Absurditäten aus der Hauptstadt
Brandschutz, Pech und Pannen am BER
Ein hochmoderner Flughafen, der zum Brandschutz darauf angewiesen ist, 700 Personen dauerhaft an nicht automatisch funktionierenden Brandschutztüren zu positionieren, um diese im Notfall per Hand zu öffnen – sowas gibt es doch nur in Schildbürgerwitzen? So etwas gab es (als Vorschlag) wirklich, nämlich beim BER, dem Berliner Großbauprojekt eines Flughafens, der zahlreichen Kabarettisten das Leben leichter macht. Dabei haben wichtige Systemlieferanten wie Bosch beim Bau des Münchener Flughafens bereits erfolgreich umgesetzt, was jetzt nicht so recht gelingen will: die Einhaltung der Brandschutznormen, wie der DIN 14675, die umgangssprachlich unter der Bezeichnung Feuerwehrnorm bekannt ist.
Milliardengrab und Imageverlustprojekt BER
Bereits im Sommer des Jahres 2012 sollte der drittgrößte Flughafen Deutschlands seinen Betrieb aufnehmen. Am BER wird aber bis zum heutigen Tag immer noch gebaut, zurückgebaut, geprüft und vor allem für einst unvorhergesehene Arbeiten fleißig gezahlt. Für jeden Tag entstehen geschätzte Kosten in Höhe von 1.15 Millionen € - das sind rund 35 Millionen Euro im Monat.
Bedenkt man, dass der Fertigstellungstermin im Jahr 2020 erneut in Frage gestellt wird, kann einem schon einmal schwindelig werden ob der hohen Summen, die dort ungeplant versickern. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass das Projekt rund das dreifache der ursprünglich angesetzten Kosten verschlingen wird, nämlich 6,6 Milliarden Euro und es ist noch kein definitives Ende in Sicht. Hartgesottene schauen bei istderberschonfertig.de vorbei und rufen sich parallel den Kostenticker von flughafen-berlin-kosten.de auf – da bleibt kein Auge trocken.
Absurde Fehler und leere Züge
Die Liste an unterhaltsamen Mängeln dieses Bauprojekts ist lang. Nicht uninteressant dürfte beispielsweise sein, dass sich allnächtlich eine leere S-Bahn durch den leeren Flughafen bewegt, um für ausreichende Luftzirkulation zu sorgen. Man erspart sich damit weitere Renovierungsarbeiten noch vor der Eröffnung wegen Schimmelbefalls der nichtgenutzten Fläche. Rolltreppen führen teils nicht von Ebene zu Ebene, sondern überbrücken die Strecke zur nächsten Etage nur aufgrund hinzugemauerter Treppenstufen. Da wurden Rolltreppen bestellt, bevor der Plan wieder geändert wurde. Und wer nach einer anspruchslosen Beschäftigung sucht, kann sich vielleicht als Wasserhahn Auf- und Zudreher bewerben, denn das muss mit jedem Wasserhahn des Gebäudes täglich gemacht werden, damit Schäden aufgrund unterbliebener Nutzung der Räumlichkeiten ausbleiben.
Auch die Eröffnung 2020 ist unsicher
Ein definitives Ende dieses Trauerspiels ist aber bislang nicht in Sicht. Neue Zweifel am 2017 bekanntgegebenen Eröffnungstermin im Jahr 2020 kamen auf, als die für die Mangelsysteme Brandmeldeanlage und Sprinklersystem zuständigen Firmen Bosch und Caverion jüngst eine langfristig einberufene Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses am 14.03.2019 absagten. Das wird gemeinhin so gedeutet, dass die Firmen zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen sind, die mängelfreie Fertigstellung ihrer jeweiligen Systeme in Aussicht zu stellen. Der aktuelle Siemens Vorstand gibt sich jedenfalls gelassen, denn eigentlich sei es doch egal, so Joe Kaeser, wann der Flughafen fertig werde. Er werde aktuell doch sowieso nicht gebraucht.
Deutschland blamiert sich im internationalen Vergleich
Richtet man den Blick indes Richtung Osten, wird man vom (vermeintlichen) Glanz des prestigeträchtigen Istanbuler Flughafens geblendet, der mit dem ambitionierten Ziel, größter Flughafen der Welt zu werden, in Rekordzeit aus dem Boden gestampft wurde. In nur viereinhalb Jahren entstand hier ein Beispiel infrastruktureller Spitzenklasse. Doch zu welchem Preis? Während der Fertigstellung wurden vielfach Klagen über Arbeitsbedingungen laut und es kam zu über 50 Todesfällen. Arbeiter beschwerten sich, wie Sklaven behandelt und zu ungesunden Höchstleistungen gedrängt worden zu sein – und das ganze bei jedem Wetter und einer Verpflegung mit nicht selten verdorbenen Lebensmitteln.
Am BER mussten zwar auch bis 2012 vier tödliche und 200 schwere Arbeitsunfälle registriert werden. Dies sei stets auf die Missachtung von Sicherheitsvorschriften zurückzuführen gewesen, so ein Sprecher des Flughafens. Trotzdem disqualifiziert sich der Flughafen Istanbul wohl nicht zuletzt aufgrund eklatanter Mängel mit der Arbeitssicherheit als Referenzobjekt zur Kontrastierung fachlicher Inkompetenz beim Flughafen BER. Wir sollten womöglich dankbar sein, denn schnell fertig zu sein bedeutet auch nicht notwendig auch, das Wichtige besser gemacht zu haben.
Autor:Patrick Heinemann aus Erlenbach a.Main |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.