Landkreis Miltenberg
Haushalt 2022 ist unter Dach und Fach

Der Haushalt des Landkreises Miltenberg für das laufende Jahr 2022 ist unter Dach und Fach: Der Kreistag verabschiedete das Zahlenwerk in seiner Sitzung am Montag, 17. Oktober in großen Teilen einstimmig (Investitionsprogramm und Haushaltssatzung), der Finanzplan wurde mit großer Mehrheit beschlossen und gegen den Stellenplan stimmte ein Kreisrat. Aufgrund langanhaltender personeller Ausfälle in der Kämmerei wurde der Haushalt erst spät beschlossen, 2023 soll er im Juli und von 2024 an wieder im Frühjahr verabschiedet werden.

Zu Beginn seiner Haushaltsrede ging Landrat Jens Marco Scherf deshalb auf die personelle Perspektive der Landkreisverwaltung ein. Um die personelle Ausstattung sicherzustellen, betreibe der Landkreis verstärkte Aus- und Weiterbildung, man setzte ein Perspektivenprogramm für den altersbedingten Wechsel von Führungskräften um und baue den Stellenplan bedarfsgerecht aus. Damit schlug Scherf den Bogen zu den 30 neuen Stellen im Stellenplan 2022, von denen maximal 25 in diesem Jahr tatsächlich
besetzt werden. Im Stellenplan fielen neben dem vom Jugendhilfeausschuss genehmigten Stellenpaket von 7,4 Vollzeitäquivalenten besonders acht Vollzeitäquivalente im Sozialbereich in Folge der Ukraine-Krise ins Gewicht. Die Stellenressourcen sollten zudem ausreichen für die Umsetzung diverser Maßnahmen der Bundes- und Landespolitik in Folge der Energiekrise – etwa beim Wohngeld und der Grundsicherung. Um nicht noch mehr Stellen zu benötigen, wäre es laut Landrat wichtig, dass die große Politik die Vorgaben vereinfache. Scherf kritisierte das „bürokratische Monster“ des Digitalpakts des
Bundes mit „brutal hohem Aufwand“, aber auch die aktuelle Verkomplizierung des Wohngeldgesetzes. Im Landratsamt habe man kurzfristig den Wohngeldantrag bei der Digitalisierung priorisiert und erhoffe sich spürbare Beschleunigungseffekte. Die gemeinsame Arbeitsgruppe von Verwaltung und Fraktionen zur Stellenplanentwicklung habe bereits erste Ergebnisse gezeigt, beispielsweise habe man im Jugendamt ein Einsparpotential von einer ganzen Stelle bei einer veränderten Struktur entdeckt. Auch andere Arbeitsgruppen zu den Themen Hallenboden und Energiewende leisteten hohen Einsatz, lobte Scherf.

Für den Landrat ist der Kreishaushalt von Investitionen in Höhe von 11,7 Millionen Euro geprägt. Dies könne man sich aufgrund soliden Wirtschaftens, deutlicher Umlagekraftsteigerungen und konsequenten Schuldenabbaus von 55 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 17 Millionen Euro Ende 2022 leisten, so der Landrat. „Wir halten das hohe Investitionsniveau seit 2015, um den Sanierungsstau abzuarbeiten, und müssen Kurs halten“ auch beim Schulbauprogramm III mit Schwerpunkt auf Neubau und Generalsanierung der Berufsschule Miltenberg-Obernburg am Standort Miltenberg. Er skizzierte die größten Investitionsvorhaben wie die Generalsanierung des Miltenberger Gymnasiums im 4. Bauabschnitt (3,2 Millionen Euro), die Digitalisierung der Kreisschulen (1,84 Millionen Euro), die Sanierung von Kreisstraßen (1,67 Millionen Euro), den Einbau von Raumluftanlagen in den Schulen (725.000 Euro) und viele weitere, wie sie bereits im Kreisausschuss vom Kreiskämmerer vorgestellt worden waren.

Die Mittelfristplanung der Jahre 2023 bis 2025 weise den Weg für das Jahrzehnte-Projekt Berufliche Bildung, so Scherf. Das sei aufgrund des Abbaus der Verschuldung möglich –trotz des Schulbauprogramms II, der Übernahme des Karl-Ernst-Gymnasiums Amorbach (mit Übernahme von 3,4 Millionen Euro städtischer Schulden) und der Erweiterung der Kreismülldeponie Guggenberg (6 Millionen Euro Kreditaufnahme im Jahr 2018).
Bei der Erstellung des Haushalts habe man die Belange der Kommunen berücksichtigt, erklärte der Landrat und verwies auf eine gesicherte Daten- und Informationsgrundlage aufgrund der von den Gemeinden angeforderten Finanzdaten. Demnach wiesen nach den Plandaten des Jahres 2021 rund 65 Prozent der Gemeinden eine geordnete bis günstige Haushaltslage auf, für das Jahr 2022 58 Prozent. „Somit liegen keine Anzeichen dafür vor, die vermuten ließen, dass die geplante Kreisumlage den Gemeinden ihre Finanzkraft auf Dauer entzieht“, fasste der Landrat zusammen. In der Diskussion verwies er auf die achtniedrigste Pro-Kopf-Belastung durch die Kreisumlage unter allen 71 bayerischen Landkreisen.

Man arbeite auch intensiv an der Kreisentwicklung, verwies Scherf beispielhaft auf die Regionalentwicklung auf der Ebene ZENTEC, die Initiative bayerischer Untermain und die starke Präsenz in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main, die Arbeit an der Energiewende (Regionaler Planungsverband, Energieagentur Untermain), internationale Kooperationen mit dem polnischen Landkreis Legionowo und dem tansanischen Landkreis Njombe, die Arbeit an der Mobilitätswende (Remosi, Ausbau Maintalbahn und Schienengüterverlagerung) sowie das Projekt Biosphärenreservat im Spessart.

Der Ausblick zeige angesichts der drohenden Rezession deutlich erschwerte Rahmenbedingungen, glaubt Scherf und verwies auf künftig erhebliche Steuermindereinnahmen sowie Mehrausgaben für den Landkreis. „Die finanziellen Spielräume werden kleiner, weshalb wir auch die Option, die Gemeinden wie früher über die Kreisumlage an der Finanzierung der Investitionen zu beteiligen, aktuell nicht in Erwägung ziehen“, stellte er fest und begründete damit die Höhe der geplanten Kreditaufnahme in der Mittelfristplanung. Dank der engagierten Arbeit des Kreistags sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaue er dennoch zuversichtlich nach vorne, schloss der Landrat.

Für die CSU-Fraktion begrüßte Dr. Armin Bohnhoff die Kreisumlage von 39 Prozent. Er plädierte dafür, mehr Home-Office-Plätze einzurichten, um Büroraum im Landratsamt zu sparen. Auch gelte es, die Digitalisierungsprozesse zu beschleunigen. Die finanzielle Situation der Gemeinden werde sich verschlechtern, deshalb bereite ihm die geplante Erhöhung der Kreisumlage in den Jahren 2024 und 2025 Sorgen. Als positiv empfand er es, dass man die Fläche des Raumprogramms für die Berufsschulsanierung verringert habe, was die Kosten senke. Er regte an, noch mehr mit den Ausbildungsbetrieben zu kooperieren, um weiter Kosten zu verringern. Auch schlug er die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Intelligentes Sparen“ vor. Angesichts geringer werdender Einnahmen werde man sparen müssen, so der Fraktionsvorsitzende.

Thomas Zöller (Freie Wähler) sah den Haushalt als „absolut unproblematisch“ an. Die Kosten für die Sanierung der Berufsschule würden hoch sein, sagte er und wies auf bald sechs Kommunen hin, die Stabilisierungshilfe benötigen. Deshalb könne man das Geld für die Berufsschulsanierung nicht von den Kommunen einfordern, das müsse wie geplant über Kredite geschehen. Zöller sah den Kreis in der Pflicht, den jungen Menschen eine ordentliche Berufsschule zur Verfügung zu stellen, deshalb sage man eindeutig Ja zur Sanierung. Er verwies hier auf einen „massiven Sanierungsstau“, den man angehen müsse – notfalls könne man mit den Freien Wählern über eine Verlängerung der Bauzeit reden.

Für Bündnis 90/Die Grünen ging Marion Becker auf die Nutzung alternativer Energien ein. Dem Landkreis bescheinigte sie gelungene Anstrengungen – etwa durch Nutzung der Photovoltaik auf Landkreisliegenschaften, die auch weiterhin auf geeigneten Flächen vorangetrieben werde. Die Sanierung mit Neubau der Berufsschule lasse keinen Aufschub zu, stellte sie fest, die Aufträge seien auch wichtig für die Wirtschaft. Den ÖPNV gelte es weiter auszubauen, sagte sie, bei der Förderung des Radverkehrs sei man auf der richtigen Spur. Auch wenn die fetten Jahre vorbei seien, so forderte sie dennoch auf, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen.

Karl-Heinz Paulus wies im Namen der SPD auf die großen Krisen der Zeit hin, die Landkreis und Bürger*innen fordern. In Sachen Energieversorgung bescheinigte er dem Kreis, schon einiges getan zu haben – etwa mit dem Bau von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Liegenschaften und der Nutzung von Holzpellets, so dass man fast komplett unabhängig vom Gasbezug sei. Er sprach sich dafür aus, neue Anlagen von regionalen Gesellschaften entwickeln zu lassen. Auch müsse man einen stabilen Rahmen für den Katastrophenschutz bereitstellen – unter anderem mit dem Neubau der Rettungswache in Miltenberg. Die SPD stehe voll und ganz hinter dem Schulbauprogramm III, stellte Paulus klar. Neubau und Sanierung der Berufsschule seien wichtig für Wirtschaft und Gesellschaft, so Paulus.

Die Neue Mitte sage laut Günther Oettinger Ja zum Haushalt. Er kündigte energischen Widerstand an, sollte man die Sanierung der Berufsschule strecken. Viele Räume seien nicht nutzbar, da man diese Schule lange vernachlässigt habe. Die Neue Mitte schaue mit Mut und Zuversicht in die Zukunft, stellte er fest und dankte allen, die mit ihren Steuerzahlungen Investitionen des Landkreises ermöglichen. Dringend notwendig sei es auch, endlich mit dem Bürokratieabbau zu beginnen.

Für die FDP mahnte Frank Zimmermann angesichts steigender Schulden, dass man lange brauchen werde, um davon wieder herunter zu kommen. Auch die nächste Generation müsse noch handlungsfähig sein, sagte er. Man dürfe deshalb die regelmäßige Schuldentilgung nicht vergessen, mahnte er. Bei allen Maßnahmen müsse man darüber nachdenken, „was man will und was man sich leisten kann“, sagte er und wünschte „uns allen ein maßvolles Händchen.“

Regina Frey (ÖDP) sprach von „Bauschmerzen“ angesichts des Haushalts – in erster Linie wegen des Stellenplans, der von einer Stellenmehrung gekennzeichnet sei. „Mittelfristig müssen substanziell Stellen abgebaut werden", forderte sie. Nur so werde man es schaffen, notwendige Überschüsse für die Finanzierung der Investitionen zu erwirtschaften. Die ÖDP werde auch beantragen, die Priorisierung der
Erweiterungsplanung für das Landratsamt nach hinten zu schieben. Die ÖDP fordere auch weiterhin, die Kosten von externen Expertisen vorzulegen.

Alle Fraktionen, auch Landrat Jens Marco Scherf, dankten Kreiskämmerer Steffen Krämer ausdrücklich für die Haushaltsvorlage. Scherf ging in der Folge einiger Redebeiträge noch kurz auf die finanzielle Situation der Kommunen ein und legte dar, dass der Anteil der Kommunen an der Umlagekraft in den vergangenen Jahren stets deutlicher gestiegen seials der Anteil des Landkreises und des Bezirks.

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