Totholz im Wald
Wieso das Durcheinander aus Ästen und Stämmen dem Wald hilft
Unordentlich schaut es aus im Wiebelbacher Wald. Vom Wind abgeknickte Kiefern liegen kreuz und quer auf dem Waldboden verstreut, tote Buchenkronen stapeln sich darüber und stehende Tothölzer ragen wie bizarre Denkmäler in die Höhe. Was manche Waldbesucherinnen und Waldbesucher an ein unaufgeräumtes Kinderzimmer mit chaotisch verteilten Bauklötzen erinnert, ist für Revierleiter Gregor Wobschall vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt ein Augenschmaus. Das Durcheinander aus abgestorbenen Bäumen, Baumstümpfen und Ästen bietet Nahrung und Unterschlupf für Fledermäuse, Insekten und Pilze und trägt dazu bei, den Wald gesund und widerstandsfähig zu halten. Und genau das ist das Ziel des 41-jährigen Försters.
Seit rund 13 Jahren betreut Gregor Wobschall das Revier Haseltal. In dieser Zeit ist es ihm gelungen den Totholz- und Biotopbaumanteil in seinem Forstrevier rund um Kreuzwertheim erkennbar zu erhöhen. Warum das so wichtig ist wurde im zurückliegenden Sommer deutlich. Trockenheit und Hitze setzten den Wäldern zu. Auch der üblicherweise gut wasserversorgte Wald in Wiebelbach hatte mit der Dürre zu kämpfen. Kiefern und Buchen setzten deutlich zurück oder starben vollständig ab. „Im Inneren der Bestände reichern wir schon seit einigen Jahren Totholz an. In diesem Sommer wurde deutlich, dass die abgestorbenen Stämme viel Wasser speichern. Diesen Puffer konnten die Waldbäume nutzen, als es wegen des fehlenden Regens und der trockenen Böden keinen Wassernachschub mehr gab.“
Viele Vorteile
Das Wasserspeichervermögen in Dürrejahren ist jedoch nicht der einzige Vorteil des Totholzes. Auch bei Starkregenereignissen speichern die abgestorbenen Bäume das Wasser und helfen Überschwemmungen vorzubeugen. Und auch für die Artenvielfalt ist Totholz wichtig. Es dient vielen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum und Nahrungsquelle. Daran ist Wobschall besonders gelegen: „Der Wald ist ein hochkomplexes Ökosystem. Seine Funktionen kann er dann am besten erfüllen, wenn er stabil, intakt und widerstandsfähig ist."
Dazu gehören auch die Speicherung von Kohlenstoff und die natürliche Düngefunktion der abgestorbenen Bäume. Bis ein Baum vollständig zersetzt ist, dauert es viele Jahre. In dieser Zeit gibt er die gespeicherten Nährstoffe nach und nach wieder an seine Umgebung zurück. So trägt er dazu bei, die natürlichen Stoffkreisläufe zu erhalten.
„Als Forstleute und auch als Gesellschaft können wir unsere Wälder unterstützen, indem wir sie schonend und möglichst naturnah bewirtschaften", sagt Wobschall. In Kreuzwertheim funktioniere es deshalb gut, weil alle Beteiligten an einem Strang ziehen würden. Auch deswegen sei es ihm bisher gelungen erfolgreich mit dem ihm anvertrauten Wald zu wirtschaften. „Holznutzung und Naturschutz gehören zusammen. Je besser das Miteinander gelingt, desto besser das Ergebnis.“
Einen Beitrag zu dem positiven Betriebsergebnis liefert auch das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) Wald. Allein im Revier Haseltal wurden in diesem Jahr über 700 neue Biotopbäume und Tothölzer gefördert.
Brennholzversorgung für örtliche Bevölkerung gesichert
Trotz seiner Begeisterung für den Waldnaturschutz kann der staatliche Revierleiter die Sorge der Bürgerinnen und Bürger vor kalten Häusern im Winter nachvollziehen. Auch in Wiebelbach sei die Nachfrage nach Brennholz durch die Energiekrise angestiegen. Dennoch sei die Situation aktuell entspannt und die Brennholzversorgung für die örtliche Bevölkerung gesichert. Eine Intensivierung der Holznutzung zu Lasten des Waldnaturschutzes schließt Wobschall aus: „Wichtige Funktionen wie Artenschutz, Wasserrückhalt und Hochwasserschutz kommen dann zu kurz. Vor über dreihundert Jahren ist so das forstliche Nachhaltigkeitsprinzip entstanden. In Krisenzeiten sollten wir es nicht über Bord werfen!“
Autor:AELF Karlstadt aus Miltenberg |
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