Kulturwochenherbst
Orgel und Stimme in perfekter Symbiose
Klang- und stimmgewaltiger offizieller Auftakt zum Kulturwochenherbst des Landkreises Miltenberg: Die ukrainische Orgelspielerin Nadiya Velychko ließ am Sonntagabend in der Sulzbacher St.-Anna-Kirche die Dauphin-Orgel erklingen, Rezitator Peter Schröder las Auszüge aus „Texte für den Frieden“ – gemäß dem Motto „Musizieren im Exil“.
70 Gäste ließen sich das rund 90-minütige Konzert, das in Kooperation mit dem Markt Sulzbach im Rahmen der „Klanglandschaft Mainfranken“, der „Historischen Orgellandschaft Frankfurt RheinMain“ und des Kulturwochenherbstes stattfand, nicht entgehen. Für den Markt Sulzbach begrüßte stellvertretender Bürgermeister Norbert Elbert die Musikinteressierten, darunter Regierungspräsident Eugen Ehmann und sein Vorgänger Dr. Paul Beinhofer sowie den stellvertretenden Landrat Bernd Schötterl.
Elbert stellte die Barockorgel vor, die um das Jahr 1720 erbaut wurde und der renommierten Orgelwerkstatt Dauphin (Kleinheubach) zugeschrieben wird. Vom Kloster Schmerlenbach wanderte sie im Jahr 1882 nach Sulzbach in die St.-Anna-Kirche, wo sie von der Firma Vleugels im Jahr 1999 restauriert wurde. Elberts Dank galt auch Martin Suffel, der das Konzert gesponsert hatte. Stellvertretender Landrat Bernd Schötterl wies auf zahlreiche interessante Veranstaltungen im Rahmen des Kulturwochenherbstes hin – unter anderem auf den erstmaligen Auftritt der Tanzkompanie Emanuele Soavi im Rahmen des
mehrjährigen Projekts „TANZ LANDkreis Miltenberg“.
Bevor Organistin Nadiya Velychko an der Orgel Platz nahm, drückte sie vor dem Publikum ihre Dankbarkeit darüber aus, in Deutschland und in Sulzbach sein und spielen zu dürfen. „Musik ist meine Leidenschaft“, bekannte die im Frühjahr 2022 aus der Ukraine Geflüchtete. Dort ist sie seit 2001 Organistin der Philharmonie in Lemberg, seither konzertierte sie in der Ukraine wie auch im Ausland als Solistin und zusammen mit renommierten Ensembles, auch diverse CD-Einspielungen zeigen ihr Können. Wie klanggewaltig die Dauphin-Orgel in Sulzbach ist, zeigte Velychko gleich zu Beginn mit
Girolamo Frescobaldis „Toccata Primo“ und Bernardo Storaces „Aria sopra spagnoletta“, denen sie weitere Stücke von Komponisten aus der Zeit des Barock folgen ließ. Darüber hinaus spielte sie unter anderem „Allegro“, ein Werk des ukrainisch-russischen Komponisten Dmitri Stepanowitsch Bortnjanski. Mit Yuri Shevchenkos Stück „We Are“ erinnerte Velychko an den gegenwärtigen Krieg in der Ukraine. Shevchenko, der im März 2022 68-jährig verstarb, hatte dieses Werk in Anlehnung an die ukrainische
Nationalhymne komponiert und wollte damit die Nationalhymne gebetsähnlich klingen lassen.
Perfekt ergänzt wurde Velychkos Spiel durch Rezitationen des renommierten Schauspielers Peter Schröder, Mitglied des Ensembles des Schauspielhauses Frankfurt. Er trug Texte aus der demnächst erscheinenden Benefiz-Anthologie „Und in der Nacht fielen die Sterne vom Himmel“ vor, die der Bundesverband junger Autorinnen und Auinitiiert hat. Der Verband hatte angesichts des russischen Angriffskrieges darum gebeten, Texte einzusenden, die den Wunsch nach Frieden zum Thema haben. 160 Texte waren eingegangen, die zurzeit ausgewählt und lektoriert werden. Der komplette Erlös der Aktion soll in ein Hilfsprojekt für die Ukraine oder ukrainische Flüchtlinge in Deutschland fließen.
Es herrschte atemlose Stille in der Kirche, als Schröder ausdrucksstark etwa den Text „Der Engel“ vortrug, der aus der Feder von Annegret Mühl stammt und die Flucht einer Familie beschreibt. Mit dem letzten Ton der Dauphin-Orgel setzte lange anhaltender Applaus ein, der die beiden Künstler für ihre Leistungen belohnte.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.