Besuch
Viele Themen bei Stadtbesichtigung Erlenbach angesprochen

Bei der Abschlussrunde der Stadtbesichtigung Erlenbach im Weingut Albert Waigand mit Winzern, Vertretern der Stadtratsfraktionen und den Mitarbeitenden von Stadt und Landratsamt stand der gegenseitige Austausch im Mittelpunkt.  | Foto: Winfried Zang
  • Bei der Abschlussrunde der Stadtbesichtigung Erlenbach im Weingut Albert Waigand mit Winzern, Vertretern der Stadtratsfraktionen und den Mitarbeitenden von Stadt und Landratsamt stand der gegenseitige Austausch im Mittelpunkt.
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Soziales, Jugendarbeit, Verkehr, Bauprojekte, Trinkwasser, Kultur und weitere Themen: Zahlreiche Themen hat Bürgermeister Christoph Becker mit seinem Team Landrat Jens Marco Scherf bei dessen Besuch der Stadt Erlenbach am Dienstag, 11. Juni, präsentiert.

Begleitet von Fachleuten seiner Verwaltung erklärte der Landrat, dass ihm viel an den Gemeinde- und Stadtbesuchen liegt, da er hier aus Perspektive der Kommunen erfährt, wo der Schuh drückt. In Erlenbach war dies eine mehrstündige Diskussionsrunde im Sitzungssaal, in der Bürgermeister Christoph Becker und Mitarbeitende der Stadt Erlenbach die wichtigsten Vorhaben und Herausforderungen vorstellten.

Becker, der seit einem Jahr im Amt ist, stellte Erlenbach eingangs als Familien-, Kultur-, Traditions- und Weinstadt vor, in der Menschen aus 90 Nationen zusammenleben und über 100 Vereine das Leben in der Stadt bereichern. Den Worten von Sozialreferentin Diana Laumeister war zu entnehmen, dass die Stadt Erlenbach mit denselben Problemen kämpft, die alle anderen Gemeinden auch haben: Die Personalsituation in den Kindergärten und Kindertagesstätten ist angespannt, aber bis jetzt habe man es geschafft, die Öffnungszeiten zu halten. Etwas Entlastung werde ein neuer Waldkindergarten nahe der Kapelle in Mechenhard bringen, hofft sie. Auch bei der Betreuung der Schulkinder müsse man sich überlegen, wie es künftig laufen soll, erklärte sie. Alleine für die Mittagsbetreuung erwarte man einen Bedarf von 81 Plätzen – bisher gebe es Platz für 50. Eine kurzfristige Ausweitung ist in der Planung. Neben personellen und baulichen Fragen sei auch die überbordende Bürokratie ein konkretes Problem, wusste Landrat Jens Marco Scherf. So könnte eine Pauschalisierungsregelung im Rahmen des Bayerischen Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetzes eine enorme Erleichterung bringen. „Viele Probleme werden von der großen Politik nach unten verlagert“, kritisierte Scherf, „aber wir hier unten können nicht alle Probleme lösen.“ Für den Landrat wäre die Wunschlösung, dass die gesamte Schulbetreuung inklusive Nachmittag aus einem Guss durch den Freistaat erfolgen würde – eine geteilte Zuständigkeit aus Freistaat, Gemeinden und obendrauf noch dem Landkreis macht entsprechend der Erfahrung der „vielen Köche“ das Bildungsangebot nicht besser, gab Scherf auch die Position des Bayerischen Landkreistags wieder.

Mit dem „Projekt Zukunft“ des Landkreises Miltenberg, das zurzeit in Erlenbach umgesetzt wird, soll die Partizipation junger Menschen vorangetrieben werden. Alle sind schon darauf gespannt, was die Jugendlichen und Kinder vorbringen werden, sagte Kreisjugendpfleger Helmut Platz. Er wünscht sich, dass dieses Projekt verstetigt wird und dauerhaft in allen Kommunen umgesetzt wird. Es bietet auch den Kommunen einen großen Vorteil: Sie erfahren, was sie tun müssen, um junge Menschen zu halten oder sie nach ihrer Ausbildung wieder zurückzuholen. Es sei wichtig, die Jungen mitzunehmen, ihre Wünsche nach Möglichkeit umzusetzen und auch zu erklären, wenn etwas nicht möglich sei, ergänzte der Landrat: „Durch Beteiligung und Ernstnehmen können wir junge Menschen nachhaltig in ihre Heimat verwurzeln und sie kehren eher als fertige Ärztin oder Ingenieur, als Pflegekraft oder Handwerker zurück!“. Lobende Worte fand Diana Laumeister zudem für den Familienstützpunkt Nord und dessen Leistungen.

Mit dem Verkehrs- und Mobilitätskonzept wolle die Stadt bis Jahresende fertig sein, so der Leiter des Baureferats, Kurt Franz. Mindestens zwei Bushaltestellen wolle man pro Jahr barrierefrei gestalten, auch in den Ortsteilen Mechenhard und Streit. Eine „schwere Geburt“ sei der Bau eines Radweges von Erlenbach nach Klingenberg, der schon seit den90er Jahren diskutiert werde. Nach vielen Gesprächen unter Beteiligung von Landrat Scherf habe die Regierung von Unterfranken signalisiert, dass es ein straßenbegleitender Radweg werden könne, für den der Freistaat die Kosten übernehmen werde. Das hierfür notwendige Planfeststellungsverfahren sei aber „ein Wahnsinn“, sagte Franz, riesige Vorgaben verhinderten ein rasches Vorankommen. Zu Klagen aus der Siedlung über höhere Lärmpegel von der B469 sagte Franz, dass das Staatliche Bauamt zugesagt habe, bei der nächsten Straßenbaumaßnahme an der Abfahrt Wörth-Nord geräuschmindernden Asphalt einzubauen.

Die ICO-Süderweiterung werde in der Stadt Erlenbach aufmerksam begleitet, versicherte Bürgermeister Becker und verwies auf einen runden Tisch mit 15 Teilnehmenden. Das Bauleitplanverfahren stocke allerdings zurzeit. In finanzieller Hinsicht brauche Erlenbach eine stabile Einnahmenseite – wozu er auch Gewerbe- und Industriebetriebe anführt. Becker verwies auf ein aktuelles Defizit im Haushaltsplan von rd. 4 Millionen Euro und weitere schwere Jahre.

Die Innenstadtentwicklung treibe man mit dem Vorhaben ProZENT voran, mit dem ein zentraler Bereich umgestaltet werden soll. Zwei alte Häuser sollen möglichst erhalten werden, ein weiteres Gebäude soll entstehen, ein Marktplatz soll Leben in das Zentrum bringen. Ideen für die Gestaltung der 4.500 Quadratmeter großen Fläche gebe es genug, so der Bürgermeister, der sich vom Vorhaben eine Stärkung der Identität erhofft. Die neue Trinkwasserversorgung soll Anfang 2025 in Betrieb gehen, so Karl Franz.

Dass die Stadt auch in die Feuerwehr und den Katastrophenschutz investierte und dabei Unterstützung vom Landkreis erfahre, erläuterten Kämmerin Tamara Heßberger und Bürgermeister Christoph Becker mit dem Verweis auf angeschaffte Fahrzeuge den
Einsatzleitwagen und die Drohne für die Messleitkomponente. Als Problem sieht Becker die Tatsache, dass es zurzeit keine Tankstelle für die Betankung von Fahrzeugen im Katastrophenfall gibt. „Auch eine oder zwei solcher Tankstellen reichen bei weitem nicht aus“, so Becker. Solche Tankstellen bräuchten eine Notstromversorgung und die geeigneten Pumpen, damit Einsatzfahrzeuge ihren Treibstoff aus den Tanks pumpen können. Nun soll gemeinsam mit dem Landkreis geklärt werden, ob praktikable Kooperationen mit Tankstellen oder Busunternehmen möglich sind.

Dass Erlenbach zurecht als Kulturstadt gilt, verdeutlichte Caroline Gebler. Seit einigen Jahren sei die Nachfrage nach Kulturveranstaltungen rückläufig, aber mit kreativen Ideen habe man das aufgefangen. So sei die Veranstaltungsreihe „Sommer in der Stadt“ sehr erfolgreich. Hier biete man kostenlose Outdoor-Veranstaltungen an bestimmten Stellen in der Stadt und den Stadtteilen, die gut angenommen würden. Ein Renner sei die von mehreren jungen Leuten organisierte „Aquaphobie“, zu der Menschen aus ganz Deutschland anreisen – das nächste Mal am 29. Juni; am Tag zuvor spielt die bekannte Band Glasperlenspiel. Städtische Musikschule, Volkshochschule, die wiedereröffnete Stadtbibliothek, die Kunstgrundschule und die Ferienspiele zeigen laut Gebler, dass in Erlenbach viel für Kunst und Kultur getan wird.

Als „tolles Projekt“ bezeichnete Christoph Becker den Mehrgenerationenpark in Mechenhard, in dem nach Fertigstellung Alt und Jung nebeneinander ihre Freizeit verbringen können. Die Stadt Erlenbach stellt hierfür 20.000 Euro und Bauhofleistungen bereit, so dass unter anderem eine Streuobstwiese, ein Holzpavillon, eine Nasch-Ecke mit Sträuchern, ein Spielbereich für Kinder und Ruhezonen geschaffen werden soll. Auch die Lokale Aktionsgruppe Main4Eck sei eingebunden, so Becker.

Ein Problem, das Stadt und Winzer umtreibt, ist der Erhalt der stadtbildprägenden Weinberge. Immer mehr Winzer gäben auf, so dass sich die Natur alte Weinberge zurückholt. „Wir haben Sorge, dass die Kulturlandschaft leidet“, so der Bürgermeister. Da alle Weinberge und Wege der Stadt gehören, sei die Stadt finanziell bei Reparaturen gefordert, sagte er, für Kommunen gebe es aber seines Wissens keine Förderung. „Wir brauchen diese Kulturlandschaft“, stellte Landrat Jens Marco Scherf fest, denn sie
garantiere den Artenschutz. Dieses Problem wurde im Anschluss an die Stadtbesichtigung noch mit Winzern und Fraktionsvertretern des Stadtrats im Weingut Albert Waigand diskutiert und Landrat Scherf sagte seine Unterstützung bei den Gesprächen mit dem Freistaat Bayern zu.

Zufrieden zeigte sich der Landrat am Ende mit der Erkenntnis, dass die gute Zusammenarbeit von Stadt Erlenbach und Landratsamt schon Früchte getragen hat; alle Verwaltungsmitarbeitenden aus Erlenbach und dem Landratsamt lobten das gute Miteinander. Auch weiterhin sei man gerne Ansprechpartner in allen Fragen, versicherte Jens Marco Scherf.

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