Bauhoftraining
Hochwertige Grünflächen auf kommunalen Flächen
Organisiert vom Kreisbauamt des Landkreises Miltenberg und begleitet von der Biologin und Naturgartenplanerin Eva Distler hat der Landkreis die Fortbildung „Bauhoftraining im Landkreis Miltenberg“ ins Leben gerufen. Am Mittwoch, 9. Juni endete nach fast zwei Jahren die erste Runde dieser Fortbildung, an der sich die Gemeinden Klingenberg, Laudenbach, Dorfprozelten und Wörth sowie der Landkreis Miltenberg beteiligt haben. Ein „Bauhoftraining 2.0“ für weitere Gemeinden ist in Planung.
Gabriel Abt, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, und Eva Distler zeigten sich mit den Ergebnissen sehr zufrieden, als sie zum Beginn ihrer Befahrung in Klingenberg Station machten. Hier hat die Stadt auf einer Fläche von rund 1.500 Quadratmetern unter fachkundiger Begleitung naturnahe, hochwertige Flächen gestaltet mit dem Ziel, die Artenvielfalt zu fördern: Hier sollen Wildblumen gedeihen und heimischen Insekten Nahrung bieten. Umgesetzt wurde dies auf mehreren Flächen in Klingenberg entweder mit Einsaaten oder der Pflanzung von Initialstauden – vorwiegend heimische Sorten. Auf der städtischen Tiefgarage wurde eine größere Fläche komplett neugestaltet: Auf einem Wildblumensaum wurden einheimische Wildblumen gesät, als Untergrund wählte man Straßenbauschotter. Dieser bietet mit verschiedenen Körnungen den Pflanzen ideale Bodenvoraussetzungen. Auf dem mageren Boden gedeihen nun beispielsweise Natternkopf, Wilde Karde, Färberkamille und Pastinak bestens. Gemäht wird die Fläche erst Ende Winter, erklärte die Biologin und begründete dies mit den Samenständen der Pflanzen, die den Vögeln über den Herbst und Winter als Nahrung dienen. Bei der Auswahl der Pflanzen wurde auch darauf geachtet, dass von März bis September immer andere Blüten zu sehen sind. Auch wenn im ersten Jahr nach der Pflanzung noch nicht so viel zu sehen ist, wird sich das ändern, ist Eva Distler sicher, denn erst im zweiten Jahr entfaltet sich die volle Blütenpracht. Um mehr Lebensraum zu schaffen, begrenzen Totholz die Umrandungen der Flächen – auch dies bietet Insekten Schutz wie Steinhaufen am Rande der Beete.
Auf einem angrenzenden Areal wurden drei verschiedene Substrate in den Untergrund eingebracht, nachdem der Boden etwa 20 Zentimeter tief abgegraben wurde. Ausgebracht wurde anschließend eine Pflanzenmischung. Mit bloßem Auge ist anhand der Vegetation erkennbar, auf welche Flächen welches Substrat im Boden ist: Während auf dem mageren Baumsubstrat Vegetation wie etwa der Natternkopf, die Kartäusernelke und der Klappertopf prächtig gedeihen, sind im Bereich des nährstoffreichen Substrats vor allem Gräser und Margeriten in die Höhe geschossen. Dieser Bereich wird gemäht, sobald die Margeriten abgeblüht sind, damit sich neue Vegetation entwickeln kann. „Je magerer der Boden, desto besser für die Artenvielfalt“, erklärt die Biologin. Einzelne Lücken im Bewuchs sind nicht schlimm: Zum einen wird durch Samenflug sicher spätestens im nächsten Jahr hier eine Pflanze wachsen. Zum anderen bieten Lücken auf Sandboden vor allem Wildbienen perfekte Bedingungen für die Anlage von Erdnestern. Aufpassen muss der Bauhof vor allem darauf, dass sich der benachbarte Weißklee nicht ausbreitet, wissen Gerald Schäfer und Sven Fertig (Stadt Klingenberg). Sie sind mit Feuereifer bei der Umsetzung von naturnahen Grünflächen und erkennen schnell, ob sich unter anderem invasive Neophyten in die Grünanlagen einschleichen. Der Aufwand für die Anlage der Flächen war vor allem am Beginn hoch, als Boden abgetragen und Substrat eingebracht wurde, so Gerald Schäfer, auch die Kosten der Bepflanzung und für das Saatgut kamen dazu.
Steht die Vegetation aber erst einmal ist der Pflegeaufwand relativ gering: Mähen und Abfuhr des Mähguts nach kurzer Lagerung – das war es schon, denn Bewässern ist nicht notwendig. Gabriel Abt fände es gut, wenn Gemeinden bei der Ausweisung von Neubaugebieten oder bei Straßensanierungen an eine standortgerechte Gestaltung von Straßenbegleitgrün denken würden, denn so seien mit geringem Aufwand hochwertige Grünflächen umsetzbar. Nicht immer braucht es übrigens einen teuren Bodenaustausch – dafür gibt es die Burri-Methode: Man bricht ein Areal mehrfach um und sät erst anschließend ein. Wie so etwas funktioniert, sieht man einige Meter weiter am Klingenberger Radweg, wo zwei große Blühstreifen angelegt wurden. Die sind zurzeit von unzähligen Mohnblumen bedeckt. Häufig halten Radfahrer an, um Bilder zu machen, aber auch viele Hummeln und Bienen schwirren herum. Im nächsten Jahr werden andere Pflanzen dominieren, glaubt Biologin Distler – auch das wird sicher ein schöner Farbtupfer in der Landschaft am Main.
Gemeinden, die an einem weiteren Bauhoftraining teilnehmen wollen, melden sich bei Gabriel Abt im Landratsamt (E-Mail: gabriel.abt@landkreis-miltenberg.de).
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