Private Wetterstation Kirschfurt/Main
War der wirklich so schlimm?

Foto: Guido Mayer
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Lese ich die Schlagzeilen unserer Medien, dann war der Sommer 2022 der schlimmste und extremste Sommer aller Zeiten.
Und in unserer Region? War er wirklich so schlimm?
Gefühlt war dieser Sommer einfach nur unendlich sonnig & warm, oder? Es war der 20. Juli, an dem wir die größte Hitze des Sommers aushalten mussten: Während es im nordisch-kühlen Hamburg erstmals seit Aufzeichnungsbeginn eine „40“ vor dem Komma gab, konnte ich einen Hitze-Peak von 39,8°C ablesen! Nicht ganz historisch, denn der bisherige Stationsrekord (40,3°C / 2015 & 2019) wurde nicht geknackt.

Foto: Wetterstation Kirschfurt, Guido Mayer
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  • hochgeladen von Guido Mayer

Bei der Durchschnittstemperatur landete der Sommer exakt auf dem gleichen Wert wie der bisherige Rekordsommer 2003. Wir haben nun also zwei Jahrhundert-Sommer!
Bei den Hitzetagen (T>30°C) kam unser Sommer nicht ganz an die Rekordzahl von 2018 heran. Einen echten Rekord hat es dann doch gegeben: 81 Sommertage! Das heißt: An nur elf Tagen, in den letzten drei Monaten, kletterte die Temperatur nicht auf 25°C. Das schaffte bislang noch kein Sommer!
Bei den Sonnenstunden thront weiter der „Sonnenkönig“ des Jahres 2003 – aber immerhin Platz 2!

Foto: Guido Mayer

Nachdem Wald & Flur letztes Jahr etwas Erholung vergönnt war, schlug dieser Sommer erneut voll in die Kerbe der Trocken-Sommer der letzten Jahre. Es gab jedoch tatsächlich mehrere Sommer in der Vergangenheit, in denen noch weniger Regen fiel. Trotzdem: Die Kombination aus hohen Temperaturen und wenig Niederschlag (=Trockenheit) tritt seit 20 Jahren immer häufiger auf.

Die Grafik zeigt, dass sich der Grundwasserspiegel in den letzten zwölf Monaten nicht erholen konnte. Er ist und bleibt auf einem sehr niedrig Niveau. Nach dem Dürresommer 1976 stand das Grundwasser allerdings noch tiefer…

Der Sommer war also für Badefreunde ein Traum – für Forst- & Landwirte eher ein Alptraum.

Foto: Guido Mayer

Der Sommer in Zahlen:
Durchschnittstemperatur:  21,3°C (+2,4°C Abweichung vom langjährigen Mittelwert)
Niederschlagsmenge:  100 Liter/Quadratmeter (52% vom langj. Mittelwert)
Sonnenscheindauer:  845 Stunden (123% vom langj. Mittelwert)

Wenn in der Meteorologie der Begriff „seit Aufzeichnungsbeginn“ fällt, dann handelt es sich maximal um den Zeitraum der letzten 300 Jahre. Vorher gab es noch keine vergleichbar-gute Thermometer. Alte Stadtchroniken dokumentieren jedoch, dass es in früheren Jahrhunderten offensichtlich sogar heftigere Sommer gab: Experten sind sich einig, dass z. B. der Sommer 1540 der ultimative Hitze- & Dürresommer der letzten 1000 Jahre war!

Schaut man über den Tellerrand hinaus, so gibt es aber auch erfreuliche Entwicklungen: Während der Sommer für die Alpengletscher eine Katastrophe war, hat sich am Nordpol die Eisfläche wieder vergrößert. Dort gab es bereits 2012 ein historisches Minimum…

Foto: Guido Mayer

Die Vorhersagemodelle sehen derzeit (Stand 2. September) eine Fortsetzung des spätsommerlichen Wetters. Ein jäher Absturz in den Herbst ist im Moment nicht in Sicht – leider aber auch kein großer Landregen, der so wichtig wäre…

Foto: Guido Mayer

Die folgenden Zahlen gelten für das Maintal um Kirschfurt. Sie stammen aus meiner eigenen Messreihe (seit 1985) und aus angepassten Messreihen (z. B. Frankfurt), die bis ins Jahr 1706 zurückreichen. Sie zeigen immer wieder, dass es auch schon vor der derzeitigen Klimaerwärmung Wetter-Extreme gab.

Und das kann der September...

Foto: Guido Mayer

Der Klimaerwärmung völlig zum Trotz ist der Wärme-Rekord des Septembers tatsächlich volle 111 Jahre alt!

Höchste Temperatur:  34,0°C am 3. September 1911
Tiefste Temperatur:  0,1°C am 23. September 1964

Aus dem Archiv:
Späte Hitze: Im September 1947 gab es die längste Hitzewelle außerhalb des meteorologischen Sommers. An neun Tagen in Folge wurde die 30°C-Marke überschritten!

Foto: Guido Mayer

Flutkatastrophe: Am 30. September 1732 suchte die „Große Fränkische Flut“ unsere Region heim. Nach einem flächendeckenden Starkregen führten zuerst die Nebenflüsse, dann auch der Main ein gewaltiges Hochwasser. In Bürgstadt wurde die „Mittelmühle“ von der reißenden Erf zerstört. In Wertheim riss die Tauber mehr als 30 Häuser mit sich! Niederschlagsmengen wie im Ahrtal hat es also auch schon in unserer Region gegeben…!

Autor:

Guido Mayer aus Freudenberg

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