Zehn Jahre der UN-Behindertenrechtskonvention
Am 26. März 2019 sind es zehn Jahre, dass in Deutschland die UN-Behindertenkonvention in Kraft getreten ist.

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Zu diesem Anlass war letzten Samstag, den 30. März 2019, die Arbeitsgemeinschaft „Selbst Aktiv“ der SPD Unterfranken, mit einem Informationsstand an der Wegegabelung vom Park Schöntal in Aschaffenburg vertreten.
Dieser Informationsstand hatte das Ziel die Bevölkerung über die UN- Behindertenrechtskonvention und somit über die Menschenrechte zu informieren. Denn viele Menschen wissen nicht, dass die UN-BRK ein Menschenrecht ist.
„Es ist wichtig, dass man über Menschenrechte und die UN-BRK spricht. Es darf nicht tabuisiert werden.“ so die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv, Cristina Lange. „Viele von unseren Mitbürgern sind selbst betroffen. Eine Beeinträchtigung oder Behinderung kann sehr schnell unser Leben verändern. Die wenigsten Menschen werden mit einer Behinderung geboren, die meisten Fälle sind eingetreten im Laufe des Lebens, sei es wegen einer Krankheit oder einen Unfall.“
Es war ein langer Weg den die UN-Behindertenrechtskonvention bis heute, gemacht hat. Im Jahr 2006 verabschiedete sie die Generalversammlung der Vereinten Nationen. Bis dahin hatten Experten an der Ausformulierung schon fünf Jahre gearbeitet. Zwischen den Experten waren viele Menschen mit verschiedenen Behinderungen und internationale Interessensverbände vertreten.
Im Jahr 2009 ratifizierte Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention und erkannte sie als für sich bindend an. Es wird eine Monitoringstelle eingerichtet. Diese Monitoringstelle soll die Umsetzung in Deutschland begleiten und kontrollieren. Dadurch beginnen die ersten Bundesländer Gesetzesnovellen für mehr inklusive Bildung auf dem Weg zu bringen.
Im Jahr 2011 verabschiedet Deutschland einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Im selben Jahr legt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung. Es ist der erste Bericht über die Umsetzung der UN-BRK in Deutschland.
Anschließend werden den Vereinten Nationen verschieden Parallelberichte vorgelegt. Im Jahr 2013 macht es die BRK-Allianz (welches ein breites Bündnis von Organisationen der Zivilgesellschaft ist) und die Monitoringstelle reicht es im Jahr 2015 ein.
Der UN-Fachausschuss veröffentlicht im Jahr 2015 die Ergebnisse seine erste Staatsprüfung von Deutschland. Unter anderem werden Probleme in den Bereichen Bildung, Barrierefreiheit und Arbeitsmarkt genannt.
Nach langem Ringen tritt im Jahr 2016 das Bundesteilhabegesetz in Kraft. Das Ziel dieses Gesetzes ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft im Sinne der UN-BRK zu verbessern. Leider geht die Reform nicht weit genug.
In diesem Jahr, 2019, muss Deutschland eine erneute Staatenprüfung dem Fachausschuss der Vereinte Nationen seinen zweiten Staatenbericht vorlegen. Der Deutsche Institut für Menschenrechte hat einen umfassenden Bericht zum Stand der Umsetzung der UN-BRK in Deutschlandveröffentlicht.
Schon im Jahr 2009 wurde bestimmt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen ein Recht auf dem vollen Genuss von Menschenrechte und die gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft haben sollen. Und das auf unbestimmte Zeit.
Der erste Bericht vom Fachausschuss viel mit wenig Lob und viel Kritik aus.
Als positiv wurde empfunden:
1. Die Verabschiedung eines Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Inklusion
2. Die Einsetzung einer Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung
3. Die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes, durch die Barrierefreiheit in Nahverkehrsplänen mehr Gewicht bekommt,
4. Die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache
Bemängelt hat der Fachausschuss unter anderem:
1. Die Uneinheitlichkeit der Aktionspläne in den einzelnen Bundesländern
2. Die Beibehaltung von Doppelstrukturen in den Bereichen Bildung, Wohnen und Arbeit
3. Beim Thema Barrierefreiheit sah der Ausschuss deutlichen Verbesserungsbedarf. Die private Medien und Onlineauftritte, werden nicht verbindlich verpflichtet, neue Barrieren zu vermeiden und bestehende Barrieren zu beseitigen
Insgesamt müsse die Zugänglichkeit in allen Bereichen, einschließlich des Privatsektors, verbessert werden.
4. Die mangelnde Einbindung von Menschen mit Behinderung in die entsprechenden Entscheidungs-und Gesetzgebungsprozesse
5. Bei der rechtlichen Betreuung müsse erreicht werden, dass Betreuer nicht stellvertretend für die Betreuten entscheiden, sondern sie bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen. Gesetzliche Regelungen, die bestimmten Gruppen von Menschen mit Behinderung pauschal das Wahlrecht vorenthalten, seien mit der UN-BRK nicht vereinbar.

„Insgesamt könnte man die Entwicklung von Deutschland bei den Thema UN-BRK etwas positiv betrachten, ABER es ist noch ein langer Weg.“ So die Vorsitzende Cristina Lange.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat im März 2019 einen umfassenden Bericht zum Stand der Umsetzung der UN-BRK veröffentlicht. Es folgen ein paar wichtigste Punkte dieses Berichts:
• Heute, nach der ersten Umsetzungsdekade der UN-Behindertenkonvention hat Deutschland sich positiv verändert. Der Bericht erkennt, dass
1. Menschen mit Beeinträchtigung nicht behindert sind, sondern durch äußere Umstände behindert werden, und dass die Rechte von Menschen mit Behinderung wird als Menschenrechts- und Querschnittsthema begriffen
2. Viele Menschen aus verschiedenen Bereiche, vor allem Betreuer und Angehörige haben zu den Erfolgen bei der Umsetzung der UN-BRK maßgeblich beigetragen
Aber, ….
• In Bereiche wie Wohnen und Arbeit trotz Inklusionsrhetorik und alle Bemühungen hat die Exklusion deutlich zugenommen. Die Zahl der Menschen mit Behinderung die in stationären Wohneinrichtung leben so wie die Zahl der Werkstattbeschäftigte ist ständig gestiegen. Das ist besorgniserregend und steht im klaren Widerspruch zur Zielsetzung der UN-BRK.
• Im Bildungsbereich ist die sogenannte Exklusionsquote nicht gesunken. Die Förderung von Schülern mit Förderbedarf findet also fast unvermindert in Sondereinrichtungen statt. Auch das ist mit der UN-BRK nicht in Einklang zu bringen.
• Fakt ist: Nur ein Teil von Politik und Gesellschaft nimmt den Auftrag der UN-BRK bislang an und setzt ihn praktisch um, während andere gesellschaftliche Kräfte absichtlich oder unabsichtlich dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft entgegenwirken.
• Die Bilanz fällt gemischt aus. In den Bereichen Wohnen, Mobilität, gesellschaftliche Teilhabe, Bildung oder Arbeit, ist es nicht nachvollziehbar und teilweise sachwidrig, dass Menschen mit Behinderungen gegenüber anderen Interessen noch immer das Nachsehen haben.
Die UN-BRK hat in der ersten Dekade ihrer Umsetzung wichtige Entwicklungen angestoßen.
• Zentrale Aufgabe bleibt, die soziale Ausgrenzung und die Segregation von Menschen mit Behinderungen, zu überwinden. Wirkliche Inklusion ist nur dann erreicht, wenn jeder Mensch von Anfang an und unabhängig von Grad und Schwere einer Beeinträchtigung gleichberechtigt Teil der Gesellschaft sein kann.

Autor:

Cristina Lange aus Aschaffenburg

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