Berufsorientierung am JEG
Von stillen Helden und großen Emotionen: Auftritt des P-Seminars „Pflegehelden“

Foto: Thum
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Zwei Sofas, fünf blecherne Milchkannen, dazu Beleuchtung und Ton: Mehr braucht es nicht, um das Berufsbild der Pflege szenisch darzustellen. Stopp! Eine wesentliche Zutat fehlt noch, und zwar Engagement, Einfallsreichtum und Talent. Über diese Voraussetzungen verfügen die Schülerinnen des P-Seminars „Pflegehelden“ in besonderem Maß, aber auch ihre beiden Lehrerinnen Susanne Pfefferer und Andrea Schneider. Ihre szenische Berufsberatung, welche sie am 30.11. und 1.12. in der Aula des Julius-Echter-Gymnasiums vorstellten, bildete alle Facetten ab, welche den Pflegeberuf ausmachen: Schöne und schlimme Momente, Trauriges und Lustiges, die großen und die kleinen Dinge. Wahrlich eine Herausforderung!
Dass man sich das nicht einfach so ausdenken kann, liegt auf der Hand. Der Aufführung voraus ging eine intensive Recherchearbeit der Mitglieder des Seminars. Es wurden Pflegekräfte interviewt, ihre Erfahrungen aufgezeichnet und anschließend daraus während einer Woche voller Proben Spielszenen sowie Interviewsequenzen entwickelt. Das auf Initiative des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und mit Hilfe der Nürnberger Agentur „Kunstdünger“ von Jean-Francois Drozak initiierte Projekt mit seiner intensiven Arbeit unter Leitung von Evelyn Hornberger und Tabea Hildner kann sich im wahrsten Sinn sehen lassen.

„Let’s talk about care!“

„Let’s talk about care!“ So begrüßten die beiden Moderatorinnen Olivia Stich und Pauline Christl die in der Aula des JEG versammelte Zuhörerschaft. Bei dem Stichwort Pflege denken viele zuerst unwillkürlich an eher ungustiöse Dinge, hauptsächlich aus dem Bereich körperlicher Ausscheidungen; aber die folgende Stunde zeigte, dass diese Bilder falsch und Pflegeberufe viel anspruchsvoller sind: In der Pflege hat man viele Möglichkeiten, und davon wollen die Schülerinnen an diesem Abend erzählen.
Insgesamt vier Interviews mit Profis aus der Pflege sorgten dabei für Authentizität: Den Beginn machte Frau Schwarz, tätig in der Pflegedienstleitung des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg e.V., und berichtete von den vielfältigen Herausforderungen im Bereich der Altenpflege; sie kenne keinen Beruf, der so vielfältig und interessant sei.
Frau Leichtlein und Herr Ebeling von der Staatlichen Berufsfachschule für Pflege Würzburg wiesen auf die große Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse hin; diese müssten in der Pflege angewandt werden, weshalb ständige Weiterbildung für sie zentral sei. Leider schätze die Gesellschaft die Tätigkeit von Pflegekräften nach wie vor eher gering, obwohl diese unverzichtbare Mittler zwischen Arzt und Patient seien und eine Karriere in der Pflege sehr wohl möglich ist.
Frau Roth geriet bei ihrem Beruf der Kinderkrankenschwester und als derzeitige Pflegedienstleiterin des Familienzentrums des Klinikums Aschaffenburg bisweilen ins Schwärmen. Erst über Umwege sei sie zu ihrem Beruf gekommen, habe es aber bisher kein einziges Mal bereut. Das Gefühl, jemandem helfen zu können, sei mit nichts aufzuwiegen.

Ein Praktikum in der Pflege: Immer eine gute Idee!

Auch Nazli Sahan und Sharona Muhja aus dem P-Seminar kamen als Expertinnen zu Wort und erzählten von ihren Erfahrungen während des Pflegepraktikums. Dieses ist eine Besonderheit des sozialwissenschaftliches Gymnasiums und wird von allen, die diesen Zweig gewählt haben, zu Beginn der Oberstufe absolviert. Die beiden Schülerinnen sind sich einig, dass die dabei gemachten Erfahrungen ihre persönlich Entwicklung entscheidend bereicherten. Ein solches Praktikum können sie nur weiterempfehlen.
Dem Publikum wurde schnell klar, dass alle eingeladenen Pflegefachkräfte für ihren Beruf brennen; sie machten Lust, sich mehr mit dem Berufsbild der Pflege auseinanderzusetzen. Dafür, dass der Funke übersprang, sorgten aber vor allem die darstellerischen Leistungen der Schülerinnen: Olivia und Pauline führten souverän die Interviews und durch das Programm, und immer wieder unterbrachen kurze Spielszenen sozusagen als roter Faden das jeweilige Expertengespräch, um besondere Momente aus der Pflege szenisch nachzuerzählen. Dabei schlüpften die Schülerinnen abwechselnd in die Rolle von kompetenten, aber auch gestressten Pflegerinnen und Krankenschwestern, besorgten und teils überforderten Angehörigen und in die von Patientinnen und Patienten jeder Altersstufe - mit all ihren Sorgen und Nöten. Manche der dargestellten Situationen brachten die Zuschauer zum Schmunzeln, manche zum Nachdenken, und manche waren auch traurig. Dank der Spielfreude und der offenen Ausstrahlung der schlicht schwarz-weiß gekleideten Darstellerinnen wirkten alle Szenen aus dem Pflegealltag überzeugend. Von Kitsch und moralischem Zeigefinger keine Spur!

"Zwei Weinschorlen, bitte!"

Anrührend gleich zu Beginn die Episode, in der eine alte Dame ihr Leben noch nicht loslassen kann, weil sie noch einen unerfüllten Wunsch hat – den Besuch ihrer Tochter aus Amerika. Einfach nur lustig war die Geschichte zweier Seniorinnen, die erst über Umwege entdecken, dass sie sich eigentlich seit der Grundschulzeit kennen, und das unverhoffte Wiedersehen dann mit zwei Weinschorlen begießen. Fast schon Kabarettreife hatte die Darstellung eines überbesorgten Elternpaars, die ihren allenfalls leicht verletzten Sprössling partout nicht allein lassen wollte, gipfelnd in einem Streit darüber, wer denn nun im Elternbett in der Kinderklinik übernachten dürfe.
Auf unaufdringliche Weise gelang es den Schülerinnen des P-Seminars „Pflegehelden“ in ihrer szenischen Berufsberatung, mit ihren Geschichten die Leistungen der Pflegerinnen und Pfleger ins rechte Licht zu rücken, diesen stillen Helden, deren schwieriger Job für die Gesellschaft so wichtig ist und immer noch so wenig honoriert wird – wenn man einmal vom sporadischen Klatschen auf dem Balkon während der Corona-Pandemie absieht. Der Aufgabe, den Pflegeberuf für junge Erwachsene attraktiv zu machen und positiv darzustellen, haben sich die 12 Schülerinnen des JEG jedenfalls bestens entledigt – und wurden am Ende dafür vom Publikum mit viel Applaus belohnt.

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