Sitzung Jugendhilfeausschuss
Caritas bekommt Zuschlag für Beratungsstelle „Sexualisierte Gewalt“
Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner Sitzung am Montag, 20. November, mehrere Sachstandsberichte zur Kenntnis genommen. Erfreut erfuhr man, dass die Beratungsstelle „sexualisierte Gewalt von Kindern und jungen Menschen“ ihren Betrieb aufnehmen wird.
Drei Träger hätten sich beworben, erklärte Ursula Weimer und Jugendamtsleiter Rüdiger Rätz ergänzte, dass die Caritas den Zuschlag bekommen habe. Wie Weimer weiter ausführte, sei die Installation eines solchen Beratungsangebots übereinstimmend als notwendig erachtet worden, nachdem in unterschiedlichen Bereichen des Jugendamts die Erkenntnis gewonnen worden war, dass das Aufkommen von sexualisierter Belästigung und Gewalt deutlich zugenommen hat. Der Kreistag habe nach Empfehlungen des Jugendhilfeausschusses und des Kreisausschusses die finanziellen Mittel bereitgestellt, blickte sie zurück. Bislang habe es kein passendes Angebot für hilfesuchende Eltern, betroffene junge Menschen und Fachkräfte gegeben, sagte Weimer und bezeichnete die Einrichtung der Beratungsstelle als „Meilenstein“. Bei der Auswahl der Träger sei auch wichtig gewesen, dass die Stelle im Landkreis Miltenberg angesiedelt sein muss, damit weite Fahrten verhindert werden.
Jugendamtsleiter Rüdiger Rätz informierte über die Arbeit des Präventionsausschusses, der mit mehreren Aktionen Akzente für die Prävention gesetzt habe. So finde alljährlich ein Safer Internet Day statt, der das Bewusstsein für Sicherheit im Internet wecken und übermäßigem Medienkonsum entgegenwirken soll. Das Motto in diesem Jahr sei „#OnlineAmLimit“ gewesen, für nächstes Jahr steht „Let’s Talk About Porno“ auf dem Programm. Damit wolle man thematisieren, dass Jugendliche immer früher mit Pornographie in Berührung kommen. Zu den weiteren Aktionen gehörten die Aktionstage zum Thema „Depression im Kindes- und Jugendalter“, aber auch die Alkoholprävention unter dem Motto „Gut druff ohne Suff“. Hier wurde aus dem Gremium gefragt, warum das neue Saftmobil nicht mehr auf der Miltenberger Michaelismesse war. Kreisjugendring-Vorsitzende Alison Wölfelschneider nannte mehrere Gründe: In erster Linie gelinge es nicht mehr, genügend Personal aus Vereinen und Verbänden für die Besetzung des Saftmobils über zehn Tage und jeweils zwölf Stunden täglich zu finden, sagte sie. Der Messebetreiber habe aber Wert darauf gelegt, dass das Mobil in diesen Zeiten immer besetzt sein müsse. Auch habe es Probleme mit einem Wasseranschluss gegeben und zudem brauche man mehr Platz als für das alte Saftmobil. Ansonsten sei das Saftmobil häufig im Einsatz, ergänzte der Jugendamtsleiter. Das Nichtraucherprojekt „Be Smart – Don’t Start“ werde weitergehen und man wolle die Siegerehrung künftig immer in den Schulen vornehmen, so Rätz. Im Dezember sei eine Ausstellung zum Thema Essstörungen geplant, verbunden mit Schulprojekten.
Über die Arbeit der seit fünf Jahren bestehenden Jugendberufsagentur informierte Stefan Adams. Diese Agentur, bestehend aus Teilnehmenden vom Fachdienst Jugendberufshilfe, der Berufsberatung der Arbeitsagentur, des U25-Teams des Jobcenters und der Jugendsozialarbeit an Berufsschulen, hat vor allem junge Menschen im Alter bis zu 25 Jahren im Fokus. Das betrifft vor allem jene, die nicht mehr an bestehende Ausbildungs- oder Hilfe-Systeme angebunden sind oder die von einem Ausschluss bedroht sind – Jugendliche, die die Schule verweigern, psychisch belastet sind ohne passende Anbindung sowie Wohnungslose oder Wohnraumsuchende. In Fallkonferenzen werden die Fälle regelmäßig besprochen, ehe der Fachdienst Jugendberufshilfe zu den jungen Leuten geht und versucht sie zu motivieren, die Lebensumstände zu ordnen und Perspektiven zu bieten. Wenn sie mitarbeiten, werden sie begleitet, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Um in Kontakt zu bleiben, nutze man verstärkt auch Social Media, erklärte Adams. 920 Fälle wurden bislang in der Jugendberufsagentur verzeichnet, 70 Prozent der jungen Leute sind zur Mitarbeit bereit. In einem Viertel der Fälle brauche es Adams zufolge bis zu drei Monate Begleitung, in einem weiteren Viertel seien es bis zu zwölf Monate. In der Hälfte der Fälle ist eine Begleitung über ein Jahr erforderlich, sagte er. Diese Zahl werde weiter steigen, glaubt er, denn es gebe immer mehr Dauerfälle mit komplexen Lagen. Ein Problem sei, dass es zu wenige Therapieplätze gebe und man oft nur versuchen könne, die Leute zu stabilisieren, bis sie einen Platz bekommen. Der Trend gehe auch hin zu mehr Klientel aus Realschulen, dem M-Zweig und Gymnasien, dafür weniger Jobcenter-Fälle. Geplant sei laut Adams der Ausbau der Zusammenarbeit mit der Berufsberatung. „Eine segensreiche Einrichtung“ befand Günther Oettinger, der für den verhinderten Landrat Jens Marco Scherf die Sitzung leitete und feststellte: „Vor einigen Jahren hätte man noch nicht geglaubt, dass junge Menschen einfach so von der Bildfläche verschwinden.“
Über die segensreiche Arbeit der Koordinierenden Kinderschutzstelle, kurz KoKi, berichtete Claudia Kallen. Seit 2009 gibt es diese Stelle, die mittlerweile mit 1,5 Stellen ausgestattet ist. Als grundsätzliches Ziel definierte Kallen die Vorbeugung und die Vermeidung von Vernachlässigung und Gewalt gegenüber Kindern im Alter von bis zu sechs Jahren. Das betreffe etwa werdende Eltern und Eltern mit Kindern im genannten Alter. Aber auch Fachkräfte aus Jugendhilfe, Sozial-, Erziehungs-, Gesundheits- und Bildungswesen sowie Justiz seien eingebunden. Das Angebot sei sehr niederschwellig, sagte Kallen und Jugendamtsleiter Rüdiger Rätz ergänzte: „Wir wollen die Schwelle möglichst niedrig halten und nicht als Jugendamt auftreten, denn der Begriff ist oft noch negativ behaftet.“ Kallen nannte als Aufgabenbereiche der KoKi Information und Beratung (etwa Veranstaltungen für Eltern, anonyme Fallberatung, Versendung von Infopaketen, Willkommensbesuche), die Prävention (Hausbesuche, mobile Beratung und Haushaltscoaching), die Netzwerkarbeit (Gesundheit, Erziehung, Jugendhilfe) und die Öffentlichkeitsarbeit. Erste Kontakte mit der KoKi biete eine Willkommenstasche für Eltern mit Infomaterial und Gutscheinen. Der Jugendamtsleiter fand lobende Worte: „Die KoKi erbringt exorbitante Leistungen.“
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