Energiewende
Energiewende gemeinsam und schnell angehen

Eine intensive Debatte entspann sich am Montag im Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus zum Thema Energieversorgung, nachdem der Leiter der Energieagentur Bayerischer Untermain, Marc Gasper, darüber referiert hatte, wie die kommunale Ebene die Energiewende meistern kann.

Gasper stellte den Energiemonitor vor, der für die Region viertelstündlich zeigt, wieviel Strom erzeugt und verbraucht wird, wie hoch der Anteil der regenerativen Energien ist und wie viel Strom aus anderen Quellen benötigt wird, um die Energielücke zu schließen (https://energiemonitor.bayernwerk.de/miltenberg-landkreis). Im Durchschnitt komme man auf eine Eigenerzeugungsquote von 64 Prozent, sagte Gasper und erkannte „noch viel Potenzial.“ Er belegte das mit Blick auf das Solarpotenzialkastaster (www.solare-stadt.de/bayerischer-untermain/), demzufolge nur vier Prozent der Dächer der Region mit Photovoltaik belegt seien.

Die kommunale Ebene habe mehrere Möglichkeiten, die Energiewende zu meistern, zeigte sich Gasper positiv gestimmt. So müsse man Ziele definieren, Pläne erstellen und Maßnahmen umsetzen. Es gelte zudem, die Energieeffizienz der kommunalen Liegenschaften im Blick zu behalten, auch müsse der Einsatz erneuerbarer Energien vorangetrieben und geprüft werden, welche Energieformen realistisch genutzt werden können. Die Bürgerschaft müsse man mitnehmen auf diesen Weg und über Potenziale, Ziele und Entwicklungen auf lokaler Ebene informieren. Die Energieagentur unterstütze die Kommunen bei ihren Bemühungen, versicherte Gasper und verwies auf eine Einstiegs- und Orientierungsberatung zum Klimaschutz. Es gebe mehrere, miteinander kombinierbare Konzepte zur Umsetzung der Energiewende vor Ort, nannte Gasper das Integrierte Klimaschutzkonzept und das energetische Quartierskonzept, ein Klimaschutzkonzept (Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz), ein Energiekonzept (Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) sowie den Energienutzungsplan (Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie).

Gerade der Energienutzungsplan sei sehr empfehlenswert, da er schlank und maßnahmenorientiert ausgestaltet sei. Grundlagenermittlung und Maßnahmenableitung, Abbildung der vorhandenen Energie- und Strominfrastruktur, Anleitung zur optimalen Bedarfsdeckung, Bestimmung der Potenziale regenerativer Energie, Umsetzungsplan mit Maßnahmenkatalog – so kann man sich diesen Plan vorstellen. Die Energieagentur unterstütze die Verwaltungen, so dass die Kommunen mit Beschlussvorlagen in ihre Gremien gehen und im besten Fall einen Förderantrag stellen können.
Einig war sich der Ausschuss in der Diskussion, dass auch in Folge des Ukraine-Kriegs extremer Handlungsbedarf besteht, zudem müsse die Energiewende endlich angegangen werden. Dazu sei es notwendig, die bürokratischen Hürden bei den Planungen abzubauen.

Laut Landrat Jens Marco Scherf gehe es von Seiten des Bundes zunächst darum, bis Mitte dieses Jahres die Rahmenbedingungen zu schaffen für den Ausbau regionaler regenerativer Energien. In der zweiten Hälfte brauche man eine belastbare Wasserstoffstrategie – Wasserstoff dort zu erzeugen, wo gerade nicht nutzbare Energie in Wasserstoff umgewandelt werden kann, und diese Energie danach vernünftig zu verteilen. Spätestens 2023 müsse die Planungsbeschleunigung vorangetrieben werden, das bislang vorherrschende Tempo reiche bei weitem nicht aus.

Was die Region zum Gelingen der Energiewende beitragen könne, skizzierte der Landrat an fünf Punkten: Grundlage sei mit der Aktualisierung des Klimaschutzkonzepts das Klären der Frage, was an Energie benötigt werde, was maximal erzeugbar ist und wer die Erzeugung umsetzt. Regionalplanerisch müsse man ebenfalls handeln – neben der Bereitstellung einer Freiflächen-Photovoltaik-Planungshilfe müssen die neuen rechtlichen Möglichkeiten für die Nutzung von mehr Windkraft auch in den Landschaftsschutzgebieten von Spessart und Odenwald umgesetzt werden. „Was funktioniert schnell, was funktioniert einfach“, das müsse man laut Scherf klären. Als dritte Säule nannte Scherf die Möglichkeiten der Kommunen, selbst aktiv zu werden – etwa mit dem Energienutzungsplan. Als vierte Säule stellte Scherf die kommunalpolitische Beschäftigung mit der Thematik heraus. Das sei beispielsweise auf Workshop-Ebene mit Politik, Unternehmen und Energieversorgern in einem ersten Schritt auf Kreisebene bereits geschehen, blickte Scherf auf eine Veranstaltung zurück, bei der es unter anderem darum gegangen war, ob und wie regional erzeugte Energie regional zu vermarkten sei, um dies nicht Großinvestoren zu überlassen. Eine von ihm einberufene Arbeitsgruppe werde sich weiter mit dem Thema beschäftigen, so auch mit der Möglichkeit einer Resolution zur Energiewende in regionaler Hand, um die Impulse aus der Diskussion im Wirtschaftsausschuss aufzunehmen.

Als fünfte und äußerst wichtige Säule nannte der Landrat die Mitwirkung der Bevölkerung: „Wir brauchen eine positive Haltung zu Energiewende.“ Scherf warnte davor, einzelne regenerative Energieformen zu verteufeln und stets auf andere Formen zu verweisen. Der Landrat zeigte sich davon überzeugt, dass man alle Energieformen brauche: Photovoltaik auf Dächern und auf Freiflächen, Windkraft, Wasserkraft und alle weiteren Formen wie Biomasse und Wasserkraft. Die Kommunalpolitik müsse den Bürger*innen verdeutlichen, dass man eine vernünftige regionale Energieerzeugung nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes benötige, sondern auch, um den Verlust der regionalen Industrie zu verhindern. „Wir müssen das jetzt anpacken“, so der Landrat. Es gehe darum, den Menschen reinen Wein einzuschenken und alle anzuhören, stellte er fest, aber man könne es nicht allen Menschen rechtmachen und das demokratische Prinzip heiße nun einmal, dass Entscheidungen eine Abwägung zugrunde liegt und letztlich die Mehrheit zählt – egal wie deutlich diese ausfällt.

Die dramatisch steigenden Energiepreise machten schnelles Handeln notwendig, so mehrere Wortmeldungen im Gremium, auch wenn man sich darüber klar sein müsse, dass alle Maßnahmen auf regionaler Ebene kurzfristig noch keine Entlastungen bringen werden. Es gelte, schnell und gemeinsam zu planen, damit man in zwei bis drei Jahren entscheidende Schritte nach vorne kommen werde, so das Fazit im Ausschuss. Betont wurde, dass man die Bevölkerung über den Ernst der Lage informieren müsse und Projekte zur regionalen Energieerzeugung mit politischer Standhaftigkeit anzupacken.

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