Seltene Gehölze im Blickpunkt
Expertenteam auf der Suche nach dem Baum der Zukunft

Ob eine Aufforstung im Wald gelingt, hängt ganz entscheidend von der Qualität des Jungpflanzenmaterials ab. Die Baumschulen sind daher grundsätzlich sehr wichtige Partner der Forstwirtschaft. Als Anfang der 2000er-Jahre der Speierling als seltene Baumart im Bereich der Forstdirektion Unterfranken gefördert werden sollte, standen die Förster vor dem Problem, dass über dessen Anzucht wenig bekannt war. Denn es reicht oft nicht - wie der Laie denken mag - einfach die Samen in den Boden zu geben. Es gibt Saatgut, das erst eine Kältephase durchlaufen muss oder ganz spezielle Anforderungen an den Boden stellt, um überhaupt zu keimen. Die Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim wurde damals als Partner für die Anzucht gewonnen und ihr gelang es junge Bäume zu ziehen, die gesund heranwuchsen. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit war die Geburtsstunde des Arbeitstreffens „Seltene Gehölze“. Mittlerweile ist ein Arbeitsschwerpunkt dieser Gruppe von Forstfachleuten aus ganz Bayern und der LWG, Baumarten zu finden, die mit dem Klimawandel zurechtkommen.
Bei der diesjährigen Exkursion der Experten war das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt (AELF) Gastgeber. Fünf Waldstandorte mit seltenen Baumarten in unserer Region standen auf dem Besichtigungsprogramm.
Schwieriger Standort im Stadtwald Alzenau
Zuerst wurde ein sogenannter Praxisanbauversuch, ein Förderprogramm der Forstverwaltung, im Stadtwald Alzenau besucht. Hier waren von November 2021 bis Januar 2022 auf einer Fläche von etwa einem Hektar Aufforstungen mit der Libanon- und Atlaszeder, der Baumhasel und der Flaumeiche durchgeführt worden. Die schwierigen örtlichen Bodenverhältnisse und der Maikäfer hatten hier zu großen Ausfällen geführt, welche nachgebessert werden mussten. Die eigentliche Frage, ob diese Bäume, die in wärmeren Klimaten heimisch sind, auch bei uns gedeihen, kann daher erst in einigen Jahren wirklich beantwortet werden.
Hitzeverträglichkeit ist nicht das alleinige Erfolgsrezept
Danach ging es in die Gemeinde Großostheim zu einer Versuchsfläche der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft, die Teil einer internationalen Versuchsanlage ist, von der sich zwei Versuchsflächen in Bayern befinden. Sechs Baumarten, die mit warmen und trockenen Sommern zurechtkommen sollten, wurden hier 2012 angepflanzt. Dennoch war das Ergebnis nicht wie erhofft: Viele der Bäume hatten Frostschäden und waren daher im Wuchs deutlich zurück. Die Experten waren sich einig, dass die Bäume der Zukunft nicht nur hitzetolerant sein müssen, sondern auch frostunempfindlich. Daher lohnt sich der Blick in die „Zwillingsregionen“: Regionen, die bereits länger das Klima aufweisen, das wir in unserer Region durch den Klimawandel bekommen werden. So die Provence in Frankreich. Die französischen Förster wiederum halten bereits in Spanien und Griechenland Ausschau nach geeigneten Baumarten.
Können Eindringlinge ein Gewinn sein
Als nächstes Thema beschäftigte sich die Gruppe mit einer Baumart, die in der Vergangenheit eher als Problem gesehen wurde - die Spätblühende Traubenkirsche. Eine Baumart, die ursprünglich im Osten Amerikas beheimatet war und hier sehr gute Holzpreise erzielt. Bei uns aber aufgrund ihrer invasiven Eigenschaften nicht so gern gesehen wird. Im Hübnerwald Großostheim gibt es einen kleineren Bestand, der hier geduldet und gepflegt wurde, heranwuchs und sehr gute Stammformen aufweist. Dies legt nahe, zukünftig mehr als bisher mit der Spätblühenden Traubenkirsche, statt gegen sie zu arbeiten.
Eine Baumart, die ebenfalls nicht unumstritten ist, ist die Paulownia, der Blauglockenbaum. Auch sie gilt als möglicherweise invasiv und wird daher bei Neupflanzungen üblicherweise nicht eingesetzt. Auf einer Versuchsfläche der technischen Universität München im Gemeindewald Großostheim wurden vier verschiedene Arten angepflanzt. Auch wenn die Bäume teilweise eine stattliche Höhe aufwiesen, sahen die Fachleute den Baum kritisch. Er fordert einen hohen Pflegeaufwand, er ist frostempfindlich und bildet gerne dürre Äste aus, die - wenn der Baum an Wegen und Straßen steht - für Mensch oder Auto gefährlich sein können.
Einmaliger Bestand an Zerreichen
Zum Abschluss wurde noch ein seltener Bestand an Zerreichen im Gemeindewald Eschau besichtigt. Die rund 150 Jahre alten Bäume bilden eine in Deutschland nahezu einzigartige Fläche. Das natürliche Verbreitungsgebiet liegt in Südfrankreich, Italien und Südosteuropa. Obwohl die Holzqualität geringer ist als die der heimischen Eichenarten, könnte die Zerreiche Zukunftspotential haben, da sie noch besser an Hitze und Trockenheit angepasst ist.

„Es gibt kein einfaches Rezept für den Waldumbau, das hat auch diese Exkursion wieder gezeigt“, fasste Christoph Kirchner, Abteilungsleiter am AELF Karlstadt das Ergebnis zusammen. „Doch es gilt auch: Ohne Offenheit für neue Baumarten wird es nicht gelingen.“

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