicher-heitsuntersuchungen bildeten eine der Grundlagen für die Entscheidung, ob ein Gebiet weiter im Auswahlverfahren betrachtet wird. Auf Basis dieser Ergebnisse und der Ergebnisse einer Anwendung geowissenschaftlicher Abwägungskriterien sowie der Anwendung planungswissenschaftlicher Abwägungskriterien mache die BGE anschließend Vorschläge, welche Standortregionen übertägig erkundet werden sollen. Das Vorgehen werde auf alle Regionen angewendet, nicht nur auf die vier Gebiete zur Methodenentwicklung.
Eng vernetzt ist der Landkreis Miltenberg in diesem Verfahren mit der Regierung von Unterfranken, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Bayerischen Landkreistag, dem Landesamt für Umwelt sowie der bayerischen Vertreterin in der Planungs- und Vorbereitungsgruppe der Fachforen, welche alle persönlich an dem Tagesordnungspunkt teilnahmen. Zugeschaltet in der Kreistagssitzung waren Eva Bayreuther (Mitglied der Planungsgruppe zur Vorbereitung der Fachforen), Dr. Christian Hofer (Bayerischer Landkreistag), Oliver Weidlich (Regierung von Unterfranken), Yvonne Arendt (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz) und Dr. Roland Eichhorn (Bayerisches Landesamt für Umwelt).
Interessierte Bürger*innen können sich unter www.bge.de/de/aktuelles/veranstaltungen/ für Veranstaltungen anmelden, die sich mit dem Thema befassen. Am 28. März findet von 16 bis 17 Uhr eine Digitalveranstaltung „Endlagersuche – wie geht das?“ statt. Sie richtet sich an alle, die sich auf die zentrale Veranstaltung am 29. März vorbereiten wollen. Hier geht es dann von 18 bis 20 Uhr um die Methodenentwicklung zur repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchung, wo der aktuelle Arbeitsstand vorgestellt wird. Speziell um das Wirtsgestein Kristallin, in dem auch Teile des Landkreises Miltenberg liegen, geht es am 31. März von 18 bis 20 Uhr in einer Digitalveranstaltung.
Die Frage aus dem Gremium, ob ein Nationalpark oder Biosphärenreservat eine Region ausschließe, verneinte Kanitz mit Verweis auf den Verfahrensstand, denn aktuell werden lediglich die geologischen Voraussetzungen unter der Erde bewertet. Die oberirdische Begutachtung fände erst in Phase 2 des Verfahrens mit den dann von Bundestag und Bundesrat zu beschließenden deutlich weniger Standortregionen statt. Oberirdisch müsse ein größerer industrieller Komplex errichtet werden, beantwortete Kanitz eine weitere Frage. Landrat Jens Marco Scherf appellierte an alle Bürger*innen und Bürger, mitzuwirken bei der Endlagersuche. Alles Wissenswerte sei unter www.bge.de aufgeführt, auch die Links zu den Informationsveranstaltungen.
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