Gedanken der Woche 17, im Dante-Jahr 2021
„Ich, ich, ich sag´ ich und das genügt!“: Corona, die Grundrechte und das ungerechte Privileg, privilegiert zu sein
Die alte Vernunftwelt, so heiter und hell wie sie einst war, scheint nicht mehr zu existieren. Die Politik versprach, es wird keine Lockerungen bzw. Vorteile für Corona-Geimpfte und Genesene geben, solange nicht genügend Impfstoff für alle da ist.
Eine gerechte Entscheidung, unvernünftig dennoch im Sinne der Verfassung. Denn der Staat in seiner demokratischen Struktur darf Grundrechte ohne besondere und tiefgreifende Argumente nicht einschränken. Und dies hat er massiv vernachlässigt, als er zuletzt die Maßnahmen auch noch verschärfte und die Corona-Notbremse in Windeseile verabschiedet hat.
Ein Fehler, den er nun korrigieren will, bevor der oberste Wächter der Verfassung freundliche Grüße aus Karlsruhe sendet...
Menschen sind nicht nur frustriert, sondern sie fühlen sich von der Politik auch ungerecht behandelt, beinahe diskriminiert.
Man möchte die Impfung erhalten, aber – zumindest wenn man keiner Priorisierungsgruppe angehört- weder ist ein Termin möglich, noch ist genügend Impfstoff da, damit man tatsächlich dran käme.
Und da wäre auch noch die – meist unbegründet- Angst vor einigen Fabrikaten, die die Begehrlichkeit nach bestimmten Impfstoffen wachsen lässt! Und somit auch die Wartezeiten...
Und von den entsprechenden Fristen zwischen der ersten und der zweiten Impfung ganz zu schweigen: Wer beispielsweise mit AstraZeneca geimpft wird, der muss 12 Wochen bis zur nächsten, letzten Dosis warten. Mit BionTech geht es aber wesentlich schneller...
Die Gerechtigkeit wird in der Allegorie als blinde Frau dargestellt. Blind, weil sie keinen Unterschied macht zwischen Mann und Frau. Keine Differenzen kennt zwischen Jung und Alt. Keinen Gegensatz zwischen Bruder und Schwester gelten lässt und sie keine Differenzierung zwischen Papst und Landwirt vornimmt: Alle Menschen sind gleich, alle haben die gleichen Rechte und Pflichten. Es zählen die Fakten, die in die Schale der Waage geworfen werden.
Die Politik wirft dieses Prinzip über Bord – über die Schale hinweg- und damit lässt sie einmal mehr in der Corona-Krise Versprechungen fallen.
Warum tut sie das eigentlich?
Im Klassiker „Medea“ bringt die gleichnamige Hauptfigur, die Königstochter, ihre Kinder um, nachdem sie vom Mann verlassen wurde und das gemeinsame Nachkommen bei ihm bleiben soll.
Die Dienerin fragte sie, was ihr denn nun bliebe nach dieser schrecklichen Tat und ohne Liebhaber.
Medea, wütender denn je, antwortete kaltblütig: „Ich, ich, ich sag´ ich und das genügt!“
Einer der schlimmsten Momente in einem Theatersaal!
Und dieser Moment hält uns gerade in diesen Tagen vor, wie schrecklich die Vernunft sein kann, wenn sie den Mächtigen dient...und zur Leidenschaft mutiert!
Im geflügelten Worte darf man sich im Dante-Jahr 2021 die künstlerische Freiheit nehmen, dem aktuellen Geschehen ein paar Reime zu widmen – bleiben Sie bei der Lektüre behütet!
"Doch mächtiger als die Einsicht ist die Leidenschaft:
Sie ist die Ursache jedes größten Fluchs der Welt!"
So sprach einst Medea, die Königstochter, grauenhaft
Die Kinder ermordet, die eigenen, der Liebe wegen. O Himmelszelt!
Die Vernunft, die zählte nicht. Sie fand damals und findet heute kein Gehör
„Nimmst du es dem Einen zwar weg, so gibst du es dir doch selbst wieder?!“
Das Privileg, egoistisch zu sein, ist doch kein Malheur
Wenn man bedenkt, dir geht es gut- Du bist der Sieger!
Das Privileg, privilegiert zu sein, dank der Impfung oder dank Corona
Ob Genesener oder Geimpfter
Ist es nicht ungerecht, ob du nun in Rom oder Verona
Deinen Sommerurlaub planst? Und ich? Ich will es auch! Und nicht erst im Winter!
Ich? Du? ICH sage ICH und das genügt!
Wenn jeder an sich denkt, dann ist an jedem gedacht
Und erst komme ich, wie das Schicksal sich fügt,
und lange lange nix! Corona-Solidarität ade´, Deutschland: Gute Nacht!
Autor:Andrea Faggiano aus Obernburg am Main |
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