Streuobst gegen Artensterben
Käfervielfalt wie im Urwald

Nährstoffreicher Mulm ist überlebenswichtig für die Holzbewohner | Foto: Jennifer Weidle
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  • Nährstoffreicher Mulm ist überlebenswichtig für die Holzbewohner
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Das Artensterben schreitet voran und wird doch immer noch übersehen. Im aktuellen Global Risks Report 2024 sehen 1500 internationale Expertinnen und Experten den Verlust der Artenvielfalt als eines der zehn größten Risiken für die Menschheit in dieser Dekade.

Der große Goldkäfer (Protaetia aeruginosa) ist der große Verwandte des Rosenkäfers. Die streng geschützte Art (BNatSchG) steht auf der Roten Liste Deutschland 1 (vom Aussterben bedroht). Er hat eine Vorliebe für verpilztes Holz und für nährstoffreichen Holzmulm. | Foto: Torsten Ruf
  • Der große Goldkäfer (Protaetia aeruginosa) ist der große Verwandte des Rosenkäfers. Die streng geschützte Art (BNatSchG) steht auf der Roten Liste Deutschland 1 (vom Aussterben bedroht). Er hat eine Vorliebe für verpilztes Holz und für nährstoffreichen Holzmulm.
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Biodiversität vor der Haustür: Die Bedeutung der Streuobstwiesen

Dabei betrifft Biodiversität, genau wie der Klimawandel, uns alle. Und zwar direkt vor unserer Haustüre. Lösungen finden sich in der Stärkung von Zonen, welche Biodiversität erhalten und fördern. Eine solche sind unsere Streuobstwiesen.

Herausragende ökologische Befunde: Käferkartierungen am Zollberg

Im vergangenen Jahr wurden Kartierungen im größten Streuobstbestand in Main-Spessart, dem Zollberg bei Gemünden-Langenprozelten durchgeführt. Als „herausragend“ bezeichnet Gebietsbetreuer für Grünland Torsten Ruf die Ergebnisse von Käferspezialist Dr. Jürgen Schmidl. „Die Befunde stellen die ökologische Bedeutung von Apfelstreuobst heraus“, so Schmidl.

Laut Kartierergebnis konnte am Zollberg eine „sehr hohe Zahl“ von 170 Arten xylobionter Käfer nachgewiesen werden, darunter drei Urwaldreliktarten. Xylobionte Käfer leben im Holz und sind vor allem auf Totholzstrukturen wie Mulmhöhlen, starkes Totholz, Saftflüsse und Verpilzungen angewiesen. Dr. Schmidl zählte die herausragende Anzahl von 58 Rote-Liste-Arten, was einem Anteil von 34,1% des Gesamtartenspektrums entspricht. „Ein Wert“, so Schmidl, „der nur in außergewöhnlichen Spitzenstandorten Bayerns erreicht wird.“

Knapp 1.400 Käferarten in Mitteleuropa sind an den Lebensraum Holz angepasst. Sie bauen mit ihrer Lebensweise Totholz auf natürliche Weise ab. Außerdem schaffen sie Bohrgänge und Mulm und so neuen Lebensraum für eine Besiedlung durch weitere Tiergruppen. „Holzbewohnende Käfer“, so Experte Schmidl, „zeigen uns, wie gut der ökologische Zustand der Streuobstbestände ist.“

Dr. Jürgen Schmidl untersucht seit 2016 Streuobstbestände in Unterfranken systematisch auf das Vorkommen von xylobionten (holzbewohnenden) Käferarten.  | Foto: Jürgen Schmidl
  • Dr. Jürgen Schmidl untersucht seit 2016 Streuobstbestände in Unterfranken systematisch auf das Vorkommen von xylobionten (holzbewohnenden) Käferarten. 
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Im Jahr 2019 wurde erstmals in Main-Spessart eine Untersuchung von holzbewohnenden Käfern in Streuobst in den „Erlichsgärten“ bei Kreuzwertheim in Auftrag gegeben. Es folgten Untersuchungen des Bereichs Mönchberg und Schmachtenberg im Landkreis Miltenberg in 2021 und zuletzt am Zollberg.

Maßnahmen zum Artenschutz: Erhaltung und Förderung von Streuobstbeständen

Um dem Verschwinden von Arten weiter entgegenzuwirken, sei es wichtig bestehende Streuobstbestände zu erhalten und neue Bäume zu pflanzen, so Projektleiter und zweiter Geschäftsführer des Naturparks Spessart Julian Bruhn. Vor allem historische Hochstamm-Apfelsorten sieht er als ökologisch unverzichtbar. Bruhn zufolge eignen sich Halbstamm- oder Spindelobstbäume mit schwachwachsender Wurzelunterlage zwar weniger gut für die Streuobstwiese, fänden dafür aber im Hausgarten Verwendung.

Projektleiter und zweiter Geschäftsführer des Naturparks Spessart Julian Bruhn an einem der alten Bäume am Zollberg. | Foto: Jennifer Weidle
  • Projektleiter und zweiter Geschäftsführer des Naturparks Spessart Julian Bruhn an einem der alten Bäume am Zollberg.
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Auch die Bewirtschaftung der Fläche zwischen den Bäumen spielt gemäß Ruf eine wichtige Rolle für den Artenreichtum. Zum Beispiel käme blühenden Hecken und artenreichem, extensiv gemähtem oder beweidetem Grünland eine hohe Bedeutung im Gesamtnetz des Lebensraums zu. Das häufige Mulchen von Flächen sei kontraproduktiv.

Mit zahlreichen Projekten, wie Neupflanzungen von Streuobst und Streuobstschnitt, sowie Förderung von artenreichen Grünlandstrukturen engagiert sich der Naturpark Spessart zusammen mit seinen zahlreichen Partnern zum Erhalt der Artenvielfalt.

Nährstoffreicher Mulm ist überlebenswichtig für die Holzbewohner | Foto: Jennifer Weidle
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Bruhn bedankt sich bei der Regierung von Unterfranken für die finanzielle Förderung der Käfer-Kartierungen. Außerden beim Markt Mönchberg, dem BUND Naturschutz Miltenberg und Main-Spessart, der Raiffeisenbank Elsavatal und der Sparkasse Miltenberg-Obernburg für die finanzielle Unterstützung.

Warum ist Biodiversität wichtig?

Gute Luft, sauberes Wasser und qualitative Böden sind von der Biodiversität unserer Erde abhängig; und für uns Menschen unerlässlich. Außerdem verstärken sich Biodiversitätsverlust und Klimawandel gegenseitig. Somit hängen auch Wetterkatastrophen unmittelbar mit dem rasant ansteigenden Verlust der Artenvielfalt zusammen.
Da lebende Organismen in dynamischen Ökosystemen interagieren, kann das Verschwinden einer Art weitreichende und unvorhersehbare Auswirkungen haben. Biodiversität ist außerdem eine existenzielle Grundlage unserer Wirtschaft. In Deutschland hängt über die Hälfte unseres Bruttoinlandsproduktes (BIP) von Artenvielfalt ab.

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