Das CORONA-Virus und die Frage: Wann ist weit denn nun zu weit? Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe im Zeichen der Wegezeiten
Die CORONA-Krise hat Deutschland weiterhin voll im Griff: Die Normalität kehrt zwar nach und nach zurück, jedoch gibt es die herben Rückschläge, die uns daran erinnern, dass das Virus immer noch unter uns ist.
Die Helden der Krise während des flächendeckenden Lockdowns sind in aller Munde: Pflegepersonal, Ärzte, VerkäuferInnen, LehrerInnen und die arbeitenden Mütter, die ihre Kinder zusätzlich zuhause betreuen mussten- da die Schulen geschlossen wurden.
Sie alle verdienen den größten Respekt und haben uns sicherlich daran erinnert, welcher Wert in dieser Krise am Wichtigsten gewesen ist: Zusammenhalt.
Die gleiche Krise hat aber auch gezeigt, dass einige Bereiche von diesem Zusammenhalt verschont blieben und ggf. bleiben. Eine Branche davon betroffen ist das Bauhauptgewerbe: Die Kolleginnen und Kollegen haben während der Krise bewiesen , dass sie für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftskraft Deutschlands einstehen und sie der Motor der Nation sind.
Denn es gab keine Bedenkzeit für Hygienemaßnahmen; keine Schonzeiten für die Antwort auf die Frage, warum der Bus so voll ist und ob dies so richtig sei; vielmehr gab es Arbeiterkolonnen, die in Gruppen ohne jegliche gesundheitsrechtliche Berücksichtigung zusammengearbeitet haben, während man in der Freizeit die Gleichen sich nicht treffen durften.
Das Alles –und darüber hinaus - fließt nun in die Entscheidung der ArbeitnehmerInnen, die Forderungen zu den zum dritten Mal gescheiterten Tarifverhandlungen beizubehalten: 6,8 % mehr Entgelt- jedoch mindestens 230,- €; Entschädigung für die Wegezeiten von und zur Baustelle; 100,- € pro Monat mehr Ausbildungsvergütung.
Das Schlichtungsverfahren beginnt, Ausgang ungewiss...
Man wird von der Öffentlichkeit für diese Entscheidung vielleicht viel kritisiert werden, man verlangt in dieser Krise von den KollegInnen ja den Zusammenhalt und die Aufopferung, aber der Blick in die Vergangenheit sollte den neutralen Betrachter in die Situation versetzen können, dass die tatsächlichen Umstände eine andere Sprache sprechen als die der aktuellen Gefühle: 2020, das zweitbeste Jahr für die Baubranche seit der Wiedervereinigung (nach 2019, dem besten Jahr überhaupt); die bedingungslose Bereitschaft der KollegInnen, während der Corona-Beschränkungen weiter zu bauen und somit Deutschland wirtschaftlich wortwörtlich zu stützen; die unbezahlbare Zusage an die vielen Bauherren, Projekte termingerecht und ohne Wenn und Aber fortzusetzen und sie auch zu Ende zu bringen.
Während die Arbeitgeberverbände davon reden, dass die IG-Bau-Verhandlungsführung die Tatsache verschweigt, dass die Krise bald auch den Bausektor treffen wird- um die Forderungen wegzudiskutieren, hinzu haben sie bisher kein Angebot vorgelegt-, verweist die IG-BAU eben auf diese genannten Faktoren, wofür ihre Mitglieder vor und in der Krise eingestanden haben, aber auch wofür sie danach einstehen werden.
Das größte Konfliktpotential bildet die Forderung nach einer Entschädigung für die Wegezeiten von und zur Baustelle. Die Bundestarifkommission, der auch Andrea Faggiano aus Obernburg als gewählter Delegierter aus der Region Würzburg-Mainfranken angehört, hatte sich klar und deutlich dahinter gestellt und begründete dies mit dem Umstand, dass die BauarbeiterInnen sich die Arbeitsstelle (Einsatzort) nicht aussuchen dürfen- was in anderen Berufe und Jobs wiederum möglich ist. Auch eine Studie des Pestel-Instituts gab den Forderungen Recht, da diese die gesonderte Belastung im gesamten Vergleich bestätigte.
Hinzu kommt die Attraktivität der Bauberufe selbst, damit junge Menschen sich für diese entscheiden können- ohne darunter zu leiden, dass sie den Arbeitsort ja nicht bestimmen dürfen.
Die BaukollegInnen bitten deshalb um Verständnis für ihre Forderungen: Sie haben ihren Beitrag in der Krise bereits geleistet und verlangen jetzt nichts Anderes als die anderen es getan haben: Gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Autor:Andrea Faggiano aus Obernburg am Main |
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