Regionalität, Nachhaltigkeit und Klimawandel im Fokus
Unter die Themen Regionalität und Nachhaltigkeit, Klimawandel sowie Gemeinwohl haben das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sowie der Bayerische Bauernverband eine land- und forstwirtschaftliche Bereisung durch den Landkreis Miltenberg gestellt. Dabei trafen die Teilnehmer*innen auf Waldbewirtschafter, Beerenanbauer und Mutterkuhhalter.
Man wolle ins Gespräch kommen, miteinander diskutieren und wichtige Themen in die Gesellschaft bringen, formulierte Behördenleiter Ludwig Angerer das Ziel der Bereisung, an der neben dem Geschäftsführer des Bauernverbands, Elmar Konrad, unter anderem auch Landrat Jens Marco Scherf teilnahm. Angerers Stellvertreter Bernhard Schwab steuerte zu den Stationen Betriebsspiegel bei.
In Umpfenbach schaute sich die Delegation die Waldfläche von Markus Weber und Michael Streun an. Diese musste nach einem Borkenkäferbefall neu aufgebaut werden. Gemeinsam entschieden sich die beiden, einen klimastabilen Wald aufzubauen. Beraten wurden sie dabei von Anika Weisbrod (AELF, Projekt „Zukunftswald Odenwald“), die auch beim Stellen des Förderantrags unterstützte. Bei der Begehung der Fläche wurde klar, wie wichtig der Aufbau klimastabiler Wälder in Zeiten des Klimawandels ist. Dabei geht es um Mischwälder, die mit standortgerechten Baumarten bestückt sind. Es gilt, bei der Baumauswahl auf Kriterien wie Bodenbeschaffenheit, Basenversorgung und Wasserversorgung zu achten. In Umpfenbach bedeutete das konkret, auf trockeneren Standorten mit Zweischichtboden (Tonschicht mit Lössauflage), Stieleichen und Hainbuchen zu pflanzen. Je nach Standort können andere Baumarten zusammengesetzt werden. Dass ein klimastabiler Wald das Potenzial hat, sich natürlich zu verjüngen, sah man anschaulich, denn schon jetzt mischen sich Bergahorn, Buche und Roteiche unter die gepflanzten Eichen. Diese Naturverjüngung ist sehr willkommen, da sie eine stärkere Mischung im Bestand ergibt. Das AELF berät Interessenten gerne ausgerichtet auf den jeweiligen Standort. Über die Zusammenarbeit der Waldbesitzer wurde ein Film gedreht, der am 13. November auf der Veranstaltung „Gemeinsam für einen Wald mit Zukunft!“ Premiere hat.
Bernhard Schwab steuerte vor dem Besuch des Beerenhofs Münkel in Mainbullau Daten zur Landwirtschaft im Landkreis Miltenberg bei, wo rund 500 landwirtschaftliche Betriebe etwa 18.700 Hektar bewirtschaften. Der größte Teil der Betriebe (229) bewirtschaftet Flächen bis zehn Hektar, dagegen gibt es 19 Betriebe, die jeweils mehr als 200 Hektar bewirtschaften. Den Löwenanteil der Flächennutzung nimmt das Dauergrünland mit 7.496 Hektar ein, gefolgt von Winterweizen (2.088 Hektar) und Winterraps (1.451 Hektar). 14 Prozent der Betriebe (70) bewirtschaften 2.800 Hektar nach Kriterien des ökologischen Landbaus. Obwohl der Grünlandanteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche mit 40 Prozent hoch ist, ist der Tierbestand Schwab zufolge mit 0,58 Vieheinheiten je Hektar niedrig – im bayerischen Schnitt liegt dieser Wert bei 0,9 bei einem Grünlandanteil von 34 Prozent.
Auf dem Beerenhof informierten sich die Teilnehmer über den Betrieb der vorwiegend Beerenobst (249 Hektar), aber auch Birnen (5,7 Hektar) und Winterraps (18 Hektar) anbaut. Edelbert und Jochen Münkel stellten den Betrieb vor und sprachen auch manche Probleme an. So hatte man den Betrieb vor einigen Jahren bereits komplett auf Bioanbau umgestellt, aber dann erkennen müssen, dass es für das Unternehmen keinen Markt für Biofrüchte gibt. „Dennoch arbeiten wir nachhaltig“, stellte Jochen Münkel fest und verwies auf eine Hybrid-Landwirtschaft, in der nach biologischen, aber auch konventionellen Gesichtspunkten angebaut wird. „Das ist die Zukunft“, glaubt er. Er hat erkannt, dass die Menschen mittlerweile die Regionalität der Produkte mehr schätzen als „Bio von irgendwo her“. Münkel geht sorgsam mit Wasser um und verwendet die schonende Tröpfchenbewässerung. Er fängt Wasser in drei Zisternen auf, dennoch bereiten ihm die zunehmend trockeneren Sommer Probleme. Als Hauptobstsorten baut er Schwarze Johannisbeeren und Heidelbeeren an, aber auch Aroniabeeren sowie Wahlsche Schnapsbirnen für das Brennen von Schnaps. Um seinen Pflückern länger dauernde Jobs anzubieten, würde er gerne weitere Obstsorten anbauen – das aber scheitert bislang am mangelnden Wasser. Weil Münkel die Natur am Herzen liegt, hat er Blühstreifen und Blühflächen angelegt, zwischen den Strauchreihen stehen zudem Bienenkörbe.
Das schwierige Wirtschaften eines Mutterkuhbetriebs bekam die Delegation in Watterbach beim Betrieb von Jens Herkert und Andreas Meixner gezeigt, die etwa 125 Hektar Grünland bewirtschaften. Die Tiere sind von April bis November auf der Weide, in der restlichen Zeit des Jahres sind sie im Stall auf Tiefstreu. Alleine die Einstreukosten belaufen sich pro Jahr auf etwa 8.800 Euro netto, aber auch das Beschaffen des Winterfutters (550 Tonnen Grassilage, 150 Ballen Heu) kostet Zeit und Geld. Da es auf dem Markt ein Überangebot an Bio-Rindfleisch gibt und die Preise für auskömmliches Wirtschaften zu niedrig sind, hat der Betrieb auf das Bio-Zertifikat verzichtet. „Unser Produkt ist 1a, aber der Marktpreis ist zu niedrig“, klagte Jens Herkert und bezeichnete den Nebenerwerbsbetrieb als „teures Hobby“. Man habe den Betrieb seit Generationen aufgebaut, deshalb hänge man daran, sagte er und verwies darauf, dass er mit seinem Forstbetrieb mehr Geld verdienen könnte. Mit der Pflege des Grünlands leiste er auch einen Beitrag für die Gesellschaft, lobte Ludwig Angerer, deshalb bräuchten Landwirte auch die Unterstützung der Gemeinden und der Bevölkerung. Zurzeit beschäftigt vor allem der Wolf die Landwirte in und um Watterbach.
Zehn Kilometer Wolfszaun hat der Betrieb bereits gebaut, insgesamt hat er 20 Kilometer beantragt bei bisherigen Gesamtkosten von 160.000 Euro. Dass ein Zaun das Vieh schützt, glaubt keiner der Landwirte, die anschließend in der Gastwirtschaft Meixner zusammenkamen. Wenn der Wolf merke, dass er beim Springen über den Zaun keinen Schlag kriegt, sei alle Mühe vergebens, argumentierte ein Landwirt. Förster Ferdinand Hovens brachte einen anderen Aspekt ein: Das Wild äse wegen der Zäune nicht mehr auf dem Grünland, sodass der Verbiss im angrenzenden Wald deutlich zunehme.
Landrat Jens Marco Scherf beobachtete die Diskussion und zog seine Schlüsse daraus. Zum einen, sagte er, müsse man die Bevölkerung für bewusstes Einkaufen und regionale Produkte sensibilisieren. Man wolle deshalb unbedingt in die Schulen gehen und die Kinder von früh an entsprechend bilden. Auch eine Lehrerfortbildung sei dazu geplant. Das könne dabei helfen, die Bevölkerung für die Belange der Landwirtschaft zu sensibilisieren. Zum Thema Wolf stellte er fest, dass es hierfür eine bundesweite Lösung brauche. Er brachte den Vorschlag ein, Ansprechpartner aus Reihen der Bundespolitik zu suchen und mit Bauern der Region zusammenzubringen, damit Lösungswege aufgezeigt werden. So wie die Situation momentan sei, sei es sehr unbefriedigend, gab er zu.
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