Kreisausschusssitzung
Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag mehrheitlich ein Ja zum Haushalt 2023
Mit sieben zu sechs Stimmen hat der Kreisausschuss am Montag, 17. Juli, dem Kreistag die Annahme des Haushaltsentwurfs 2023 bei einem gleichbleibenden Kreisumlagehebesatz von 39 Prozent empfohlen. Nach der Vorstellung des Entwurfs durch Kämmerer Steffen Krämer diskutierte der Ausschuss noch rund eine Stunde über das Zahlenwerk. Den Empfehlungsbeschluss trafen die Ausschussmitglieder aus Reihen der Freien Wähler, der Neuen Mitte, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP und SPD, die sechs Gegenstimmen kamen von CSU, ÖDP und von einem Mitglied der Grünen-Fraktion.
Landrat Jens Marco Scherf ging auf die wichtigsten Eckpunkte ein: Als positiv bewertete er die gestiegene Umlagekraft, den außerordentlichen Ertrag durch Veräußerung der Gründerzentrum-Immobilie im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung der ZENTEC GmbH sowie Investitionen von rund 40 Millionen Euro in den vergangenen drei Krisenjahren. Auch lobte er den hohen Einsatz der Mitarbeitenden des Landratsamts und im Jobcenter bei der Umsetzung der neuen Regelungen zum Bürgergeld, zum Wohngeld sowie bei der Bewältigung der aktuellen Fluchtkrisen. „Was unser Personal momentan leistet, ist jenseits aller Belastungsgrenzen“, fand er anerkennende Worte. Als negativ bewertete er den immer höher werdenden Zuschussbedarf für Jugendhilfe und den Sozialbereich. Die Ausgaben inklusive Bezirksumlage seien in einem Jahr um 7 Millionen auf 60 Millionen Euro gestiegen. Kritik äußerte er an den vielen von Bund und Freistaat zugewiesenen Aufgaben, die nicht entsprechend vergütet würden. Alleine die Finanzierungslücke für übertragene Aufgaben belaufe sich nach anerkannten Berechnungen zufolge auf nicht erstattete 3,5 Millionen Euro pro Jahr. Scherf bat darum, in Sachen Finanzierung kommunaler Aufgaben nicht zwischen Gemeinden und Landkreis gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben, sondern gemeinsam für eine ausreichende staatliche Finanzierung zu ringen. Auch aus Reihen des Kreistags reiche es nicht, Sparappelle zu formulieren, sondern zum Beispiel bei den freiwilligen Leistungen konkrete Einsparpotenziale finden, forderte er. Aufgabe der kommunalen Spitzenverbände sei es, in München und Berlin gemeinsam darauf hinzuweisen, dass die Finanzierung der Kommunen auf ein belastbares Fundament gestellt werden müsse.
Kreiskämmerer Steffen Krämer ging anschließend auf die konkreten Zahlen des Haushalts 2023 ein. Als Basis für den diesjährigen Haushalt wird die Umlagekraft des Landkreises herangezogen, die bei rund 177,26 Millionen Euro liegt; 14,8 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Vor allem die Gewerbesteuer hat hier mit einem Anstieg von 22,8 Prozent von 50,76 auf 62,33 Millionen Euro einen großen Anteil, aber auch die
Einkommensteuerbeteiligung steigt um 8,9 Prozent auf 65,84 Millionen Euro. Gesunken sind die gemeindlichen Schlüsselzuweisungen um 8,4 Prozent von 26 Millionen auf 23,85 Millionen Euro. Das bedeutet eine Umlagekraft von 1.376 Euro pro Einwohner, was dem Landkreis Platz 1 in Unterfranken beschert.
Ein Blick auf die Erträge: Die Einnahmen aus der Kreisumlage steigen bei einem Hebesatz von 39 Prozent um 5,76 Millionen Euro auf 69,13 Millionen Euro, die Schlüsselzuweisungen steigen um 190.800 Euro auf 23,92 Millionen Euro, der Anteil an der Grunderwerbsteuer sinkt um eine Million Euro auf 1,6 Millionen Euro, das überlassene Kostenaufkommen sinkt um 308.000 Euro auf 3,36 Millionen Euro, dazu kommt ein außerordentlicher Ertrag von 1,58 Millionen Euro durch die Veräußerung des ZENTEC-Gebäudes gemäß des Landkreisanteils.
Bei den Aufwendungen fällt vor allem die um fast 3 Millionen Euro höhere Bezirksumlage auf, die rund 35,5 Millionen Euro beträgt. Die Personalkosten steigen um 2,8 Millionen Euro auf 30,14 Millionen Euro, an Abschreibungen fallen 10,52 Millionen Euro an (+ 523.000 Euro), an Bauunterhalt 4,48 Millionen Euro (+ 2,42 Millionen Euro, unter anderem wegen des neuen Glasbodens in der Untermainhalle für 1,9 Millionen Euro). Rund 385.000 Euro mehr muss der Landkreis für gestiegene Strom- und Heizkosten aufwenden (1,83 Millionen Euro). Der Bereich Kinder, Jugend und Familie benötigt einen Zuschuss von 15,45 Millionen Euro (+ 2,13 Millionen Euro), Sozialwesen/Wohngeld/Jobcenter braucht 8,73 Millionen Euro (+ 1,63 Millionen Euro). Für die Gastschulbeiträge braucht es 1,1 Millionen Euro (+ 109.000 Euro), für den ÖPNV schießt der Landkreis 2,14 Millionen Euro zu (+ 573.000 Euro).
Bei den Personalkosten erwartet Krämer einen Bruttobetrag von 30,14 Millionen Euro (+ 10,2 Prozent), nach Personalkostenerstattungen verbleiben 23,63 Millionen Euro (+ 10,8 Prozent). Laut Landrat Jens Marco Scherf fallen unter dem Strich 13,65 Vollzeitäquivalente mehr an als im Vorjahr. Er erläuterte die neuen Stellen, die allesamt notwendig sind und zum größten Teil für Aufgaben benötigt werden, die für die Umsetzung neuer Gesetze notwendig werden: etwa für die Wohngeldreform, für Bildung und Teilhabe, für die Vormundschaftsreform, aufgrund steigender Fallzahlen in der Eingliederungshilfe und der Teilhabe, aufgrund der hohen Anzahl von Flüchtlingen sowie aufgrund der Verschärfung von Waffenkontrollen. Kfz-Zulassung und Führerscheinstelle benötigen mehr Personal – unter anderem wegen der Daueraufgabe des Pflichtumtauschs aller Führerscheine –, und auch das Gesundheitsamt braucht eine Stelle mehr – um nur einige Stellen zu nennen.
Ein Blick auf die Investitionen: Für Baumaßnahmen sind 15,2 Millionen Euro vorgesehen. Darunter fallen etwa 5,85 Millionen Euro für Lüftungsanlagen in Schulen (die Fördersumme hierfür beträgt 3,3 Mio. €), 4,4 Millionen Euro für die Zweifachturnhalle in Obernburg, 1,9 Millionen Euro für Baumaßnahmen an Kreisstraßen, 1,3 Millionen Euro für die Abfallwirtschaft (unter anderem für die neue Deponiegasanlage und eine Photovoltaikanlage in Guggenberg). 5,46 Millionen Euro sind für den Erwerb von
beweglichem Sachvermögen vorgesehen, davon 3,6 Millionen Euro für die Landkreisschulen hiervon wiederrum 3 Millionen Euro für die Digitalisierung), 650.000 Euro für Hard- und Software (Informationstechnik) und 660.000 Euro für Brand-und Katastrophenschutz. Für Investitionsfördermaßnahmen wie etwa die gemeindliche Radwegförderung (250.000 Euro) sind 390.000 Euro eingestellt. 1,23 Millionen Euro plant der Kämmerer für den Erwerb von Grundvermögen und Grundstücken ein. Insgesamt
der Landkreis in diesem Jahr Investitionen von 22,3 Millionen Euro vor. Um diese Investitionen zu finanzieren, geht der Landkreis angesichts nicht vorhandener liquider Mittel in die Verschuldung, zeigte Krämer auf, der Ende des Jahres mit einem Schuldenstand von 26,3 Millionen Euro rechnet; Ende 2022 waren es noch 17,3 Millionen Euro. Lag die Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Ende 2022 noch bei 134 Euro, wird dieser Wert Ende 2023 auf 202 Euro steigen.
Im Ergebnishaushalt verbleibt in diesem Jahr ein negatives Jahresergebnis von fast 1,9 Millionen Euro, im Finanzhaushalt ein Minus von 9,5 Millionen Euro. Dieses negative Ergebnis kann nur durch eine Nettoneuverschuldung von 9 Millionen Euro ausgeglichen werden. Krämer rechnet allerdings in den nächsten Jahren wieder mit leicht positiven Jahresergebnissen: 2024 und 2025 mit jeweils 2 Millionen Euro, 2026 mit 1,2 Millionen Euro.
Kreisumlage: Mit einem Hebesatz von 39 Prozent liegt der Landkreis Miltenberg in Unterfranken an letzter Stelle, alle andere Landkreise erheben zum Teil deutlich höhere Hebesätze: Spitzenreiter ist hier der Landkreis Main-Spessart mit aktuell 47,5 Prozent, der Landkreis Rhön-Grabfeld mit 47,2 Prozent, gefolgt vom Landkreis Haßberge mit 47,1 Prozent. Der Nachbarlandkreis Aschaffenburg verlangt 44,7 Prozent.
Bei der Erstellung des Haushalts habe er auch die finanzielle Situation der Kommunen berücksichtigt, verwies Krämer auf ausführliche Daten im Haushaltsbericht.
Ausblick: In den nächsten Jahren zeichnen sich Kreisumlagen-Erhöhungen von 43 Prozent (2024), 45,5 Prozent (2025) und 48 Prozent (2026) ab. In diesen Zeiträumen sind Investitionen von 17,9 Millionen Euro (2024), 14,3 Millionen Euro (2025) und 21,9 Millionen Euro (2026) geplant – vorrangig in den Neubau der Berufsschule Miltenberg.
In der anschließenden Diskussion meldeten sich zahlreiche Ausschussmitglieder zu Wort. In den Wortmeldungen wurden die Investitionen verteidigt und es ging um mögliche Einsparungen – etwa bei den freiwilligen Leistungen –, die Stellenmehrungen und die düsteren Aussichten für die Kommunen in den kommenden Jahren sowie die Erhöhung der Kreisumlage in der Mittelfristplanung. Kurz wurde auch der bereits beschlossene und in Umsetzung befindliche Einbau eines Glasbodens in der Untermainhalle angesprochen. Der Landrat bat die Fraktionen um konkrete Einsparvorschläge. Auch in der AG Stellenplanentwicklung könnten jederzeit Stellenbereiche näher untersucht werden im Hinblick auf mögliche Einsparungen. Zur Personalstellendiskussion äußerte sich Scherf mit den Worten, der Druck auf das Personal sei bereits jetzt in vielen Bereichen extrem hoch und die Belastungen seien enorm. Die Personalsteigerungen hätten im Übrigen alle Landratsämter, stellte er klar. Über den Haushalt wird nun der Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Montag, 24. Juli, um 14 Uhr im großen Sitzungssaal des Landkreises beschließen.
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