Wieviel Betreuung steckt im Betreuten Wohnen?
Seniorennetzwerktreffen nimmt ambulante Wohnform unter die Lupe

Im Alter und bei Unterstützungsbedarf selbstbestimmt in den eigenen Wänden leben, das wünschen sich die meisten Menschen. Wenn der bisherige Wohnraum zu groß wird oder zu viele Barrieren enthält, beginnt die Suche nach Alternativen. Schnell stößt man dabei auf Angebote des „Betreuten Wohnens“. Viele Menschen verbinden damit eine klare Vorstellung: Leben in einer eigenen, barrierefreien Wohnung, im Bedarfsfall ist Hilfe vor Ort und schnell zur Hand und Gesellschaft im ähnlichen Alter ist auch vorhanden. Die ideale Wohnform also fürs Alter.

Doch entspricht das auch der Realität? Und wie sieht die Finanzierung aus? Diesen Fragen gingen die Teilnehmenden des gut besuchten Seniorennetzwerktreffens am 26.09.2023 im Landratsamt Miltenberg nach. Christina Jung, Fachstelle Altenhilfeplanung am Landratsamt hatte dazu Expertinnen und Experten aus Beratungsstellen und Ansprechpersonen für diese ambulanten Wohnformen eingeladen. Schnell wurde klar: DAS Betreute Wohnen gibt es nicht! Der Begriff sei gesetzlich nicht definiert und somit auch nicht geschützt, informierte Marco Andres von der Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige (BSA). Es gäbe weitere Bezeichnungen wie Service-Wohnen, Wohnen plus, Mehrgenerationenwohnen und vieles mehr. Ebenso verschieden seien auch die dahinterstehenden Konzepte und Kosten. Zu den Merkmalen
einer betreuten Wohnform zähle es, dass sich mehrere zumindest seniorengrechte Wohnungen an einem Standort befänden und neben dem Mietvertrag ein Servicevertrag abgeschlossen werden müsse, indem beispielsweise Hausnotruf, Hausmeisterdienste und Nutzung von Gemeinschaftsräumen festgeschrieben werden. Die Miete liege nicht selten 20% über der ortsüblichen Miete und müsse selbst aufgebracht werden. Je nach Bedarf könnten Leistungen zur Betreuung und Pflege kostenpflichtig hinzugebucht werden. Letztlich komme es auf die individuellen Wünsche und das eigene Budget an, welche Wohnform in Frage komme, schloss Andres. Beratung beispielsweise durch die BSA sei hierbei ebenso hilfreich wie der Vergleich mehrerer Angebote.

Wie unterschiedlich Angebote des Betreuten Wohnens ausgestaltet sein können, zeigten Matthias Schiller, Einrichtungsleiter des Hauses Maria Regina Miltenberg, und Frank Wegner-Leisner, stellvertretender Geschäftsführer der Caritas Sozialstation St. Johannes e. V.

In Miltenberg liegt das Service-Wohnen in unmittelbarer Nähe zum Pflegeheim Haus Maria Regina. In Ein- oder Zwei-Zimmer-Appartements können die Mieter selbständig wohnen und, wenn gewünscht, auch mit den Bewohnern des Pflegeheimes gemeinsame Aktivitäten unternehmen. Dies ermögliche ein erfülltes Leben in Gemeinschaft, wie Schiller mit vielen Beispielen zeigen konnte. In der Servicepauschale sei zum Beispiel der Hausmeisterdienst enthalten. Hausnotruf, Essen oder Unterstützung bei der Pflege müsste kostenpflichtig beim Anbieter der eigenen Wahl dazu gebucht werden. So schön das Leben im Service-Wohnen sein könne, bei einem zunehmenden Pflegebedarf oder einer fortschreitenden Demenz sei dennoch ein Umzug in ein Pflegeheim häufig nicht vermeidbar, stellte Schiller klar.

Im Theresienwohnpark Wörth stehe den Mietern 2x wöchentlich für drei Stunden eine Fachkraft der Caritas als Ansprechperson zur Verfügung. Dieses Beratungsangebot werdeüber eine grundsätzliche Servicepauschale zusätzlich zur Miete finanziert, erklärte Frank Wegner-Leisner. In Erlenbach profitierten die Mieter der rund um die Büroräume der Sozialstation gelegenen Wohnungen vom örtlichen Seniorentreff, der von der Caritas organisiert werde. In beiden Wohnanlagen könnte die Caritas-Sozialstation als
Pflegedienst beauftragt werden, es bestehe aber auch hier Wahlfreiheit. Man müsse stärker die Quartiere in den Blick nehmen, in denen die Wohnungen lägen. Es gäbe daher Planungen, das bestehende Konzept beispielsweise mit einem Quartiersmanagement zu kombinieren. So könnten tragfähige Strukturen geschaffen werden, die ein möglichst selbständiges Leben bis ins Alter ermöglichten, ist sich Wegner-Leisner sicher. Abschließend informierte Franziska Hofmann, BSA, über die Möglichkeiten von Wohngeld
Plus und Hilfe zur stationären Pflege. Beides sind finanzielle Unterstützungsformen für Menschen, die im Pflegeheim leben und die Kosten nicht mehr selbst stemmen können. Das Team der BSA berät zu beiden Themen.

Das Fazit der Teilnehmenden zum Betreuten Wohnen fiel letztlich gemischt aus: Kritisch werden die hohen Kosten gesehen, die sich nicht jeder ältere Mensch leisten könne sowie die Fülle an Konzepten. Gleichzeitig gäbe es so seniorengerechte Wohnungen, die dringend benötigt würden. Betreute Wohnkonzepte ermöglichten zudem einen möglichst eigenständigen Lebensstil und gesellschaftliche Teilhabe auch bis zu einem gewissen Unterstützungsbedarf. Angesichts der Herausforderungen durch den demografischen Wandel sei es auf jeden Fall für einen Teil der älteren Bevölkerung eine in Frage kommende Wohnform.

Mehr zum Thema gibt es zum Beispiel im Online-Seniorenwegweiser des Landkreis Miltenberg www.seniorenwegweiser.kreis-mil.de - Wohnen im Alter - Betreutes Wohnen und auf der Homepage der Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige www.seniorenberatung-mil.de.

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