Ausschuss für Gesundheit und Soziales tagte:
Projektumsetzung „Interkulturelle Gesundheitslotsen“ und neue Höchstmiettabelle beschlossen
Hüffenhardt. Über die Versorgungssituation von psychisch erkrankten Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis wurde der Ausschuss für Gesundheit und Soziales in seiner jüngsten Sitzung vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) informiert.
Obwohl es bereits professionelle Hilfesysteme für psychisch erkrankte Menschen gibt, braucht es vor Ort die entsprechenden Versorgungsstrukturen. „Genau das macht uns momentan durchaus Sorgen. So fehlen sowohl Plätze in geschlossenen Wohngruppen als auch im offenen Bereich. Auch die Nachversorgung nach der Entlassung aus einer psychiatrischen Klinik kann möglicherweise zum Problem werden“, führte Landrat Dr. Achim Brötel zu Beginn der Sitzung in Hüffenhardt in die Thematik ein. Hinzu komme noch der Fachkräftemangel, der die Versorgung von psychisch erkrankten Menschen deutlich erschwere.
Dr. Gerrit Grünes vom Referat Teilhabe und Soziales des KVJS erläuterte den Ausschussmitgliedern die „Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund Baden-Württemberg 2021/22“ mit besonderem Augenmerk auf den Neckar-Odenwald-Kreis. Die Dokumentation, ein Gemeinschaftsprojekt des KVJS, des Städtetags und des Landkreistags Baden-Württemberg, das regelmäßig fortgeschrieben wird, gibt durch Kennzahlen einen Überblick über die Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen im Vergleich zu anderen Stadt- und Landkreisen und zum Landesdurchschnitt und damit Hinweise zur strukturellen Weiterentwicklung. Abweichungen vom Landesdurchschnitt attestierte Dr. Grünes insbesondere bei den niederschwelligen Angeboten, der Teilhabe am Arbeitsleben und der sozialen Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Am augenfälligsten ist die vergleichsweise geringe Versorgung mit Fachärzten. „Es ist deshalb umso wichtiger, dass der Weiterbildungsverbund Psychiatrie und Psychotherapie gemeinsam mit dem Main-Tauber-Kreis gegründet wurde, um frühzeitig und nachhaltig die fachärztliche Versorgung in diesem Bereich zu sichern“, betonte Dr. Brötel.
Ärgerlich sei, dass der Planungsbereich für die Kinder- und Jugendpsychiatrie auf den gesamten Rhein-Neckar-Raum bezogen und deshalb viel zu groß sei. Das führe zu dem skurrilen Ergebnis, dass zwar rein rechnerisch eine Überversorgung gegeben sei, sämtliche Arztsitze aber außerhalb des Neckar-Odenwald-Kreises lägen. Faktisch bestehe deshalb bei uns sehr wohl eine Unterversorgung. Trotzdem sei eine hochqualifizierte Fachärztin aus Obrigheim, die sich niederlassen wollte, jetzt aber vor dem Zulassungsausschuss gescheitert. Dafür, so Dr. Brötel, könne man - zumal angesichts des weiter steigenden Bedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und des Aufnahmestopps umliegender Praxen - keinerlei Verständnis haben.
Danach erhielt der Ausschuss einen erneuten Bericht über die aktuelle Umsetzung des
Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Kreis. Das erklärte Ziel des BTHG ist mehr Selbstbestimmung für Menschen mit einer Behinderung und volle, gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Der Landrat verwies darauf, dass dafür mit dem BTHG wichtige Voraussetzungen geschaffen werden. Fest stehe aber auch, dass durch die Lückenhaftigkeit des Landesrahmenvertrags viele Problempunkte nach wie vor ungeregelt blieben, die dann mit viel Aufwand vor Ort in jedem Stadt- und Landkreis einzeln ausgehandelt werden müssten. Schon jetzt zeichne sich zudem auch im Neckar-Odenwald-Kreis bereits deutlich ab, dass die Reform der Eingliederungshilfe in ihrer vorliegenden Ausgestaltung zu einer ständig wachsenden Belastung des Sozialhaushalts führe. Durch die gesetzten Standards verstärke sich zudem der bürokratische Aufwand ganz erheblich. Das treffe nicht nur die Verwaltung und die Einrichtungen, sondern auch die Menschen mit einer Behinderung und ihre gesetzlichen Betreuer. „Die vollen Auswirkungen der Reform werden wir erst in den kommenden Jahren zu spüren bekommen“, so der Landrat. Anhand eines anonymisierten Beispiels veranschaulichte Sozialdezernentin Renate Körber den immens steigenden Kostenaufwand nach der BHTG-Umstellung und erläuterte zudem, wo der Landkreis bei der Umstrukturierung derzeit steht. Auch Gremiumsmitglieder kritisierten die deutlich steigenden Kosten und die „überbordende Bürokratie“, die mit der BTHG-Umstellung einhergehen.
Im nächsten Tagesordnungspunkt wurde den Ausschussmitgliedern das Projekt „Interkulturelle Gesundheitslotsinnen und Gesundheitslotsen“ von der Fachdienstleiterin Gesundheitswesen Dr. Martina Teinert vorgestellt. Dabei ist vorgesehen, sogenannte Gesundheitslotsen auszubilden, die selbst auch einen Migrationshintergrund haben und bereits gut in unserer Gesellschaft integriert sind. Ihre Aufgabe soll es dann sein, neu zugewanderten Personen die erforderlichen Informationen über das deutsche Gesundheitssystem zu vermitteln, Arzt-Patienten-Kontakte zu vereinfachen und zudem ein verstärktes Bewusstsein für die präventive Gesundheitsvorsorge zu schaffen. „Interkulturelle Gesundheitslotsen wären eine große Hilfe in diesem Bereich“, warb Dr. Teinert für die Umsetzung des Projekts. Das Land Baden-Württemberg hat bereits eine Förderung des Projekts zugesichert. Der Ausschuss, der das Projekt durchaus kontrovers diskutierte, stimmt mehrheitlich der Durchführung der „Interkulturellen Gesundheitslotsinnen und Gesundheitslotsen“ sowie der Einrichtung einer zusätzlichen Stelle im Umfang von 40 Prozent für die Dauer der dreijährigen Projektlaufzeit zu.
Schließlich beschoss der Ausschuss für Gesundheit und Soziales die neue Höchstmiettabelle für die angemessenen Kaltmieten nach dem SGB II und SGB XII im Neckar-Odenwald-Kreis ab Januar 2024. Für Leistungsberechtigte in der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitssuchende übernimmt der Neckar-Odenwald-Kreis die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Kaltmieten wird dabei in einer sogenannten Höchstmiettabelle festgelegt.
Für die Bereitstellung der Mehrzweckhalle dankte Landrat Brötel abschließend Bürgermeister Walter Neff, der die Ausschussmitglieder eingangs im Namen der Gemeinde begrüßt und aktuelle Projekte vorgestellt hatte.
Autor:Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis aus Neckar-Odenwald-Kreis |
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