„Wenn mein Herz hüpft, dann lerne ich was!“: der Perspektivwechsel!
„Kopf.Herz.Hand. Bildung ist Zeit für Menschen“: mit diesem berühmten Zitat von Johann Heinrich Pestalozzi (1746 bis 1827) begann in Würzburg am Samstag, den 31.Mai 2019 die 54. Landesdelegiertenversammlung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (kurz: BLLV).
Wenn es nach den bayerischen Schülerinnen und Schülern gehen würde, so sollen Lehrer keine Schullehrer mehr sein, sondern „Lebenslehrer“, die insbesondere die Alltagskompetenzen vermitteln, verbunden mit fundiertem Wissen und der notwendigen Zeit für jeden Einzelnen.
Das frühere „Lernen für die Arbeit“ wird heute durch „das Arbeiten lernen“ ersetzt, das Wort soll dem Zweck dienen und kein Mittel dazu sein, das Ziel zu erreichen.
Aber: welche Herausforderungen stehen dem bayerischen Schulsystem bis zum Jahr 2025 bevor? Die einigen Eckpunkte hierzu gab Staatsminister für Bildung und Kultus Michael Piazolo bekannt: die Steigerung der Schülerzahlen, die fortzuschreibende Inklusion, der Anstieg der Migrationsquote, die Digitalisierung, der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung, die Umsetzung des neuen Lehrplanes, die Förderung der sozialen Kompetenzen , die Vertiefung des Vertrauens im Schulsystem und dieses im Zeichen der Modernität und der Leistungsbereitschaft nach vorne forcieren.
Betonen wollte Herr Piazolo die Tatsache, dass die Schule kein Reparaturbetrieb der Gesellschaft sei. Lehrer ersetzen die Eltern nicht, es komme jedoch auf das magische Viereck an, bestehend aus Eltern,SchülerInnen, LehrerInnen und Verwaltung: die Empathie als Schlüsselkompetenz, der Lehrer fungiert dabei selbstverständlich weiterhin als Vorbild.
Im Rahmen einer politischen Podiumsdiskussion wurden seitens der teilnehmenden Mandatsträger die jeweiligen Sichtweisen zum Thema Bildung wiedergegeben: Matthias Fischbach (FDP-Bildungssprecher im Landtag) gab beispielsweise an, er wünsche sich eine Verlagerung der Weisungskompetenzen in die Schule selbst – nach dem niederländischem Modell; Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU, stellv. Fraktionsvorsitzender) stellte klar, dass man bereits in den Jahren 2008 bis 2018 14.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen wurden – und dies trotz sinkender Schülerzahlen. Dies sei der Vertrauensbeweis dafür, dass man die Wünsche der Schulfamilien ernst nimmt. Weitere Stellen seien im Doppelhaushalt vorgesehen.
Er bat den BLLV darum, vom Begriff der Selektionskultur Abstand zu nehmen.
Unter tobendem Beifall der anwesenden 600 Delegierten und in einer fulminanten Rede erläuterte die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann, was die Praxis bewegt: die Gegenwart der Schule heute verstehen, um die Schule von morgen zu gestalten.
Der BLLV – so gab sie sicher an – lässt sich das Wort Selektionskultur auf keinen Fall verbieten: aus Ihrer Sicht geht es in Bayern spätestens im Übertrittsjahr um das Selektieren der Individuen, mit fatalen Folgen für die beteiligten SchülerInnen und Eltern. Sie wünsche sich ein Schulmodell, bei dem es nicht nur um die Leistungsmessung in Form von Noten geht, sondern auch um die Wahrnehmung von jeder Fähigkeit und Kompetenz. Dies bleibt – so Simone Fleischmann weiter – oft auf der Strecke, man lerne nur um die nächste Prüfung zu bestehen, oder maximal für die nächste anstehende Probe.
Sie warnte davor, die moderne Schulpädagogik als Kuschelpädagogik zu diskreditieren: in einer neuzeitlichen Gesellschaft setze man auf eine einheitliche Menschenkultur. Die Präsidentin sieht die heutigen Lehrkräfte in der Aufgabe, die Gesellschaft stabil zu halten. Der heutige Lehrer macht den SchülerInnen Mut, stärkt den Sinn für Demokratie und Werte und leitet die Schülerschaft in eine sichere Zukunft in einer augenscheinlich orientierungslosen Welt.
Der Lehrer sieht den jungen Menschen stets als Ganzes: mit Herz, Kopf und Hand.
Ganz nach dem Leitbild von Pestalozzi.
Autor:Andrea Faggiano aus Obernburg am Main |
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