Russland verstehen

Vortrag am HSG

Bürgerliche Identität. Politische Identität. Sozialisation. Interessant? Unbedingt. Die Schülerinnen und Schüler der 12. Jahrgangsstufe des HSG scharten sich noch während der Pause um unseren Referenten Dr. Oleg Kashirskikh, der sie zuvor mit seinem Vortrag über „Politische Identität und Bürgerbewusstsein in Russland“ bestens informiert hatte. Der Referent begann mit einer Einführung in die grundlegenden Begriffe der politischen und bürgerlichen Identität. Er erklärte, dass die politische Identität oft durch ein Gefühl der Zugehörigkeit zu bestimmten politischen Bewegungen oder Ideologien geprägt ist, während sich die bürgerliche Identität durch die Teilnahme an demokratischen Prozessen und die Interaktion mit anderen Bürgern formt. Herausgebildet werden beide also nicht nur durch die alltägliche Sozialisation, also den Einfluss von z.B. Eltern, Freunden, Medien auf den Einzelnen, sondern auch durch die politische Sozialisation, die regelmäßige Teilnahme an politischen Prozessen voraussetzt. In Russland, so seine These, seien bürgerliche und politische Identität tendenziell schwach ausgeprägt. Die Menschen dort erführen den Staat in ihrem Leben nämlich als wenig wirksam und zuverlässig, so dass das private Umfeld eine ungleich höhere Bedeutung habe als in der deutschen Kultur. Folgerichtig würden die persönlichen Lebensumstände weniger auf den Staat als auf die eigene Anstrengung und Leistung bezogen. Während seines Vortrags ging er immer wieder auf Nachfragen der Schülerinnen und Schüler ein und zog zur Veranschaulichung eigene Erfahrungen aus Moskau heran. Dr. Kashirskikh, an der Julius-Maximilian-Universität promoviert, hielt im Sommersemester 2024 ein Seminar zum Thema „Populism and Political Identity in Online Political Discourse“ an der Freien Universität Berlin und forscht auch zu diesem Thema. Ergebnisse aus seiner wissenschaftlichen Arbeit waren die Basis für seinen Vortrag. Diese Kombination aus Theorie und Authentizität begeisterte so, dass wir uns schon jetzt auf ein Wiedersehen und einen neuen Vortrag von Dr. Kashirskikh im nächsten Schuljahr freuen.