Workshop
Starke Kinder widerstehen Süchten
Vereine nehmen in der Entwicklung von Kindern eine wichtige Rolle ein – nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch bei der Bildung persönlicher und sozialer Kompetenzen. Trainer*innen und Übungsleiter*innen kommt dabei eine wichtige Funktion zu. Wie sie das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl von Kindern und Jugendliche stärken können, wie sie ihre Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit fördern können, damit sie Nein zu Suchtmitteln sagen können – all dies zeigte der Sportwissenschaftler und ehemalige Weltklasse-Hürdenläufer Dr. Harald Schmid bei einem ganztägigen Workshop in der Niedernberger Hans-Herrmann-Halle 16 Teilnehmer*innen.
Dass der Sportwissenschaftler den Weg nach Niedernberg fand, war den Beteiligten des Pilotprojekts „Mensch! Coach“ zu verdanken, bei dem die Gemeinde Niedernberg (in Person des Gemeindepädagogen Timo Wöll) und der Landkreis Miltenberg mit der Fachstelle Suchtprävention, der kommunalen Jugendarbeit und der Fachstelle für bürgerschaftliches Engagement kooperieren. In Harald Schmid fand man einen perfekten Partner, denn Schmid engagiert sich seit über 25 Jahren in der Kampagne „Kinder stark machen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Mit dieser Aktion zur Suchtvorbeugung will die BZgA alle Erwachsenen, die Verantwortung für Kinder und Jugendliche tragen, erreichen mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche früh zu stärken,
sodass Sucht erst gar nicht entstehen kann. „Wir wollen sie dafür sensibilisieren für ihre Funktion bei Kindern und Jugendlichen“, sagt Schmid. „Sie sind Schlüsselfiguren, Bezugspersonen und Vorbilder und könnten ihnen viel für das Leben mitgeben“, führt Schmid aus. „Wie komme ich aus Problemen heraus, wie bewältige ich Stresssituationen, mit wem soll ich reden, wenn es mir schlecht geht?“, all dies lerne man im Sport. Der Sport lehre auch, an sich zu glauben, seine eigenen Stärken kennenzulernen und sich zu vertrauen. Man lerne aber auch, dass man nicht immer gewinnen kann, dass es manchmal auch schiefgeht. Schmid, der für seine Tätigkeit als Coach wertvolle Erfahrungen aus dem Hochleistungssport mitbringt, entwickelte mit der BZgA ein Schulungskonzept, das bundesweit umgesetzt wird. Trainer*innen und Übungsleiter*innen sollen so ausgebildet werden, dass sie Jugendliche stark machen.
Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit, Umgang mit anderen Menschen – all diese Faktoren tragen zum Erfolg bei, weiß Schmid aus seiner Erfahrung. Das Workshop-Programm hat er dementsprechend gestaltet. So gehören Bewegungsspiele dazu, denn er weiß: „Kinder wollen sich bewegen, wollen Spaß und Freunde.“ Genau das sei die Chance der Sportvereine, vermittelt er den interessiert Zuhörenden. Wie man gemeinsam Spaß haben kann, demonstriert er beispielsweise mit einem Spiel, wo die Übungsleiter*innen eine Trainerin auf Händen weitertragen und somit das Gemeinschaftsgefühl stärken. Ob das mit Kindern auch funktioniert, müsse man ausprobieren, so Schmid, erfahrungsgemäß funktioniere das ab dem sechsten Schuljahr.
Aber auch das Suchtverhalten thematisiert er mit Zahlen zu Todesfällen in Folge von illegalem Drogen-, Alkohol- und Tabakkonsum. Schon zehn Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen hätten Erfahrungen mit Cannabis-Konsum, weiß er, bei den Erwachsenen sind es sogar 40 Prozent. „Damit will ich euch sensibilisieren“, sagt er und geht auf riskanten Alkoholgenuss ein. Auch weist er auf die Gefahren hin, wenn ein entspanntes Gefühl beim Rauchen einer Zigarette oder einem Glas Rotwein später „missbraucht“ wird, wenn man versucht, damit Frust oder Enttäuschung abzubauen.
Übungsleiter*innen müssten den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sie starke Personen sein und Hürden überwinden können, ohne irgendwelchen Süchten zu verfallen. Schmid ist überzeugt: In Sportvereinen lernen junge Menschen, Grenzen auszuloten, Einsatzbereitschaft zu zeigen, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen, mit anderen auszukommen und in einer Gruppe für ein gemeinsames Ziel zu kämpfen.
Den 16 Trainer*innen zeigt Schmid auch, was passieren kann, wenn man seinen „Glückstank“ nicht füllen und mit niemandem über seine Probleme reden kann: Suchtverhalten kann die Folge sein – Alkohol, Tabak, Spiele, Schmerztabletten und vieles mehr, was bereits junge Menschen konsumieren.
Am Ende des Tages war allen Teilnehmer*innen bewusst, welch wichtige Rolle sie im Leben von Kindern und Jugendlichen einnehmen. Eine große Verantwortung, die sie nun vermutlich mit ganz anderen Augen sehen.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.