Gutachten vorgestellt
Klimafreundliche Mobilitäts- und Siedlungsentwicklung ambitioniert verzahnen
Ein ambitioniertes Ziel hat sich der Regionale Planungsverbandes für die Region 1 vorgenommen, indem er bis ins Jahr 2035 Mobilitäts- und Siedlungsentwicklung klimafreundlich gestalten und miteinander verzahnen will. „kompakt und ambitioniert“ – für diese Variante des Regionalen Mobilitäts- und Siedlungsgutachtens (REMOSI) hat sich der Regionale Planungsverband im November entschieden. Max Bohnet stellte dem Kreistag am Montag in der Untermainhalle das Gutachten vor. Es wurde von dem Zusammenschluss der beiden Büros Gertz Gutsche Rümenapp, Stadtentwicklung und Mobilität GbR und Baader Konzept GmbH erstellt.
Ende 2018 habe der Regionale Planungsverband Bayerischer Untermain auf Grundlage intensiver fachlicher Vorarbeiten eine Begutachtung über die Zukunft der Region hinsichtlich der Mobilitäts- und Siedlungsentwicklung in Auftrag gegeben, führte Landrat Jens Marco Scherf in den Tagesordnungspunkt ein. Zum einen sei Mobilität ein zentrales Element des Alltags und wesentlicher Baustein in Sachen Klima, aber auch die Frage des Wohnens sei entscheidend für das Mobilitätsverhalten. Von 2019 bis 2021 sei am Gutachten gearbeitet worden, so Scherf. Er machte darauf aufmerksam, dass die Erstellung schlüssiger Konzepte – etwa auch das Radwegekonzept, das Klimaschutzkonzept, der Nahverkehrsplan und das Schienengüterverkehrskonzept – Zeit brauche.
Auf Grundlage detaillierter Analysen der Siedlungsentwicklung und der Verkehrsströme kamen die Gutachter zum Schluss, dass der Landkreis Miltenberg sehr heterogen sei. Unter vier Szenarien mit unterschiedlichen Siedlungs- und Mobilitätsmaßnahmen habe sich der Planungsverband für das Szenario „kompakt und ambitioniert“ als Zielstellung entschieden. Bezugnehmend auf die Siedlungsentwicklung, sprach er vom Vorrang der Innenentwicklung, wobei Siedlungsbereiche bevorzugt in der Nähe von Mobilitätspunkten oder Ankerpunkten liegen sollten und neue Baugebiete durch leistungsfähige ÖPNV-Anbindungen erschlossen werden sollten. Die Bürger*innen sollen es also von ihrer Wohnung nicht weit haben zu Mobilitätsknoten und Einrichtungen der Nahversorgung und der Daseinsvorsorge. Um die Region verkehrlich besser zu erschließen, sieht das Gutachten zahlreiche Investitionen in die Infrastruktur vor. Dabei geht es etwa um den Ausbau des Radverkehrsnetzes – Radschnellverbindungen, Radvorrangrouten –, die auch den ländlichen Raum erschließen sollen. Neue Mainquerungen zwischen Sulzbach und Niedernberg, Kleinwallstadt und Großwallstadt, zwischen Kleinheubach und Großheubach sowie in Miltenberg-Nord könnten den Rad- und Fußverkehr attraktiver gestalten. Auf längere Sicht wären auch Brücken bei Röllfeld und Bürgstadt in Verbindung mit neuen Bahnhaltepunkten auf der anderen Mainseite denkbar.
Auch der öffentliche Personennahverkehr soll neue Wege gehen, schlug Bohnet unter anderem mehrere Bahnexpresslinien vor. Diese könnten Frankfurt mit Schöllkrippen, Laufach und Miltenberg verbinden, Wiesbaden/Darmstadt mit Aschaffenburg und Großostheim sowie Mosbach über Miltenberg mit Wertheim/Crailsheim. Für die Umsetzung dieser Vorhaben aus dem Deutschlandtakt des Bundes seien aber bauliche Maßnahmen notwendig. „Ein dickes Brett“ sei das, so der Fachmann, allerdings beginne der Bund mit den Ausbaumaßnahmen verschiedener Bahnstrecken, um den Deutschlandtakt zu ermöglichen. Darunter falle etwa der Ausbau der Strecken von Hanau über Aschaffenburg, Lohr und Nantenbach. Neue Haltepunkte im Landkreis könnten die Attraktivität des Schienenverkehrs verbessern, verwies Bohnet auf mögliche Haltepunkte etwa in Sulzbach-Mitte, Elsenfeld-Nord, Röllfeld, an der Josera, in Bürgstadt und Miltenberg-West. Für diese Punkte sah er Nachfragepotenziale zwischen 800 und 2000 Ein- und Aussteigern. Damit dies gelingen könne, sei aber die Elektrifizierung der Maintalbahn eine Voraussetzung, mit Dieselzügen sei das nicht attraktiv in Bezug auf die Reisezeiten. Die vom Freistaat Bayern angestrebte Elektrifizierung der Bahn von Aschaffenburg bis Miltenberg ist derzeit in der Prüfung durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft.
Ergänzt werden soll der Nahverkehr mit leistungsfähigen Buslinien, die im 30- oder 60-Minutentakt verkehren, für den ländlichen Raum sollen On-Demand-Verkehre ein voll- oder teilflexibles Angebot bieten. Der ÖPNV könnte auch mit Park-and-Ride- oder Bike-and-Ride-Parkplätzen attraktiver werden, die die Verkehrsträger verbinden. Ein Konzept für flexible On-Demand-Angebote soll von der Aschaffenburg-Miltenberg-Nahverkehrsgesellschaft AMINA erarbeitet werden.
Im Szenario sah der Gutachter Potential für eine „massive Nachfragesteigerung insbesondere auf der Maintalbahn“, ebenso gutes Potenzial für die neuen Haltepunkte im Landkreis. Er erwartet zudem eine Entlastung der Straßen durch die Verlagerung des Verkehrs auf den ÖPNV und den Radverkehr. Gelingen könne das nur gemeinsam, sah er die AMINA und alle, die für Schienenverkehr und Infrastruktur verantwortlich sind, in der Pflicht. Umfassende Kommunikation sei wichtig, befand er, auch müsse man gemeinsam als Region die Interessen gegenüber dem Bund, dem Freistaat und den Verkehrsverbünden formulieren und die Kommunen bei der Umsetzung der Maßnahmen begleiten.
Laut Landrat Jens Marco Scherf werden die Ergebnisse des Gutachtens in den neuen Regionalplan einfließen. Er hofft auch auf neue und besser ausgestattete Fördertöpfe – etwa beim Programm „Stadt und Land“. In regionalen Workshops in kleinem Zuschnitt sollten Projekte identifiziert werden mit der Fragestellung, was am wichtigsten sei. Nicht alles werde wegen der großen Komplexität bis ins Jahr 2035 umsetzbar sein, ergänzte Max Bohnet, deshalb empfahl er die Identifizierung von Pilotprojekten. Bei der Umsetzung soll das Regionalmanagement der Initiative Bayerischer Untermain eine wichtige Rolle einnehmen, so der Leiter der Initiative, Marc Gasper. Der Freistaat stelle hierfür eine Förderung von 50.000 Euro bereit, mit der unter anderem eine halbe Stelle für die Koordination und Umsetzung der Maßnahmen geschaffen werden soll.
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