Nur noch Häuptlinge – keine Indianer? Arbeitsagentur fördert Duale Ausbildung
Die Zahl der Studenten steigt seit Jahren, die Zahl der Azubis aber nimmt ab. Die zunehmende Akademisierung hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Deshalb unterstützt die Agentur für Arbeit Aschaffenburg zusammen mit der Stadt Aschaffenburg, der Berufsschule I und den Wirtschaftsjunioren die Förderung der Dualen Ausbildung. Die Kampagne www.machdudeinding.desoll dazu beitragen, mehr Jugendliche für die Duale Ausbildung zu gewinnen und die Betriebe in ihren Ausbildungsanstrengungen zu stärken.
Im Lichthof des Rathauses Aschaffenburg wurde der 2. Aufschlag der Kampagne vorge-stellt. Oberbürgermeister Klaus Herzog betonte die Notwendigkeit einer guten Ausbildung. Davon lebten die Menschen und davon lebe die Region. Nur mit einer guten Ausbildung bleibe der Wohlstand am Bayerischen Untermain. Die Stadt gehe mit gutem Beispiel voran und bilde aus in Berufen wie Bauzeichner, Verwaltungsfachangestellte, Bibliotheks-Fachangestellte, Fachkraft für Abwassertechnik, Forstwirt, Gärtner, Straßenwärter und Veranstaltungskaufmann.
Immer mehr Betriebe finden keine Lehrlinge. Im Ausbildungsjahr 2013/2014 blieben 150 Lehrstellen am Bayerischen Untermain unbesetzt, ganz abgesehen von den Stornierungen von Seiten der Firmen. Fatalistische Einschätzung eines Handwerkers: „Wir finden ohnehin keinen.“
Wo sind die ganzen Schulabgänger hin? „Auf weiterführende Schulen“, antwortet Thomas Reising, Leiter der Berufsberatung in der Agentur für Arbeit Aschaffenburg. „Es gibt weniger Schüler und die streben vermehrt auf Gymnasium und Fachoberschule. Viele wiederholen auch ihre Abgangsklasse, um bessere Noten zu bekommen.“ Die Folge: es fehlen die Bewerber für eine berufliche Ausbildung, obwohl dort gut zu verdienen ist und nach wenigen Berufsjahren Selbständigkeit lockt. Handwerk hat immer noch goldenen Boden. Das weiß jeder, der über Wochen auf den Gartenbauer oder den Fliesenleger warten muss.
Ziel für viele ist die Uni. Die Anzahl der Studenten liegt seit dem Jahr 2009 über der der Azubis. 2012 studierten über 2,5 Millionen junge Menschen an einer Hochschule, aber nur 1,98 Millionen hatten einen Ausbildungsvertrag, so die Wochenzeitung ZEIT in einer Veröffentlichung.
Die zunehmende Akademisierung verändert den Arbeitsmarkt: Schon jetzt gibt es immer mehr Studiengänge für ehemalige Ausbildungsberufe – wie etwa in der Pflege. Und weil es immer mehr Akademiker gibt, stellen die Firmen vor allem die Hochqualifizierten ein. Die sind in der Regel auch älter und reifer. Für Fachkräfte mit einem geringeren Bildungsabschluss wird es schwieriger, eine Stelle zu finden.
„Wenn immer mehr talentierte Jugendliche heute statt einer Berufsausbildung ein Studium aufnehmen, kann dann der Bedarf der Wirtschaft nach gut ausgebildeten Facharbeiterinnen und Facharbeitern noch gedeckt werden?“, fragt Harald Maidhof, der Leiter der Agentur für Arbeit Aschaffenburg. „Ist das nicht gerade in einer exportorientierten Wirtschaft wie am Bayerischen Untermain in der Industriegüter wie Maschinen und Werkzeuge hergestellt werden, besonders kritisch?“
In der Zukunft wird es nicht nur bei Hochschulabsolventen verstärkt zu Fachkräfteengpässen kommen, sondern auch bei mittleren Qualifikationen. Was folgt daraus? Grundsätzlich falsch wäre es, Hochschulstudium und Berufsausbildung gegeneinander auszuspielen. Es muss darum gehen, insgesamt das Bildungspotential besser auszuschöpfen. Ein Ansatzpunkt ist es, die mit 1,5 Millionen viel zu hohe Zahl der jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und ohne weitere Qualifikation zu verringern. Von den sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten am Bayerischen Untermain haben 17.000 oder jeder Achte keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Hier ist Phantasie gefragt, etwa durch praxisnahe Ausbildungsangebote Personen einzubinden, die im Bildungssystem bisher gescheitert sind. Da auch bei manchen Gruppen von Migranten große Ausbildungsdefizite bestehen, können zudem zielgerichtete Integrationsbemühungen Wirkung entfalten. Dies alles kostet Kraft und Geld.
Auf Deutschland bezogen ist weder eine Unter- noch eine Überakademisierung derzeit ein reales Problem. Die Probleme liegen eher in der sozialen Mobilität ("Wer schafft es, einen Hochschulabschluss zu erwerben?") und in der Ausschöpfung der Bildungsreserven am unteren Bereich der Qualifikationshierarchie ("Wie können wir Schul- und Ausbildungsabbrechern zu einem Abschluss verhelfen?").
Autor:Agentur für Arbeit Pressestelle aus Aschaffenburg |
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