Kreisausschuss
Fahrt in Biosphärenreservate bringt wichtige Erkenntnisse
Wie die Biosphärenreservate Bliesgau und Pfälzer Wald von den Menschen vor Ort mit Leben erfüllt werden, hat eine Delegation aus den Landkreisen Miltenberg, Aschaffenburg und Main-Spessart, der Stadt Aschaffenburg, der Regierung von Unterfranken und weiterer Verbände am 7. und 8. Oktober erkundet. Landrat Jens Marco Scherf ging im Kreistag am Montag, 18. Oktober besonders auf die Auswirkungen des Reservats auf Land- und Forstwirtschaft ein.
Im Biosphärenreservat Bliesgau, das mit über 300 Menschen pro Quadratkilometer ein Alleinstellungsmerkmal besitzt, werde die Kernzone nicht bewirtschaftet, die Jagd in Form des Wildtiermanagements umgesetzt und Bäume würden nur aufgrund der Verkehrssicherung oder mit besonderen Begründungen entnommen. Die Landwirtschaft profitiere dort unter anderem durch die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Biosphärenreservats und die gemeinsame Vermarktung. Für die Landwirtschaft gebe es Einschränkungen nur in der Pflegezone (aufgrund von Natura 2000) und in der Entwicklungszone (Landschaftsschutzgebiet); Einschränkungen aufgrund des Status als Biosphärenreservat gebe es nicht. In Sachen Forst vermeldete Scherf, dass die Hälfte der kommunalen Fläche mit 50 Cent pro Quadratmeter bei Stilllegung vergütet werde.
Im Biosphärenreservat Pfälzer Wald habe man häufig den Ratschlag gehört, die Bevölkerung frühzeitig einzubinden. Scherf sicherte zu, dass diese bei der Diskussion im Spessart auf jeden Fall umfassend passieren werde. In der Kernzone würden im Pfälzer Wald die Holzrechte wahrgenommen, so der Landrat, der auch das Wegegebot in der Kernzone ansprach. Dieses Kernwegenetz müsse konzipiert werden. Kreisbäuerin Monika Schuck stellte fest, dass die Bauern noch einige Fragen hätten, die geklärt werden müssten und Landrat Jens Marco Scherf glaubte, dass „die Kernzone die Kernfrage werden wird.“ Man müsse sich im Spessart überlegen, was man als Alleinstellungsmerkmal herausstellen wolle, sagte er und könnte sich etwa vorstellen, die Landwirtschaft hervorzuheben mit der vorbildlichen Kooperation mit dem Naturschutz. Auf dem gut funktionierenden Tourismus dürfe man sich nicht ausruhen und schauen, wo neue Segmente erschließbar sind. Die Bauern müssten keine Nachteile befürchten, sagte eine Kreisrätin: „Wir haben von keinem einzigen Bauern von Nachteilen erfahren.“
Die Kreisverbände des Gemeindetags aus Miltenberg und Aschaffenburg wollen das Thema Biosphärenreservat am 15. November gemeinsam besprechen, wusste der Landrat. Sollte sich der Eindruck verstärken, dass ein Biosphärenreservat Spessart grundsätzliche Vorteile und Chancen für die Weiterentwicklung des Spessarts bietet, wäre der nächste sinnvolle Schritt die Erstellung einer Machbarkeitsstudie unter Beteiligung der Öffentlichkeit und der Institutionen, so der Landrat.
Zum aktuellen Stand im Verfahren für die bundesweite Suche nach einem Atommüllendlager informierte Scherf, dass man in der ersten Phase kurz vor dem Ende des ersten Schrittes sei. Im zweiten Schritt würden Standortregionen für die übertägige Erkundung ermittelt. Der Landkreis Miltenberg habe den bisherigen Weg intensiv begleitet, versicherte der Landrat. Es werde nun zwei bis drei Jahre dauern, bis die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) die Standortregionen ermittelt habe. In dieser Zeit müsse es auch Transparenz geben, fordert Scherf. Es dürfe nicht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger erst in drei Jahren über die ausgewählten Standortregionen informiert werden. Als gute Entscheidung sah der Landrat die Gründung eines „Rats der jungen Generation“, der auf Antrag junger Menschen mit großer Mehrheit in der letzten Fachkonferenz in Darmstadt beschlossen worden sei. Scherf erneuerte seine Kritik an den verwendeten geologischen Daten, die fachliche Mängel enthielten. Der Antrag, den stark in der Kritik stehenden Zwischenbericht der BGE zu modifizieren, habe leider keine Mehrheit gefunden, zeigte sich Scherf enttäuscht. Allerdings wolle das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) in der anstehenden entscheidenden Phase des Standortauswahlverfahrens, in der die verbleibenden Gebiete stark reduziert werden, nun doch eine Öffentlichkeitsbeteiligung in einer noch nicht geklärten Form zulassen. Die unterfränkischen Landkreise überlegten zurzeit, sich von einem externen Fachbüro begleiten zu lassen, sagte Scherf. Sein Vorschlag, die Geschäftsführung der BGE in den Kreistag einzuladen, wurde im Kreistag einmütig für gut befunden. Der Landrat stellte nochmals klar, dass die Auswahl von vier Referenzgebieten mit unterschiedlichen Gesteinsarten zur pilothaften Anwendung eines Methodenkonzepts – davon betroffen ist auch der östliche Rand des Landkreises Miltenberg – keine Vorfestlegung auf einen Standort sei.
Landrat Jens Marco Scherf gab zudem bekannt, dass die Diözese Würzburg von der Schließung des Jugendhauses St. Kilian in Miltenberg Abstand genommen habe und den Tagungsbetrieb fortsetzen wolle. Das Jugendhaus soll weiter in Trägerschaft der Diözese bleiben, allerdings suche die Diözese einen externen Investor für die Immobilie, so Scherf. Eine mögliche Übernahme der Immobilie in kommunaler Trägerschaft sei für die Kommunen nicht realisierbar gewesen, sagte der Landrat, der auf vorausgehende Gespräche einer kommunalen Arbeitsgruppe mit der Diözese verwies.
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