Ambulante Hilfe
Weitere heilpädagogische Tagesstätte geplant

Wenn die ambulante Hilfe für junge Menschen in stark belasteten Familien nicht ausreicht und eine stationäre Unterbringung nicht in Frage kommt, gibt es sogenannte Heilpädagogischen Tagesstätten. Die drei Standorte im Landkreis, die vom Diakonischen Werk im Auftrag des Landkreises betrieben werden, sind ausgebucht, so dass – die Zustimmung des Kreistags vorausgesetzt – eine vierte Einrichtung in Wörth ihren Betrieb aufnehmen soll. Das wäre für den Landkreis mit 300.000 Euro Mehrkosten pro Jahr im Jugendhilfehaushalt verbunden. Der Jugendhilfeausschuss empfahl dies dem Kreistag einstimmig, nachdem Professor Dr. Gunter Adams (Diakanonisches Werk) die Vorzüge der Tagesstätten erläutert hatte.

Diese Tagesgruppen unterstützen die Familie bei der Erziehung von jungen Menschen; sie ergänzen die familiäre Erziehung. Das funktioniert dann, wenn die Familie insgesamt intakt ist, aber Defizite bei der Erziehung vorliegen. Laut Adams unterstützt diese Form der Erziehung die Entwicklung von Mädchen und Jungen durch soziales Lernen in der Gruppe, sie begleitet die schulische Förderung und sichert so den Verbleib des Kindes in der Familie. Fachkräfte der Tagesgruppe arbeiten dabei eng mit Familie und Schule zusammen. Dabei geht es um Kinder und Jugendliche mit dem gesamten Spektrum von Problemlagen, erklärte Adams. Um ein Kind zu stabilisieren, brauche es in der Regel zwischen einem Jahr und zwei Jahren, verwies er auf eine Studie. Unter anderem in Folge der Corona-Maßnahmen hätten solche Problemlagen stark zugenommen, deshalb benötige man eine zusätzliche Gruppe mit neun Plätzen. Die Tagesstätten in Himmelthal, Elsenfeld und Miltenberg seien komplett belegt, so dass man zum 1. Dezember in Wörth mit einer weiteren Gruppe mit neun Plätzen starten möchte. Die Kosten für den Dezember 2022 könne man aus Mitteln des Jugendamts sicherstellen, ergänzte Jugendamtsleiter
Rüdiger Rätz, für 2023 benötige man rund 300.000 Euro. Dies rechne sich dennoch, verdeutlichte Rätz mit Zahlen: Ein Platz pro Kind kostet hier durchschnittlich 2.400 Euro pro Monat, eine stationäre Unterbringung dagegen würde mit mindestens 6.000 Euro zubuche schlagen. So fahre man zu einen günstiger, zum anderen wirke man Problemen rechtzeitig entgegen.

Jeweils einstimmig erkannte der Ausschuss den Bedarf an Jugendsozialarbeit an den Grundschulen Großheubach und Kleinwallstadt an. In Großheubach geht es um 19,5 Stunden pro Woche. Die Gemeinde war bereits 2015 auf eigene Kosten und ungefördert in die Jugendsozialarbeit eingestiegen und stellte nun nach einjähriger Vakanz der Stelle zum 1. September 2023 einen Förderantrag.

In Kleinwallstadt wird der Umfang auf 30 Stunden pro Woche erhöht, nachdem die Schule mit über 250 Schüler*innen an drei Standorten deutlichen Mehrbedarf gemeldet hatte. Sowohl in Großheubach wie auch in Kleinwallstadt haben sich die Fallzahlen erhöht, auch werden die Fälle zunehmend akuter
und komplexer.

Ebenfalls einstimmig sprach sich der Ausschuss dafür aus, die Verwaltungsarbeit im Sprachvermittlungsprojekt beim Verein Frauen für Frauen (Erlenbach) finanziell stärker zu fördern. Da aufgrund starker Inanspruchnahme des Dienstes eine Verwaltungskraft (17 Stunden 450/520 Euro) nicht ausreicht, finanziert der Landkreis nun eine zweite Kraft mit ebenfalls 17 Stunden und 520 Euro. Nilüfer Ulusoy und Sabina Fuchs, beide vom Verein, stellten die umfangreich zu leistende Verwaltungsarbeit vor, bei der man mit nur einer Kraft an Grenzen stößt. Wie groß der Bedarf ist, verdeutlicht eine Zahl: Im November 2022 liegt man bei 650 Einsätzen, die alle organisiert, abgerechnet und dokumentiert werden
müssen.

Mit 2.489 Euro unterstützt der Landkreis laut einstimmigem Votum des Ausschusses das Projekt „Lebenswirklichkeit in Bayern“ beim Verein Frauen für Frauen in Erlenbach. Dieses Projekt wird vom Freistaat zu 90 Prozent gefördert, bei der oben genannten Summe handelt es sich um den geforderten Eigenanteil von zehn Prozent. Das niederschwellige Projekt richtet sich an bleibeberechtigte Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund mit dem Ziel der Stärkung des Selbstbewusstseins und der eigenen Fähigkeiten. Dazu braucht es Unterstützung und Anleitung, um sich auf die deutsche Kultur und Werte einzulassen. Anhand von praktischen, alltagsbezogenen Angeboten werden die Teilnehmerinnen bei ihren Integrationsbemühungen unterstützt. Sie lernen, ihren Alltag aktiv zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dabei werden ihre Kultur und vorhandene Ressourcen wahrgenommen, wertgeschätzt und gefördert.

Rund 100.000 Euro wird den Landkreis im Haushaltsjahr 2023 die Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens zur „Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern“ (PeB) kosten. Der Ausschuss empfahl dem Kreistag, hierzu Ja zu sagen. Das Geld wird für die Beauftragung des für die Organisationsentwicklung benötigten Instituts benötigt. Konkret geht es laut
Jugendamtsleiter Rüdiger Rätz darum, die Personalbemessung und die Qualitätssicherung der Jugendhilfe sicherzustellen. Der PeB-Prozess ermöglicht demnach „dauerhaft eine transparente, an den Bedarfen angepasste Personalplanung und unterstützt prozessbegleitend auch die Ablauforganisation und insbesondere die Schnittstellen und das Ineinandergreifen der Arbeitsabläufe der zusammenarbeitenden Fachdienste im Jugendamt.“ Dabei, so Rätz, handele es sich um ein „sehr transparentes System für die gesamte Verwaltung“, das genau ausrechne, wie viele Stunden notwendig
sind, wo zu viele oder zu wenige Stellen vorhanden seien und wie die Fachdienste belastet sind. So soll es möglich sein, den Personalbedarf in Abhängigkeit der fachlichen Standards zu berechnen.

Der Ausschuss benannte weiter fünf neue Mitglieder des Präventionsausschusses. So übernimmt Kreisrat Dr. Hans Jürgen Fahn (ÖDP/BLU) den Sitz von Regina Frey, Maria Zeptke (Jugendhaus St. Kilian) für Greta Schulte, Claudia Joos (Jugendgerichtshilfe Landratsamt) für Anika Zimmermann, Robert Bauer (Polizei Obernburg) für Richard Salzer und Matthias Wienand (Amtsgericht Obernburg) für Dr. Sabine Lange.

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