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Besonderer Schulgarten - 05.08.2019 - Barbarossa-Schule in Erlenbach am Main
Ganzheitliches Lernen mit allen Sinnen
Der naturnahe Garten ist ein wertvoller Lernort der Schule.
Gisela Kühn-Rogalla betreut seit 2011 die Schulgarten-AG an der Barbarossa-Mittelschule in Erlenbach am Main.
Mit ihrer eifrigen, rund ein Dutzend großen Schüler-Gruppe gestaltet die Erlenbacherin alljährlich die eingezäunte Fläche zu einem besonderen Schmuckstück zwischen Schulhausgebäude, Sportplatz und Mensa.
In den letzten Schulwochen bekam die Schulgarten-AG sogar Besuch von den Vorschulkindern und Erzieherinnen der hiesigen Kindertagesstätten.
Die Kleinen, die im September 2019 selbst in Schule kommen und ABC-Schützen werden, staunten über die Vielfalt der Pflanzen, durften Blumenkresse säen und erhielten am Schluss auch ein Präsent mit angebauten Produkten: appetitlich aussehende Beispiele gesunder Ernährung.
Frau Kühn-Rogalla ist schon ein wenig stolz, was im Schulgarten alles so angelegt wurde: ein Kräuterhochbett, Insektenhotels, Kartoffel- und Gemüsebeete, Kräuter, Blumen und Beeren.
Kürzlich kochte sie mit ihren Schülerinnen und Schülern sogar verschiedene Marmeladen-Sorten.
Der Schulgarten sei schon etwas Besonderes, betont sie. Er soll nicht nur
Wissenswertes über den Gartenbau und die Landwirtschaft, sondern allgemein über die Natur und Umwelt vermitteln.
Zur Zeit erlebt der Schulgarten an deutschen Schulen eine langsame Renaissance mit reichlich Informationen, ausgeschriebenen Wettbewerben und Verbindungen zu den aktuellen Lehrplänen.
An vielen Grundschulen ist der Schulgarten auch heute noch immer ein wichtiges Lehrmittel. Die Kinder lernen dabei sowohl theoretische Grundkenntnisse zu Pflanzen (ergänzend zum Sachunterricht) als auch die praktische Arbeit im Garten.
Zu den Vorschlägen für die praktische Arbeit zählt beispielsweise die Planung, Anlage und Pflege eines Gemüsebeets.
Besondere Themen sind die Kompostierung, eine artgerechte Tierhaltung und das
Gärtnern ohne Gift.
Der Bau von Nisthilfen für Vögel, Insekten und Fledermäuse sind wertvolle Beispiele für Artenschutzmaßnahmen.
Außerdem steht die gesunde Ernährung weiterhin im Mittelpunkt.
Dies alles sind gute Gründe für einen Schulgarten, resümiert Gisela Kühn-Rogalla.
Die Schülerinnen und Schüler erfahren das ganzheitliches Lernen mit allen Sinnen, haben ständig einen Bezug zur Natur, zum
Umweltschutz und zur Artenvielfalt.
Ferner werden soziale Kompetenzen gefördert und der Schulgarten im Schulleben und Fachunterricht eingebunden.
Ganzheitliches Lernen mit allen Sinnen
Der naturnahe Garten ist ohne Frage ein wertvoller Lernort der Schule. Hier kann Natur mit allen Sinnen erfahren werden: Zum Beispiel der Duft von Zitronenmelisse, der Geschmack von Himbeeren, das Gesumme der Bienen, die Farben der Blumen, die Wärme von frischem Kompost.
Ein naturgemäß gestalteter Schulgarten ist somit ein Lern- und Erlebnisraum, der auffordert, auf Entdeckungsreise zu gehen.
Er lädt ein zum Beobachten, Staunen, Erforschen, Spielen, Gestalten, Arbeiten und Genießen. Die Arbeit im Schulgarten ermöglicht ganzheitliches Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“ und schafft einen Ausgleich zum kognitiven Lernen.
Bezug zur Natur
Ein Junge aus der Kita versucht mit geschlossenen Augen den Geruch einer Pflanze wahrzunehmen. Das klappt, er staunt dabei und meint: „Das musst du auch mal riechen. Das riecht wie Zahnpasta!“
In einer Zeit, in der der Bezug zur Natur zunehmend verloren geht, ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen.
Viele sind erstaunt, wenn sie einen Geruch oder Geschmack, den sie aus ihrem Alltag kennen, an einer Pflanze in unserem Kräuterbeet wiederfinden: Die Pfefferminze erinnert an Zahnpasta, der Salbei an Hustenbonbons, der Lavendel an Seife oder der Oregano an Pizza.
Die eigene Herstellung von Dingen des täglichen Lebens wie Ringelblumensalbe, Pfefferminztee und Marmeladen fördert einordnendes und verknüpfendes Denken, indem deren Bezug zur Natur bewusst gemacht wird.
Im Schulgarten können die Kinder Kreisläufe der Natur erfahren: Sie pflanzen Saatkartoffeln, beobachten das Wachstum der Kartoffelpflanze, ernten die Kartoffeln und bereiten diese zu. Die Kartoffelschalen werden kompostiert und der reife Kompost im nächsten Frühjahr wieder auf den Beeten verteilt, um die Erde auf die neue Aussaat vorzubereiten.
Die Schülerinnen und Schüler beobachten die Entwicklung der Mohnblüte über Knospe und Blüte bis zur ausgereiften Samenkapsel und sammeln die Samen für die Aussaat im neuen Gartenjahr.
So begreifen sie durch eigenes Handeln und Erleben wichtige Zusammenhänge und werden wieder einbezogen in ökologische Kreisläufe.
Umweltschutz und Artenvielfalt
Der Schulgarten ist jedoch nicht nur ein Nutzgarten, in dem Obst, Gemüse und Kräuter angebaut werden. Man will auch Lebensräume für Tiere schaffen, die in „aufgeräumten“ Gärten und landwirtschaftlichen Monokulturen oftmals kaum noch Nistmöglichkeiten und Nahrung finden. Das Anlegen und Betreuen solcher „Minibiotope“ ist heutzutage ein wichtiger Bestandteil der Schulgartenarbeit.
„Wir haben in unserem Schulgarten bereits Nisthilfen für Solitärbienen, sogenannte Wildbienen gebaut, die neben den Honigbienen die wichtigsten Bestäuber vieler Obstsorten sind“, berichtet Kühn-Rogalla.
„Dabei achten wir bei der Auswahl der Blumen darauf, dass sie nicht nur schön aussehen, sondern dass ihre Blüten auch reichlich Nahrung für Insekten bieten.
Das Wildblumenbeet lockt Schmetterlinge und andere nützliche Insekten an. In einer Ecke des Gartens dürfen Brennnesseln wachsen, da sie einigen Schmetterlingsarten Nahrung bieten. Eine Trockenmauer aus Natursteinen bietet Unterschlupf für wärmeliebende Eidechsen, die wir schon beobachten konnten.“ - meint die engagierte Schulgarten-Leiterin.
Indem die Schüler solche Ansiedlungsmöglichkeiten für Tiere schaffen, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt und damit zum Umweltschutz. Mit etwas Glück haben sie auch die Möglichkeit, diese Tiere zu beobachten. Das Anlegen der Biotope lockt zudem Tiere an, die bei der biologischen Schädlingsbekämpfung im Gemüsegarten helfen.
Förderung sozialer Kompetenzen
Ein Schulgarten bietet noch mehr Lernmöglichkeiten. Die anfallenden Aufgaben im Garten sind vielseitig und fördern neben gärtnerischen, handwerklichen und hauswirtschaftlichen Fähigkeiten auch soziale Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein. So erstellt die zuständige Schülergruppe für den Sommer selbstständig einen Gießplan und ist verantwortlich für ihren täglichen Gießdienst während der Pause.
Die Schülerinnen und Schüler erleben auch, dass Ausdauer wichtig ist, um langfristige Ziele zu erreichen: Vom Setzen der Saatkartoffeln bis hin zu den selbst gemachten Fritten braucht es eben Geduld.
Erfolge und Misserfolge werden von allen gemeinsam erlebt. Über den dicken Kürbis und die meterhohen Sonnenblumen freut sich die ganze Gruppe, so wie sich alle über die Schnecken ärgern, die vom Salat nichts übrig lassen.
Das Arbeiten im Garten ist weitgehend frei von Konkurrenz und Vergleich. Jeder kann sich mit seinen Fähigkeiten einbringen und Erfolg haben, was das Selbstbewusstsein stärkt. Die Freude über die Ernte und das gemeinsame Kochen und Essen fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe.
Einbindung des Schulgartens in Schulleben und Fachunterricht
Die Schulgartenarbeit ermöglicht und fordert viele Arbeitsweisen und Qualifikationen, die auch in anderen Schulfächern gefragt sind: Beobachten, Vergleichen, Experimentieren, Protokollieren, Zeichnen, Ordnen, Ausstellen oder Planen.
Der Schulgarten ist weiterhin offen für interessierte Klassen, die beispielsweise im Rahmen des Sachunterrichts mit Bohnenpflanzen experimentiert haben und diese nach draußen pflanzen möchten.
Für den Hauswirtschafts-Unterricht stehen jederzeit frische Kräuter zur Verfügung.
Der Verkauf von selbst gekochter Marmelade sorgt außerdem für eine Einbindung in das Schulleben.
Weitere Bilder und Informationen folgen!
Roland Schönmüller
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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