Buchempfehlung: Der Hund von Akiz
Der Jean Baptiste Grenouille des Geschmacks
„Wenn der Teufel auf einen Haufen scheißt, dann richtig, und bei Vaslav hatte er Durchfall gehabt.“
Mit „Der Hund“ ist Akiz ein 191 Seiten lang währender Paukenschlag gelungen. Ich bin ehrlich, ich wusste nicht, was mich bei diesem Buch erwartet. Ich esse gern und koche etwas weniger gern, aber ich war sehr gespannt auf diese Story, diesen tiefsinnigen Roman über diesen außergewöhnlichen jungen Koch. Koch trifft es aber nur bedingt, denn der Hund ist vor allem eins: ein fanatischer Künstler!
Aber worum geht es denn eigentlich? Mo und der Hund, dessen wirklichen Namen, so er denn einen hat, wir bis zum Ende nicht erfahren, arbeiten in einem schäbigen Dönerladen. Das einzig Positive daran ist, dass sie eine gute Sicht auf das Restaurant des sagenumwobenen Valentino haben. Das El Cion ist zum Greifen nah und wirkt doch so fern. Die Geschichte wird aus Mo’s Sicht erzählt, der davon träumt selbst wieder am Herd einer Sterneküche zu zaubern, wenn er denn nur die Chance bekommt. Über den Hund und seine Vergangenheit ist wenig bekannt, doch das wenige reicht bereits, um Legenden zu erschaffen. Er sei aus einem dunklen Loch gekrochen und habe die Welt nur über den Geschmack erfahren, heißt es. Er spricht kaum, ist emotionslos und definiert sich und seine Umwelt nur über den Geschmack unterschiedlicher Nahrungsmittel. Der Hund ist ein Getriebener auf der Suche, doch niemand weiß, wo das Nirwana des Hundes zu finden ist. Er nimmt keine Rücksicht auf Verluste und gibt nicht auf, bis sie sich ihm bietet, die Chance ins El Cion einzusteigen. Niemandem ist klar, dass dadurch der Wolf im Schafspelz Einzug in die Welt der Spitzenköche erhalten hat.
Ich möchte dem hanserblau Verlag dafür danken, dass ich dieses Buch vorab als Rezensionsexemplar lesen durfte. Die Einblicke in den harschen Ton in den Küchen hinter den ach so noblen Restaurant sind faszinierend, verstörend und unerwartet zugleich. Die Sprache von Akiz ist außergewöhnlich. Ein Haifischbecken ist verglichen mit dieser harten Parallelwelt doch eher ein Goldfischglas. Der Ruhm und die Show stehen über allem, der Verlust der Würde des Einzelnen in der Küche gilt als notwendiges Übel.
In all dies steigt der Hund auf unkonventionelle Art ein, er mischt den Laden auf, er betört die Menschen mit seinen verbotenen Gerichten und Methoden und lässt sie ihre animalischen Triebe neu erkennen. Die Parallelen zu „Das Parfüm“ sind frappierend. Auf das 21. Jahrhundert und den Geschmackssinn übertragen meint man den besessenen Grenouille in veränderter Gestalt am Herd stehen zu sehen.
Das Buch ist kurz, knapp und kennt keine Atempausen. Ich liebe guten Buchsatz und hier sind einige Trennungen falsch gesetzt, wie zum Beispiel Nach-tbus oder ges-chickt, aber – jetzt kommt’s – selbst das passt zu dem wüsten Wesen des Hundes und dem brutalen Schreibstil des Autors. Ich hoffe der ein oder andere von Euch kann mich da verstehen. Vielleicht war das ja so gedacht?
„Der Hund“ ist ein Meisterwerk, das viel Stoff zum Diskutieren gibt, daher auch so eine umfangreiche Rezension. Klare Leseempfehlung für Freunde zeitgenössischer Literatur.
Das Buch ist bei hanserblau erschienen (ISBN: 978-3-446-26599-8, erscheint heute!!!), kostet 18 Euro und ist dabei jeden Cent wert!
Autor:Gustav Teschner aus Mönchberg |
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